"Es ist schon fast tragisch":Die Post und der Traum vom ewigen Leben

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Verzweifelt hat sich die Deutsche Post bemüht, den Kölner Maler Stephan Lochner als Kunden zu gewinnen. Dummerweise ist er seit mehr als 500 Jahre tot.

556 Jahre nach seinem Tod hat der Kölner Maler Stephan Lochner einen Werbebrief der Deutschen Post AG erhalten. Der Brief hatte die Anschrift: "Stephan Lochner, Domkloster 4, 50667 Köln" - die Adresse des Kölner Doms, wo Lochners viel gerühmter Altar der Stadtpatrone steht.

Neue Adresse nicht ermittelbar

Wie Dompropst Norbert Feldhoff am Freitag in Köln berichtete, habe er daraufhin an Klaus Zumwinkel, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post, geschrieben: "Es ist fast schon tragisch zu nennen, dass Stephan Lochner in seinem derzeitigen Zustand weder Ihr Vorzugspaket noch den "besonderen Service", alle deutschen Briefmarken-Neuerscheinungen vier Mal im Jahr automatisch zur Ansicht nach Hause zu bekommen, wahrnehmen kann. Ich bin auch nicht in der Lage, Ihnen die neue Anschrift von Stephan Lochner anzugeben. Herr Lochner ist uns sehr wohl bekannt, aber wir können ihn nicht mehr erreichen, da er vor genau 556 Jahren gestorben ist."

Es ist nicht das erste Mal, dass Meister Stephan als Kunde gewonnen werden soll. Vor einem Jahr wurde ihm bereits die Gold Card von American Express angeboten, dann offerierte ihm die "Neue Zürcher Zeitung" ein Abonnement.

Das Kölner Erzbistum vermutet, dass Name und Adresse irgendwann automatisch erfasst wurden und seitdem für Werbezwecke weitergegeben werden.

Kleine Spende

In allen Fällen wurde die Post von Dompropst Feldhoff beantwortet. Infolge der Anschrift sei er als "rechtlicher Vertreter des Metropolitankapitels der Hohen Domkirche" berechtigt, in Lochners Namen zu antworten, erläuterte er. Da Lochner das großzügige Angebot nicht mehr annehmen könne, bitte er um eine Spende für den Dom.

Zumwinkels Büro erwiderte darauf, man verstehe, dass der Propst Lochners neuen Aufenthaltsort nicht preisgeben wolle, da die Kirche Verfolgten und Gesuchten ja seit jeher Unterschlupf gewähre.

Der Wunsch nach Neukundengewinnung müsse dahinter zurückstehen. Dem Spendenaufruf kam die Post nach und gab 1111,11 Euro für das neue Gerhard-Richter-Fenster im südlichen Querschiff. "So hat sich Stephan Lochner wieder einmal als Spendensammler verdient gemacht", schmunzelte Feldhoff.

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