Finanzkrise:Duell im Bankenviertel

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Wie die Chefs der beiden größten deutschen Kreditinstute, Josef Ackermann und Klaus-Peter Müller, die Finanzkrise vermarkten.

Martin Hesse

Wenn er jetzt den Kopf etwas nach links dreht, kann Klaus-Peter Müller auf die markanten Zwillingstürme der Deutschen Bank blicken. Sie wirken erstaunlich klein vom 49. Stock der höher gebauten Commerzbank-Zentrale aus betrachtet.

Vielleicht fühlt sich der Chef der zweitgrößten deutschen Bank auch deswegen ein bisschen obenauf in dem ewigen Fernduell mit Josef Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, der Nummer eins im deutschen Markt.

Aber Müller dreht den Kopf jetzt nicht nach links. Er hat die Journalisten fest im Blick, als er ihnen seine Botschaft einschärft: "Die Commerzbank bleibt auf Kurs'', sagt der Bankchef feierlich.

Er hat sich für eine goldgelbe Krawatte und eine dazu passende Anstecknadel entschieden, um Journalisten, Analysten und Investoren zu überzeugen, dass die Commerzbank von der Krise an den Finanzmärkten nicht bedroht ist.

Ackermann gibt sich zerknirscht

Am gleichen Tag, an dem die Commerzbank ihren Investors' Day abhält, spricht auch Ackermann über seine Bank und wie sie durch die Finanzkrise steuert. Er hat ein anderes Forum gewählt. In Maybritt Illners Talkshow erklärt er sich und die Bankenwelt einem Massenpublikum.

Doch Ackermann intoniert anders, räumt Fehler ein, deutet Verluste an, gibt sich zerknirscht. Schon am Morgen, als die ersten Vorabmeldungen mit Zitaten aus der Sendung über die Ticker laufen, drücken Ackermanns Aussagen den Aktienkurs der Deutschen Bank um mehr als drei Prozent. Müllers Commerzbank legt nach den optimistischen Prognosen des Bankchefs zu.

Müller betont, die Commerzbank erwarte unverändert einen Nettogewinn von mindestens 1,5 Milliarden Euro in diesem Jahr und eine Eigenkapitalrendite von mehr als 12 Prozent. Die Bank erwäge sogar, mehr Geld an die Aktionäre auszuschütten.

Müller gibt sich angriffslustig: Er werde weiter Übernahmen prüfen. Die Mittelstandsbank IKB, die an der Kreditkrise beinahe zerbrochen wäre, passe sehr gut zur Commerzbank. Sollte sie nach einer Sanierung zum Verkauf stehen, werde die Commerzbank das prüfen. Mit der WestLB, die ebenfalls verkauft werden soll, gebe es derzeit aber keine Gespräche.

Auch Ackermann hält an dem Gewinnziel für seine Bank fest, 8,4 Milliarden Euro vor Steuern sollen es am Ende sein. In vielen Dingen aber bleibt der Deutsche-Bank-Chef unpräziser: Er warnt indirekt, im dritten Quartal könnte der Gewinn geringer ausfallen, weil die Bank in der allgemeinen Markteuphorie zu Beginn des Jahres übertriebene Kreditengagements eingegangen sei, die derzeit nicht mehr weiterverkauft werden könnten und daher neu bewertet würden.

Er bezifferte das Volumen der eingegangenen Finanzierungen für große Übernahmen mit 29 Milliarden Euro. "Wir korrigieren jetzt die Werte all dieser Kreditversprechungen über die nächsten neun Monate.'' Die Analysten von J. P. Morgan erwarten, dass die Deutsche Bank diese Kredite im dritten Quartal um 625 Millionen Euro abwerten muss.

Bei der Commerzbank spielen Übernahmekredite nur eine untergeordnete Rolle, hier sorgen sich Investoren mehr um die Investitionen in zweitklassige US-Hypotheken. 1,2 Milliarden Euro hat die Commerzbank dort angelegt und im zweiten Quartal dafür 46 Millionen Euro zurückgestellt. Ähnlich viel werde es im dritten Quartal sein.

"Ob das letztlich ausreichend ist, kann aufgrund der unzureichenden Informationsbasis zur Bewertung von Subprime-Engagements derzeit niemand sagen'', muss auch Müller einräumen. Selbst bei einer Verschärfung der Krise aber könne die Bank zusätzliche Belastungen gut verkraften.

Ein Punkt im Fernduell

In der Frage, wie man Wertpapiere bewerten soll, für die es derzeit keinen Marktpreis gibt, sind sich Müller und Ackermann einig. "Es wäre gut, wenn sich internationale Regulatoren zusammensetzen und einheitliche Regeln vorgeben'', sagte Müller. Das Gleiche hatte auch Ackermann bereits gefordert.

Beim Thema Arbeitsplätze punktet dann wieder Müller im Fernduell der Banker. "Ich denke, dass wir nicht umhinkommen, weiter Stellen aufzubauen'', sagt er mit genüsslichem Understatement. Allein in den vergangenen zwölf Monaten habe die Bank unter dem Strich 250.000 neue Privatkunden gewonnen, das könne sie ohne neue Mitarbeiter gar nicht bewältigen.

Allerdings hat die Bank in anderen Bereichen bis vor kurzem Stellen abgebaut und wird nun verstärkt umschulen. Ackermann aber kündigt kleinlaut an, Pläne für 4000 zusätzliche Stellen in diesem Jahr würden voraussichtlich fallengelassen.

Als Müller dann schon fast am Ende ist, bekommt er noch eine Steilvorlage für einen Direktangriff auf den großen Konkurrenten: Wie er auf die Marktoffensive der Deutsche-Bank-Tochter Norisbank reagieren wolle?

"Wir haben angefangen, die haben reagiert'', kontert Müller, um sich dann noch an einem spontan komponierten Reim zu erfreuen: "Wir probieren neue Sachen, die unseren Kunden Freude machen.'' So verhandle er derzeit mit der Gewerkschaft, um künftig regelmäßig Commerzbank-Filialen am Wochenende öffnen zu können.

© SZ vom 21.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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