Familienunternehmen an der Börse:Die Katze im Spac

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Der große Run auf den Mittelstand: Um Familienunternehmen an die Börse zu bringen, haben sich Roland Berger, Thomas Middelhoff und die Deutsche Bank etwas ganz Besonderes ausgedacht - den Spac.

Martin Hesse

Warren Buffett tut es, die Heuschrecken tun es und Roland Berger tut es jetzt auch. Wie der Milliardär aus Ohio und die gefürchteten Finanzinvestoren umgarnt nun auch der Münchner Unternehmensberater deutsche Familienfirmen, etwa wenn sie die Nachfolge regeln wollen.

Roland Berger möchte ungern, dass deutsche Familienunternehmen an ausländische Investoren verkauft werden. Lieber bringt er sie selbst an die Börse. (Foto: Foto: obs/Roland Berger Strategy Consultants)

Ein Spac namens Germany I

"Wir sollten doch versuchen, das unter uns Deutschen auszumachen", sagt Berger. Um im Wettbewerb der Firmenkäufer um die versteckten Weltmeister (hidden champions) mitmischen zu können, hat Berger sich mit Arcandor-Chef Thomas Middelhoff und dem Investmentbanker Florian Lahnstein etwa besonderes ausgedacht: Den Spac.

Spac steht für Special Acquisition Company. Dahinter verbirgt sich eine Unternehmenshülle, die an die Börse gebracht wird, damit später eine Firma hineinschlüpfen kann.

Das geht so:Unter Federführung der Deutschen Bank möchten Lahnstein, Berger und Middelhoff ein leeres Vehikel - dessen Namen Germany I an eine Segelyacht erinnert - binnen drei bis vier Wochen an die Börse bringen und so bis zu 300 Millionen Euro einnehmen. Zielgruppe sind institutionelle Investoren wie Versicherungen. Sie unterschreiben zunächst eine Art Blankoscheck, ihr Geld wird mit einem geringen Satz verzinst.

Leere Yacht an der Börse

Wenn die leere Yacht Germany I an der Börse ist, versuchen die drei Kapitäne sich mit dem Geld in ein Unternehmen einzukaufen, vorzugsweise im Wert von eins bis drei Milliarden Euro. Noch in diesem Jahr wollen Berger & Co. sich mit einer Firma einig sein. Sobald sie ihren Vorschlag den Eigentümern der Yacht, also den Spac-Aktionären, unterbreiten, kommt Bewegung in den Aktienkurs. Stimmen die Aktionäre dem Vorschlag mehrheitlich zu, wird die Firma an Bord genommen.

Die Yacht nimmt den Namen des Unternehmens an, das fortan an der Börse ist. Das gab es in Deutschland noch nie. In den USA dagegen machten Spacs im vergangenen Jahr bereits etwa ein Viertel aller Börsengänge aus, sogar ein Hedge-Fonds schlich sich auf diesem Weg auf das Parkett.

"Das Umfeld für klassische Börsengänge ist zusammengebrochen, deshalb bieten Spacs für Familienunternehmen die Chance, auch in einem schwierigen Markt an die Börse zu gehen", argumentiert Lahnstein, der von 2001 bis 2006 das Investmentbanking der Schweizer UBS in Deutschland leitete und Germany I als Vorstandschef führt.

Der Anfang einer Spac-Flotte

"Wir haben 140 Ziele identifiziert und sind mit einer Handvoll Firmen im Gespräch." Im Visier haben die drei Manager vor allem deutsche Familienfirmen, aber auch Konzernsparten oder Firmen aus der Hand von Finanzinvestoren. Berger, Middelhoff und er sind mit sechs Millionen Euro im Risiko. Gelingt eine Übernahme, erhalten sie 20 Prozent der Aktien, sodass aus ihrem Einsatz 60 Millionen Euro werden. Germany I wird an die Mehrländerbörse Euronext gehen, nach dem Kauf der Zielfirma ist auch eine Börsennotiz in Deutschland angestrebt.

Berger winkt mit seinem guten Namen und will Familienunternehmer auch dadurch für sich gewinnen, dass Germany I, anders als Finanzinvestoren wie Permira oder KKR, nur Minderheitsbeteiligungen übernimmt und Firmen keine Schulden auflädt. "Ich möchte meinen guten Ruf nicht durch einen Misserfolg verlieren", sagt Berger. Germany I soll erst der Anfang einer ganzen Spac-Flotte sein.

Die Investoren gehen laut Lahnstein ein geringes Risiko ein, obwohl sie die Katze im Sack kaufen. Erstens geht eine Übernahme nur durch, wenn sie ihr mehrheitlich zustimmen. Außerdem können sie ihre Aktien verkaufen, wenn sie vom Erfolg nicht überzeugt sind. Ein großer Coup waren Spacs für Anleger bisher allerdings nicht. Nach Angaben von Spac Analytics brachten die Vehikel für ihre Aktionäre in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich 5,8 Prozent ein. Der Börsenindex S&P500 gewann in der Zeit 13 Prozent.

© SZ vom 01.07.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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