Ex-Börsenstar vor Gericht:Die Geister, die er rief

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Vor 18 Jahren gründete Thomas Haffa den Medienkonzern EM.TV - jetzt verklagt ihn das Unternehmen auf 200 Millionen Euro. Es geht um Rechte an der Formel 1 - und um die Pflichten eines Managers.

Daniela Kuhr

Strahlend kommt Thomas Haffa den Gang im Landgericht München entlang, begrüßt jeden Journalisten mit Handschlag, nickt freundlich hierhin, grinst dorthin. "Wahnsinn, was für ein Andrang'', sagt der 55-Jährige erstaunt.

"Fast wie in alten Zeiten'', erwidert eine Reporterin mit Anspielung auf den aufsehenerregenden Strafprozess vor viereinhalb Jahren, der mit hohen Geldstrafen für den Gründer des Medienkonzerns EM.TV und seinen Bruder Florian endete. "Wieso, wo sind die Handschellen?'', witzelt ein Anwalt. Alle lachen, Thomas Haffa am lautesten. Na, wenn das kein ausgelassener Start ist.

Dabei ist die Sache an sich überhaupt nicht lustig, und das weiß keiner so gut wie Haffa selbst. Der Strafprozess liegt zwar lange zurück, doch seit Jahren wird der einstige Börsenliebling von Hunderten von Anlegern zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagt, weil sie viel Geld mit EM.TV-Aktien verloren haben.

Und jetzt erhebt auch noch das Unternehmen, das er vor 18 Jahren gegründet und bis 2001 geleitet hat, schwere Vorwürfe gegen ihn: Insgesamt gut 200 Millionen Euro fordert EM.TV von Haffa und dessen Bruder Florian, der früher Finanzvorstand des Medienkonzerns war.

"Eine Katastrophe, was sonst?''

Vier verschiedene Verfahren sind in der Sache beim Landgericht München anhängig. Letztlich lauten die Vorwürfe immer gleich: Die Brüder, teilweise auch andere Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats, sollen während ihrer aktiven Zeit bei EM.TV mehrmals ihre Pflichten verletzt haben.

Bei großen Geschäften wie dem Kauf der Formel 1 im Jahr 2000, aber auch bei weniger auffälligen wie der Übernahme der Anteile an der Firma Tabaluga vom Musiker Peter Maffay. Unter anderem um diese Tabaluga-Sache geht es bei der Verhandlung am Donnerstag.

Es ist ein Zivilprozess, Haffa hätte daher nicht persönlich erscheinen müssen, die Anwesenheit seines Anwalts hätte genügt. Doch er kam, gemeinsam mit seinem 13 Jahre jüngeren Bruder - "weil ich glaube, dass es gut ist, wenn jemand mit Sachinformationen zur Aufklärung der Geschehnisse damals beitragen kann'', sagt er nach der Verhandlung.

Die Summe, über die die Parteien am Donnerstag streiten, ist im Vergleich zu den insgesamt geforderten 200 Millionen fast schon gering: Gerade mal 26 Millionen Euro will EM.TV dafür haben, dass sich die Brüder im Vorfeld des Tabaluga-Geschäfts und vor dem Erwerb eines Serienpakets angeblich nicht ausreichend informiert hätten über den Wert und die Risiken der Geschäfte.

Zudem hätten sie unzulässigerweise zwei Millionen Euro an die Peter-Maffay-Stiftung gespendet. Doch zumindest bei diesen Vorwürfen scheint es ganz gut auszusehen für die Brüder.

Das Gericht meldet Zweifel an

"Wir haben gewisse Zweifel, ob man hier tatsächlich von einer Pflichtverletzung ausgehen kann'', sagt der Vorsitzende Richter Helmut Krenek an einer Stelle und fügt später an einer anderen hinzu, das Gericht habe "nicht ganz unerhebliche Bedenken'' gegen die Argumentation von EM.TV. Wie und wann die Kammer in dieser Sache entscheiden wird, ist allerdings offen.

Gleiches gilt für die anderen Prozesse, die EM.TV gegen die Brüder führt. Der größte davon betrifft den Formel-1-Erwerb, für den der Medienkonzern 150 Millionen Euro Schadensersatz von den Haffas verlangt - "weil man einen Milliardenvertrag unterschrieben hat, ohne vorher für eine gesicherte Finanzierung gesorgt zu haben'', so der Vorwurf von EM.TV.

Das heutige Management sei den Aktionären gegenüber verpflichtet, etwaige Ansprüche gegen die frühere Führung geltend zu machen.

Sollte EM.TV am Ende vor Gericht gewinnen, könnte das verheerende Folgen für die Brüder haben. Zwar existiert eine Manager-Haftpflichtversicherung, die fahrlässige Schäden bis zu 100 Millionen Euro abdeckt, doch alles, was eventuell darüber hinausgeht, müssten die beiden aus eigener Tasche bezahlen.

Wie fühlt man sich, wenn man von dem Unternehmen, das man selbst gegründet hat, auf solche Summen verklagt wird? Thomas Haffa winkt erst ab - und antwortet dann doch. "Es ist eine Katastrophe, was sonst?'', sagt er resigniert und verschwindet mit seinem Bruder Richtung Fahrstuhl.

© SZ vom 15.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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