Finanzkrise in den USA:Spekulanten an die Leine

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US-Finanzminister Geithner will die Befugnisse der Aufsichtsbehörden massiv ausbauen: Die Verursacher der Krise sollen sich strengen Regeln beugen.

Moritz Koch, New York

In den USA nehmen die Pläne zur besseren Kontrolle von Spekulanten Gestalt an. Finanzminister Timothy Geithner präsentierte am Donnerstag im Repräsentantenhaus ein Konzept, das die Befugnisse der amerikanischen Aufsichtsbehörden massiv ausbauen würde. Erstmals sollen Hedgefonds, Finanzinvestoren und Risikokapitalfirmen Regeln unterworfen werden.

"Eine umfassende Reform ist erforderlich": US-Finanzminister Geithner will den Finanzmarkt besser kontrollieren. (Foto: Foto: Reuters)

Sie müssten sich bei Börsenaufsicht registrieren und der Behörde Einblicke in ihre Anlagestrategie gewähren, wenn ihr Kapital eine bestimmte, bisher noch nicht festgelegte Größe überschreitet. "Eine umfassende Reform ist erforderlich. Keine bescheidenen Reparaturen an den Rändern, sondern neue Spielregeln", sagte Geithner.

US-Präsident Barack Obama will die Pläne kommende Woche auf dem Londoner Gipfeltreffen von Industrie- und Schwellenländern präsentieren. Die USA hoffen, sich gemeinsam mit den Europäern auf ein globales Aufsichtsregime für die Finanzmärkte zu verständigen, damit sich Spekulanten nicht mehr vor nationalen Aufsichtsbehörden entziehen können.

Das sogenannte Schattenbankensystem, in dem Investoren bisher ungestört ihre Geschäfte machten, wird von vielen Experten für das Desaster an den Finanzmärkten mitverantwortlich gemacht. Der massive Verkauf von Aktien und anderen Papieren durch Hedgefonds im vergangenen Herbst gilt als eine Ursache für die starken Ausschläge an den Börsen und Wertpapiermärkten. Allerdings war die sorglose Vergabe von Hypotheken an einkommensschwache Amerikaner der Auslöser der Krise. Hieran hatten Hedgefonds kaum einen Anteil.

Zu dem Entwurf gehört daher die Einrichtung einer neuen Regulierungsstelle, die die Risiken im Gesamtsystem überwachen soll. Geithner sagte, dass den Amerikanern das "Trauma der Finanzkrise" erspart geblieben wären, hätte die Regierung schon in den vergangenen Jahren über die Vollmachten verfügt, die sie jetzt einfordert. Finanzakteure, deren Scheitern das gesamte System gefährdet, will die US-Regierung künftig übernehmen und restrukturieren können. Bisher beschränkten sich ihre Befugnisse auf Geschäftsbanken.

Zustimmung im Kongress wahrscheinlich

Doch der Beinahe-Kollaps von AIG hat nach Ansicht von Geithner gezeigt, dass neue Zuständigkeiten nötig sind. Die US-Regierung besitzt inzwischen zwar 80 Prozent der Konzernanteile, kann das Unternehmen aber nicht selbst führen. AIG hatte sich mit sogenannten Credit Default Swaps in den Ruin gewirtschaftet. Der Markt für diese Swaps, im Prinzip eine Versicherung gegen Zahlungsausfälle bei Krediten und komplexeren Anlageinstrumenten, wird auf weltweit etwa 60 Billionen Dollar geschätzt und unterstand bisher keinerlei Kontrolle. Auch diese Regulierungslücke wollen die USA nun schließen.

Im Kongress zeichnet sich eine Zustimmung zu Geithners Plänen ab. Zweifel gibt es dennoch. Mehrere Abgeordnete erinnerten daran, dass die Finanzkrise auch eine Geschichte des Versagens der Aufsichtsbehörden ist. So hätte die Börsenaufsicht SEC trotz ihrer Zuständigkeit den Kollaps der Investmentbank Bear Sterns nicht kommen sehen. Geithner braucht dringend einen Erfolg. Wegen der Affäre um die Bonuszahlungen bei AIG steht er unter enormem Druck. Die Opposition wirft ihm vor, früh von den Prämien gewusst und dennoch nichts unternommen zu haben.

Geithners Konzept zur Säuberung der Bankbilanzen von faulen Wertpapieren wurde Anfang der Woche an der Börse zwar mit massiven Kursgewinnen gefeiert. Aber er enttäuschte viele Ökonomen. Ein Ausweg aus der Krise sei nicht in Sicht, sagen sie. Am Mittwoch zog Geithner erneut Kritik auf sich. Er hatte sich offen für einen chinesischen Vorschlag gezeigt, der auf die Ablösung des Dollar als Leitwährung hinausläuft, und damit starke Kursausschläge auf den Devisenmärkten ausgelöst.

© SZ vom 27.03.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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