Finanzaktien: Stimulanz ABN Amro:Durch die Bank satte Kurse

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Die niederländische Großbank ABN Amro veröffentlicht ihre Quartalszahlen früher als geplant: Die Rekordzahlen fachen den Bieterstreit um das Institut weiter an - und bringen die europäischen Bankaktien in neue Kurshöhen.

Martin Hesse

Der Übernahmekampf um ABN Amro hat sich am Montag weiter zugespitzt. Der Aktienkurs der niederländischen Großbank schnellte nach oben, nachdem am Wochenende neue Kauf-Interessenten aus der Deckung gekommen waren. Die Übernahmefantasie trieb auch die Kurse anderer europäischer Banken.

Überraschend zog ABN Amro außerdem die Veröffentlichung ihrer Quartalsbilanz vor. Sie reagierte damit auf den Vorstoß der Royal Bank of Scotland, der spanischen Santander Central Hispano und der belgisch-niederländischen Fortis-Gruppe.

Das Trio hatte am Wochenende Interesse an einer Übernahme signalisiert und verlangt, die gleichen Informationen über die Bank zu erhalten wie Barclays. Die Briten verhandeln seit Mitte März exklusiv mit ABN Amro über eine Fusion. An diesem Mittwoch endet die Exklusivität, sie kann aber theoretisch verlängert werden.

Frühzeitige Veröffentlichung der Quartalszahlen

"Angesichts der jüngsten Ereignisse und um voll transparent zu sein, hat sich ABN Amro entschieden, schon vor dem 26. April Zahlen zum ersten Quartal zu veröffentlichen", heißt es in einer Mitteilung der Bank. Am 26. April findet die Hauptversammlung statt, am gleichen Tag wollte ABN Amro ursprünglich Zahlen veröffentlichen.

Der Hedge-Fonds TCI, der den Verkaufsprozess mit seinen Forderungen angestoßen hatte, attackierte das Management der Bank daraufhin von neuem. Die Veröffentlichung der Quartalszahlen reiche nicht aus, sagte TCI-Sprecher Paul Kaju.

Dem neuen Bieter-Konsortium müssten die gleichen Einsichtmöglichkeiten eingeräumt werden wie Barclays. Gleichzeitig wertete er die Veröffentlichung der Zahlen als ein mögliches Zeichen von ABN Amro für Kooperationsbereitschaft.

Noch hat weder Barclays noch das Konsortium um die Royal Bank of Scotland (RBS) ein konkretes Angebot vorgelegt. Analysten vermuten jedoch, dass das Trio eine höhere Offerte als Barclays auf die Beine stellen könnte, da sie die Bank zerschlagen und höhere Synergien heben könnten als die Briten.

Von Preisen um 40 Euro je Aktie ist die Rede. Christopher Wheeler, Bankanalyst bei Bear Stearns sagte, RBS würde voraussichtlich die US-Tochter von ABN Amro, La Salle und das Investmentbanking übernehmen. Die spanische Santander, die selbst über einen sehr starken Lateinamerika-Arm verfügt, wolle das Privatkundengeschäft von ABN Amro in Brasilien und Italien kaufen.

Spekulationen treiben den Preis in die Höhe

Das Geschäft im Heimatmarkt Niederlande und die Vermögensverwaltung würde an den Allfinanzkonzern Fortis fallen. ABN Amro-Aktionären würde bei einer Übernahme voraussichtlich ein Aktienkorb der drei Käufer angeboten.

Die Aussicht auf ein höheres Gebot für ABN Amro trieb den Kurs am Montag um mehr als sechs Prozent auf bis zu 35,91 Euro. Dagegen veränderten sich die Notierungen der drei neuen Bieter nur wenig, Fortis-Aktien gaben leicht nach. An einer Offerte von 40 Euro je ABN-Amro-Papier bestehen am Markt offenbar trotz des Vorstoßes der RBS-Gruppe Zweifel.

Die Analysten der amerikanischen Investmentbank J.P. Morgan taxieren die Wahrscheinlichkeit, dass das RBS-Konsortium zum Zuge kommt, auf immerhin 60 Prozent. Die Chancen für Barclays stünden bei 30 Prozent, am unwahrscheinlichsten sei, dass ABN Amro allein bleibe (zehn Prozent). Auch über das Auftreten weiterer Bieter wird am Markt nach wie vor spekuliert.

Das Fusionsfieber um ABN Amro steckten auch andere europäische Bankaktien an. In Deutschland gewannen die Titel von Deutscher Bank und Postbank mehr als zwei Prozent. Die Titel der Commerzbank kletterten um vier Prozent - das Institut wird seit Jahren als möglicher Übernahmekandidat gehandelt.

Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller hatte vor kurzem jedoch erneut betont, die Bank wolle eigenständig bleiben. Feindliche Übernahmen sind in der Bankbranche bislang sehr selten und gelten als problematisch.

Auch die RBS-Gruppe hatte erklärt, sie bevorzuge eine Zusammenarbeit mit dem Management von ABN Amro. In Finanzkreisen gilt es jedoch als wahrscheinlich, dass sich das Konsortium auch auf einen feindlichen Vorstoß einlassen würde.

Die Veröffentlichung der Quartalszahlen von ABN Amro wird von Beobachtern auch als Versuch gesehen, die Bank für mögliche Bieter attraktiv zu machen. Der Gewinn stieg in den ersten drei Monaten um knapp ein Drittel auf 1,31 Milliarden Euro. Vorstandschef Rijkman Groenink sagte, die guten Resultate seien auf die "Wachstumsmaschinen" der Bank in Italien, Brasilien und Asien zurückzuführen.

© SZ vom 17.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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