Finanzkrise:Wenn Firmenkäufer leiden

Lesezeit: 2 min

Obwohl Banken infolge der US-Immobilienkrise derzeit kaum bereit sind, große Übernahmen zu finanzieren, zeichnen sich bereits wieder erste Milliarden-Deals ab. Doch die Prüfungen fallen deutlich sorgfältiger aus als früher.

Martin Hesse

Die Verwerfungen an den Kreditmärkten werden die Beteiligungsbranche noch viele Monate lang belasten. "Die Krise ist noch nicht ausgestanden"', sagte Marco Illy, Leiter des Investmentbanking von Credit Suisse in Deutschland, am Mittwoch in Frankfurt. Er sehe aber Hinweise, dass Investoren, die Banken Übernahmekredite abkaufen, allmählich zurückkämen.

Investmentbanken behalten in Europa nur etwa die Hälfte der Kredite, die sie für Übernahmen vergeben, in ihren Büchern, den Rest reichen sie an Investoren wie Hedge-Fonds weiter (Syndizierung). In den USA bleibt sogar nur noch ein Fünftel solcher Kredite bei den Banken. In den vergangenen Monaten war es den Finanzinstituten aber nicht mehr gelungen, die Kredite weiterzureichen, weil Investoren infolge der Krise an den Märkten keine zusätzlichen Risiken eingehen wollten. Experten schätzen, dass sich dadurch etwa 370 Milliarden Dollar an Krediten in den Bilanzen aufgestaut haben.

Am Dienstag hatte nun der Finanzinvestor KKR die Übernahme der Kreditkartenfirma First Data für 29 Milliarden Dollar unter Dach und Fach gebracht. "Dieser Erfolg könnte Eisbrecherfunktion haben", sagte Illy. Er halte es für wahrscheinlich, dass nun weitere Übernahmen abgeschlossen werden könnten. Allerdings hatten KKR und die Banken die Kredite nur mit einem Abschlag von vier bis fünf Prozent bei Investoren untergebracht.

Acht-Milliarden-Dollar-Übernahme abgesagt

Bei dem Audiogerätehersteller Harmann hatten KKR und Goldman Sachs sich vergangenen Freitag ganz von einer Acht-Milliarden-Dollar-Übernahme zurückgezogen und dafür sogar eine Strafgebühr von 225 Millionen in Kauf genommen. Am Markt hieß es, auch hier habe es Finanzierungsprobleme gegeben, die KKR begründete den Rückzug dagegen mit einer unvorhersehbaren Gewinnwarnung von Harmann.

Das Platzen dieses Deals war jedoch kein Einzelfall. "In den vergangenen 90 Tagen sind eine ganze Reihe von Transaktionen in Deutschland geplatzt, weil Banken kurz vor dem Abschluss einen Rückzieher gemacht haben", sagt Michael Keller, Mitinhaber von Klein & Coll., einer Beratungsfirma für Fusionen und Übernahmen. Die Probleme erstreckten sich auch auf Übernahmen durch Finanzinvestoren im Mittelstand.

Lesen Sie weiter, warum die Banken zögern, die Kredite weiterzuverkaufen

"Von einer Entspannung bei der Syndizierung von Übernahmekrediten kann in keiner Weise die Rede sein"', meint auch Ansgar Zwick, Deutschlandchef der Investmentbank Houlihan Lokey. Es könne ein Jahr dauern, den bestehenden Überhang von Krediten im Volumen von 300 bis 400 Milliarden Dollar abzubauen. Kredite könnten nur mit erheblichen Abschlägen weiterverkauft werden.

Nach Einschätzung Illys ist das auch der Grund, weshalb Banken zögerten, die aufgestauten Kredite weiterzureichen: "Wenn sie alte Kredite jetzt mit einem Abschlag zu Marktpreisen verkaufen, wird sichtbar, in welchem Maße sie Wertberichtigungen auf ihre Bestände vornehmen müssen", sagt der Investmentbanker. Die Aktie der Deutschen Bank war zuletzt stark unter Druck geraten, weil Anleger hohe Abschreibungen auf Übernahmekredite befürchten. Die möglichen Abschläge werden von Analysten derzeit auf 625 Millionen bis 1,7 Milliarden Euro taxiert.

Weitere Groß-Übernahmen geplant

Der Engpass am Kreditmarkt wirkt sich auch auf neue Übernahmen aus. "Die Party für leichte Kredite ist vorbei", sagte Thomas Pütter, Vorstandschef von Allianz Capital Partners, der Beteiligungsgesellschaft des Versicherungskonzerns Allianz, der Nachrichtenagentur Reuters. Banken machten künftig nicht mehr so leicht Kreditzusagen wie bisher, betroffen seien davon Unternehmenskäufe im Volumen von einer Milliarde Euro aufwärts.

Illy deutete allerdings an, es werde in den nächsten Wochen neue Übernahmen durch Beteiligungsfirmen geben, auch im Wert von mehr als einer Milliarde Euro. "Es gibt Banken, die bereit sind, das zu finanzieren", sagte Illy. Allerdings vergeben sie ihr Geld offenbar vorsichtiger, sodass Firmenkäufer weniger aggressiv auftreten können. "Seit Mitte Juni haben Finanzinvestoren ihre Kaufpreise um ein Drittel reduziert", sagt Keller. Auch sei der Anteil an Eigenkapital, den Beteiligungsfirmen bei Übernahmen einbrächten, von 20 Prozent auf 40 bis 50 Prozent gestiegen.

Unter solchen Voraussetzungen sind Mega-Deals wie noch im Frühsommer, als Blackstone 26 Milliarden Dollar für die Hotelkette Hilton zahlte, unwahrscheinlich geworden. "Große Übernahmen im Volumen von zehn Milliarden Dollar und mehr sind in den nächsten zwölf Monaten für Finanzinvestoren schwer durchführbar", sagt Zwick.

© SZ vom 27.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: