Finanzinvestor Cerberus:Lehrstellen vom Klassenfeind

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Das Heuschrecken-Firmenimage soll aufpoliert werden: Cerberus will in Deutschland 600 Ausbildungsplätze finanzieren - und das lassen sich die Amerikaner sechs Millionen Euro kosten.

Martin Hesse

Der Finanzinvestor Cerberus schickt sich an, die paar Probleme zu lösen, mit denen die wiedererstarkende deutsche Wirtschaft noch kämpft: Erst nahm die Firma dem Daimler-Konzern das US-Sorgenkind Chrysler ab, jetzt will Cerberus auch noch helfen, die Lehrstellen-Misere zu beenden: Sechs Millionen Euro stellt der Investor zur Verfügung, um in sechs deutschen Großstädten 600 Ausbildungsplätze zu schaffen.

Natürlich tritt Cerberus weder mit dem Chrysler-Kauf - bei dem der Verkäufer noch draufzahlte - noch mit der Lehrstellen-Initiative an, um Deutschland zu helfen.

Das Engagement eines der weltweit größten Finanzinvestoren im Ausbildungsmarkt ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr die heftig kritisierten Beteiligungsfirmen bemüht sind, ihr Image zu korrigieren.

Heuschrecken-Debatte

Seit der von Franz Müntefering vor zwei Jahren angezettelten Heuschrecken-Debatte sind die Finanzinvestoren den Ruf nicht losgeworden, Firmen geschwächt zurückzulassen und Arbeitsplätze zu vernichten.

So berufen sich die Investoren auf Studien, die belegen sollen, dass in ihren Firmen mehr Arbeitsplätze entstehen als in Unternehmen mit anderen Eigentümern.

Doch die Cerberus-Initiative ist durchaus ernstzunehmen. Das Angebot richtet sich an junge Menschen unter 25 Jahren mit Schulabschluss, die eine Erstausbildung anstreben.

"Wir wollen besonders auch Hauptschüler und Jugendliche mit Migrationshintergrund ansprechen'', sagte David Knowers, Deutschlandchef von Cerberus, bei der Vorstellung der Initiative in Frankfurt.

Nutzen können das Angebot Firmen aus Industrie, Handwerk und Handel, die weniger als 100 Mitarbeiter haben. Nur zusätzliche Lehrstellen sollen gefördert werden.

Nachahmer der Initiative gefragt

"Was wir machen ist nicht viel, aber wir hoffen, dass die Initiative Nachahmer findet'', so Knowers. Die Bundesagentur für Arbeit hatte im Mai beklagt, für 2007 fehlten noch mehr als 200.000 Ausbildungsstellen.

Frankfurts IHK-Präsident Joachim von Harbou sagte, Cerberus sei ein globaler Anbieter, der lokale Verantwortung zeige. Genau so möchte Cerberus wahrgenommen werden. Knowers, der seit 20 Jahren im Taunus wohnt und vor dem Umzug nach Frankfurt steht, sagte frei nach John F. Kennedy: "Ich bin ein Frankfurter.''

In Deutschland ist Cerberus bislang vor allem als Käufer von Krediten und Wohnimmobilien bekannt geworden. So erwarben die Amerikaner unter anderem die Berliner Wohnungsgesellschaft GSW und die Firma Baubecon. Den angeschlagenen Autozulieferer Peguform sanierte Cerberus mit einem umfangreichen Stellenabbau.

© SZ vom 13.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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