Finanzmarkt:Neue Panik-Attacke an der Börse

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Der Deutsche Aktienindex ist am frühen Nachmittag eingebrochen. Der Leitindex verlor zeitweise fast sechs Prozent auf 6384 Punkte. Auch die New Yorker Börse ist erheblich schwächer in den Handel gestartet.

Die Aktienmärkte finden keinen Halt. Die Börsen in Europa rutschten am Nachmittag wieder ins Minus, nachdem die Zinssenkung der US-Notenbank zum Handelsstart zunächst weiter für Erholung gesorgt hatte.

Auch der deutsche Leitindex verlor seine frühen Tagesgewinne und schloss mit knapp fünf Prozent im Minus bei 6439 Punkten.

Zu den größten Verlierern zählten Titel wie Allianz (minus 6,85 Prozent) und MAN (minus 7,25 Prozent).

Die Wall Street startete erheblich schwächer in den Handel: Der Dow verlor im frühen Geschäft 1,5 Prozent, der Nasdaq fast fünf Prozent.

"Wir sehen weiterhin einen nervösen Handel", sagte ein Börsianer in Frankfurt. Händler verwiesen auf Gerüchte um weitere Milliardenabschreibungen bei Banken als neuerlichen Belastungsfaktor.

Zudem ließen die Aussagen des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, Hoffnungen einiger Marktteilnehmer auf eine Zinssenkung platzen.

"Es ist die Pflicht der Zentralbank, Inflationserwartungen zu verankern, um weitere Unbeständigkeit in bereits sehr unbeständigen Märkten zu vermeiden", sagte Trichet in Brüssel. Die EZB hatte bereits in der Vergangenheit Leitzinssenkungen mit Blick auf die hohe Teuerungsrate in der Eurozone zurückgewiesen. Dennoch war am Morgen spekuliert worden, dass die EZB der US-Notenbank folgen könnte.

Bund will nicht eingreifen

Die Federal Reserve hatte am Dienstag ihren Leitzins um 0,75 Punkte auf 3,5 Prozent gesenkt. Diese Zinssenkung habe Schlimmeres verhindert, sagte Marktexperte Robert Halver von der Bank Vontobel. "Aber wir sind noch nicht durch." Die US-Notenbank habe lediglich wichtige Maßnahmen für den "Heilungsprozess" eingeleitet.

Die Bundesregierung will nicht mit zusätzlichen Konjunktur-Maßnahmen auf die aktuelle Börsenkrise reagieren. Darüber habe im Kabinett Einigkeit bestanden, sagte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in Berlin nach der Verabschiedung des Jahreswirtschaftsberichts 2008.

Die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die Blase auf dem US- Immobilienmarkt seien schon im Herbst vergangenen Jahres absehbar gewesen, sagte Glos. Die Konjunktur schwäche sich nach einem Wachstum in 2007 von 2,5 Prozent zwar im laufenden Jahr ab, bleibe aber mit 1,7 Prozent stabil.

Nach Ansicht des Mannheimer Wirtschaftsforschers Michael Schröder ist der Ausverkauf an den Börsen Ausdruck einer "deutlichen Korrektur der Wachstumserwartungen". "Die Informationen waren zum allergrößten Teil schon Anfang oder Mitte Dezember bekannt.

Damals sind die Börsen seltsamerweise nach oben gegangen, jetzt mehren sich aber die Konjunktursorgen", sagte der Wirtschaftswissenschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Vor einer Rezession muss sich Deutschland nach Ansicht des Berliner Finanzmarktexperten Joachim Gassen aber nicht fürchten. "Wenn ein großer Markt wie die USA ins Strudeln kommt, bekommen zwar auch wir einen ordentlichen Schnupfen, aber grundsätzlich ist Deutschland gut aufgestellt", sagte der Experte für fundamentale Aktienanalyse an der Berliner Humboldt-Universität.

Die eher konservative Kreditvergabepraxis deutscher Banken, die ebenso konservative Anlagestrategie der Investoren und die vergleichsweise hohe Sparquote schütze das deutsche Wirtschaftssystem tendenziell vor wirtschaftlicher Überhitzung und "vor der Bildung von Kapitalmarkt- und Immobilienblasen".

Die Stimmungslage unter den Führungskräften der Industrie in den USA und in Europa ist deutlich schlechter als noch vor einem Jahr. Das wurde zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums im Schweizer Wintersportort Davos deutlich. Dieser negative Trend werde erstmals seit 2003 festgestellt, heißt es in einer PriceWaterhouseCoopers-Studie.

Die wachsende Skepsis spiegelt auch eine Umfrage der Beratungsgesellschaft unter 1150 Managern in 50 Staaten im letzten Quartal des vergangenen Jahres wider.

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