Europäische Zentralbank:Zinserhöhung rückt näher

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Nach Bundesbankpräsident Weber hat auch der französische Notenbankpräsident Noyel die Möglichkeit einer Leitzinserhöhung angedeutet - ein entsprechender Schritt der Europäischen Zentralbank wird wahrscheinlicher.

Die Zeichen für eine bevorstehende Leitzinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) mehren sich: Nach Bundesbankpräsident Axel Weber hat nun auch der Präsident der französischen Notenbank, Christian Noyer, die Möglichkeit von Leitzinserhöhungen in der Eurozone angedeutet. "Wir werden die Leitzinsen falls nötig ändern", sagte Noyer dem französischen Radiosender RTL Radio mit Blick auf die aktuell hohe Inflation im Währungsraum. Vorläufig belasse die EZB den Leitzins aber bei 4,0 Prozent, da dieses Zinsniveau derzeit angebracht erscheine, fügte Noyer hinzu.

Wichtige Stimmen im Kreis der Notenbänker: Christian Noyer und Axel Weber (Zweiter und Dritter von Links) mit ihren Kollegen aus anderen G-7-Staaten. (Foto: Foto: AP)

Bereits am Montag hatte Bundesbankpräsident Axel Weber mögliche Zinserhöhungen im Euroraum angedeutet. Angesichts einer Teuerung im gemeinsamen Währungsraum von 3,6 Prozent werde der EZB-Rat in den kommenden Wochen entscheiden, ob das derzeitige Leitzinsniveau die Gewährleistung von Preisstabilität sicherstelle, sagte Weber. Der EZB-Rat werde alle Entwicklungen sehr genau verfolgen.

Trichet rechnet mit anhaltender Inflation

Bundesbankpräsident Weber ist wie Frankreichs Notenbankchef Noyer Mitglied im geldpolitischen Rat der EZB, der über die Leitzinsen im Euroraum entscheidet. Auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte bis zuletzt deutliche Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität im Euroraum unterstrichen. Trichet rechnet angesichts hoher Preissteigerungen bei Energie und Nahrungsmitteln mit einer recht langwierigen Phase hoher Inflationsraten in der Eurozone. Auch das nach wie vor kräftige Geldmengen- und Kreditwachstum spreche für eine anhaltend hohe Teuerung.

Die EZB sieht eine Preisstabilität bei Inflationsraten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet. Aufgrund der aktuell hohen Teuerung, die mehr als anderthalb Punkte über dem Zielwert der Währungshüter liegt, hatten viele Marktbeobachter zuletzt ihre Zinsprognosen für den Euroraum angepasst. Waren Experten zu Anfang des Jahres wegen der US-Hypothekenkrise und der Finanzmarktturbulenzen noch von Leitzinssenkungen spätestens zur Jahresmitte ausgegangen, rechnen zahlreiche Analysten mittlerweile nicht mehr mit schnellen Zinssenkungen der EZB.

Zweitrundeneffekte befürchtet

"Obgleich wir nach wie vor von zunächst unveränderten Leitzinsen ausgehen, ist eine Zinserhöhung derzeit wahrscheinlicher als eine Zinssenkung", kommentierte Commerzbank-Experte Michael Schubert jüngste Äußerungen aus der EZB. Die Befürworter von Zinserhöhungen hätten wegen der ungünstigen Inflationsdaten zurzeit "Oberwasser".

Wichtig für die weitere Geldpolitik der europäischen Notenbank seien nach wie vor mögliche Zweitrundeneffekte. Diese können auftreten, falls Arbeitnehmer und Unternehmen hohe Teuerungsraten durch hohe Lohnabschlüsse beziehungsweise Preiserhöhungen kompensieren wollen, was den Preisdruck zusätzlich erhöht. Die EZB werde alles tun, um derartige Effekte zu verhindern, bekräftigte EZB-Präsident Trichet regelmäßig.

Diese Gefahr betonte auch Weber. "Durch die aktuell zu beobachtende Lohndynamik, aber auch durch das erhöhte und weiter steigende Niveau der Energie- und Nahrungsmittelpreise hat das Risiko zugenommen, dass die Inflationsrate auch weiterhin auf einem überhöhten Niveau verhaftet bleibt." Die andauernd hohen Energie- und Nahrungsmittelpreise gäben Anlass zur Sorge.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/jkf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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