EZB-Präsident Trichet mahnt:"Das Weltfinanzsystem ist zu labil"

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Europas oberster Währungshüter schaltet sich in die Debatte über die Lehren aus der Finanzkrise ein. Sein Fazit: Die Welt braucht ein völlig neues Finanzsystem.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat sich einen Tag nach dem Vorbereitungstreffen der Europäer für den Weltfinanzgipfel Anfang April in London erneut vehement für eine strenge Regulierung der Finanzindustrie starkgemacht.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet bemängelt sinkende Kreditflüsse. (Foto: Foto: Reuters)

"Die gegenwärtige Krise ist ein lauter und klarer Ruf, dass es einer umfassenden Kontrolle und Aufsicht über alle systemisch relevanten Finanzinstitute bedarf - besonders Hedgefonds und Ratingagenturen. Das gilt auch für systemisch relevante Teile der Finanzmärkte, vor allen für den außerbörslichen Handel mit Derivaten", sagte Trichet am Montag in Paris.

Um einen neuen regulatorischen Rahmen für die Branche zu schaffen, sei eine enge internationale Zusammenarbeit nötig. Die in der G20 zusammengeschlossenen wichtigsten Industrie- und Schwellenländer müssten am Ende der laufenden Debatten eine international gültige Vereinbarung über die Rahmenbedingungen für das gesamte Weltfinanzsystem aus der Taufe heben.

Führende Rolle für den IWF

Das System in seiner bisherigen Form sei viel zu labil und anfällig. Trichet bekräftigte zudem frühere Aussagen: Seiner Meinung nach sollen der Internationale Währungsfonds (IWF) und das Finanzstabilitätsforum (FSF) zentrale Institutionen in dem neuen Ordnungsrahmen werden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) stehe bereit, um zusätzliche Kompetenzen bei der Banken- und Finanzaufsicht zu übernehmen. Die Bankenaufsicht in Europa ist bislang national organisiert. In Deutschland teilen sich Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) diese Aufgabe.

Trichet appellierte an die Banken, ihre volkswirtschaftliche Aufgabe als Kreditgeber wieder zu erfüllen. Während in der seit rund eineinhalb Jahren andauernden Finanzkrise die Kreditströme meist ausreichend in die Realwirtschaft geflossen seien, sei dieser Prozess nun ins Stocken geraten, bemängelte Trichet.

"In den vergangenen Wochen haben wir die ersten Zeichen sinkender Kreditflüsse gesehen." Die unter der Finanzkrise leidenden Banken müssten die von den Staaten angebotenen Hilfen annehmen und der Wirtschaft weiterhin Geld zur Verfügung stellen, forderte der EZB-Chef. Die Krise des Finanzsystems belaste die in der Rezession steckende Realwirtschaft zunehmend.

© sueddeutsche.de/dpa/pak/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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