Externe Vermittler:"Von der Luft können sie nicht leben"

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Weil Geldanlagen und finanzielle Absicherung immer komplexer werden, suchen viele Verbraucher Rat bei externen Anlagevermittlern wie MLP und AWD. Die sind in ihrer Beratungsmöglichkeit zwar tatsächlich zunächst ungebunden - doch häufig dürfte eben doch ein Provisionsinteresse bestehen.

Max Geißler

Erfolgreiche Geldanlage braucht gute Beratung. Doch wie es scheint, trifft man diese nur selten. Viel mehr verlieren deutsche Anleger durch falsche Beratung und schlechtes Sparen jährlich Milliarden.

(Foto: Foto: iStockphoto)

Die Fondsgesellschaft Fidelity errechnete, dass alle Durchschnittssparer zusammenaddiert pro Tag 75 Millionen Euro verschenken, weil sie mit ungeeigneten Geldanlagen nur mäßige Renditen erwirtschaften. Würden die Depots optimiert, wären pro Jahr 27,5 Milliarden Euro mehr Gewinn für alle drin.

Abhilfe versprechen Bankberater, Versicherungsvertreter und unabhängige Finanzvermittler. Wer bei ihnen abschließt, so die einhellige Werbung, erwirtschafte stets überdurchschnittliche Renditen. Doch nicht selten ist das Gegenteil der Fall. Berichte über falsche Beratung, schwarze Schafe und horrende Verluste füllen regelmäßig die Gazetten. Wie lässt sich die Spreu vom Weizen trennen?

"Der Status des Beraters ist für den Kunden ein wichtiges Kriterium", erklärt Andrea Hoffmann, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Sachsen.

Qualitätsmerkmal Unabhängigkeit

Egal, ob man sich über Bank- oder Versicherungsprodukte informieren lasse, "nur wer unabhängig von Vertragspartnern oder Provisionsinteresse agiere, könne objektiv beraten und das Optimum für den Kunden herausholen". Sei der Vermittler dagegen nur für eine Gesellschaft tätig, etwa der klassische Allianzvertreter, ist die Produktauswahl von vornherein eingeschränkt.

Freier in der Auswahl der Produkte und damit in der Beratungsmöglichkeit sind unabhängige Vermittler, etwa Mitarbeiter von Beratungsgesellschaften wie MLP oder AWD.

Solche Unternehmen vermitteln aus einem Pool von Versicherungen, Investmentgesellschaften und Banken. Zwar stehen Makler grundsätzlich auf der Seite ihrer Kunden. Ob der Verbraucher letztlich ein gutes Produkt zu einem guten Preis bekommt, hängt aber davon ab, mit welchen Gesellschaften der Makler kooperiert. Die Praxis zeigt hier oft eine einseitige Auswahl.

Den "von der Luft kann auch ein MLP-Berater nicht leben", begründet Verbraucherschützerin Hoffmann das selektive Vorgehen. "Die Verbraucherzentralen erfahren leider häufig von Fehlberatungen, bei denen offensichtlich das Provisionsinteresse im Vordergrund stand."

Praktische Beispiele dafür kursieren zuhauf. So wird den Mitarbeitern externer Vermittler immer wieder vorgeworfen, Berufsunfähigkeitversicherungen nur in Verbindung mit einer Kapitallebenspolice zu verkaufen. Beliebt ist offensichtlich auch das Vorenthalten bestimmer Informationen. So werden etwa gerne Beitragsaufschläge verschwiegen, die bei monatlicher Zahlung der Lebensversicherung anfallen. Denn bei diesem Zahlungsmodus erhöht sich häufig die Provision des Vermittlers.

Vorteile für eine objektive Beratung sieht Hoffmann am ehesten bei Beratern, die auf Honorarbasis arbeiten, etwa die gerichtlich zugelassenen Versicherungsberater. Sie vereinbaren mit dem Kunden im Vorfeld ein bestimmtes Honorar - unabhängig von später vermittelten Analageprodukten oder Policen.

Irrglaube an kostenlose Dienste

Zwar könnten solche Honorare bis in den vierstelligen Bereich hinein gehen, doch wer dazu bereit sei, dürfe seriöse Beratung erwarten. Verbraucher, die eine solche Honorierung scheuen, glauben oft fälschlicherweise, dass sie die Beratung durch einem gebunden Vermittler oder Makler nichts koste. Das ist jedoch ein teuer bezahlter Irrglaube.

Damit klar ist, mit wem man es zu tun hat, hat der Gesetzgeber ein neues Versicherungsvermittlergesetz beschlossen. Die am 22. Mai in Kraft tretende Vorschrift regelt, dass Vermittler ihren Kunden vor Vertragsabschluß mitteilen müssen, für welche Versicherer sie tätig sind.

Im Herbst folgt voraussichtlich ein ähnliches Gesetz für die Wertpapierbranche. Um sicher zu gehen, dass man objektiv und qualitativ gut beraten wurde, rät Hoffmann schließlich zu einer einfachen Methode: Vor Vertragsunterzeichnung eine Verbraucherzentrale aufsuchen und die angebotenen Verträge durchchecken lassen.

Unabhängige Berater sind aber noch kein Garant für objektive Beratung.

Was kennzeichnet eine gute Finanzberatung?

Ausgewogen wird die Finanzberatung erst, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllt: "Im Mittelpunkt des Gesprächs sollte stets die persönliche Situation stehen", findet Manuela Kindshuber, unabhängige Finanzberaterin aus München.

Unterschiedliche Lebenssituationen erforderten unterschiedliche Formen der Absicherung sowie der Vermögensbildung. Kindshubers Credo: "Finanzberatung muss Entscheidungshilfe bieten und nicht hin zu einem bestimmten Produkt oder Anlagebetrag drängen."

Drei wesentliche Punkte sollte nach Ansicht der Finanzanalystin ein Beratungsgespräch stets beinhalten:

- die aktuelle Lebenssituation (Familienstand, Einkommensverhältnisse etc.)

- die individuellen Finanzverhältnisse (Notfallreserve, vorhandenes Sparkapital, weiterer Vermögensaufbau)

- der Absicherungsstatus (optimaler Versicherungsschutz).

Nach Ansicht der Finanzberaterin können auch Laien ein schlechtes von einem seriösen Beratungsgespräch unterscheiden.

"Drängt der Vermittler auf einen Vertragsabschluss, weil er angeblich noch weitere Termine hat, sollten Verbraucher hellhörig werden." Zeitruck ist beliebtes aber leicht zu durchschauendes Verkaufsargument. "Auch das Werben mit Höchstrenditen, meist im zweistelligen Bereich, ist unseriös", so Kindshuber.

Letztlich sollten sich Verbraucher Zeit nehmen, das angebotene Produkt zu verstehen und einschätzen zu können. Komplizierte Geldanlagen oder Verträge sollte man besser meiden.

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