Erstmals seit 1969:Deutschland macht keine Schulden mehr

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Finanzminister Peer Steinbrück kann den Staatshaushalt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereits 2007 ausgleichen - drei Jahre früher als geplant.

Nina Bovensiepen

Der deutsche Staat wird in diesem Jahr erstmals seit 1969 so gut wie keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Dies geht aus einer Mitteilung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) an die EU-Kommission in Brüssel hervor.

Steinbrück hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung am Freitag nach Brüssel gemeldet, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen 2007 ein Defizit von höchstens 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung aufweisen werden.

Im Frühjahr war Steinbrück noch von einem Minus von 1,2 Prozent ausgegangen. Zudem hatte er eigentlich erst für 2010 mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt kalkuliert, nun wird er drei Jahre früher am Ziel sein

Unterm Strich 2,1 Milliarden Euro Schulden

Steinbrück musste die Schuldenzahlen turnusmäßig an die EU-Kommission melden. Seiner Mitteilung zufolge muss der Staat in diesem Jahr unterm Strich nur 2,1 Milliarden Euro neue Schulden machen.

So niedrig war der Wert laut dem Statistischen Bundesamt seit 1969 nicht mehr, dem letzten Jahr der damaligen Großen Koalition mit dem Finanzminister Franz Josef Strauß (CSU). Der Staat profitiert dabei von der guten Konjunktur, den Steuererhöhungen und geringeren Sozialausgaben.

Noch vor einem Jahr rechnete das Finanzministerium für 2007 mit einem Minus von 20 bis 40 Milliarden Euro, das entspräche einem oder zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Im Frühjahr hatte Steinbrück dann gesagt, er erwarte ein Defizit von 1,2 Prozent.

Die Schuldenregeln des europäischen Stabilitätspaktes erlauben maximal drei Prozent. Deutschland hatte diese Vorgabe viermal nacheinander nicht eingehalten und die Drei-Prozent-Grenze erst 2006 wieder unterschritten.

Unter Steinbrücks Vorgänger Hans Eichel (SPD) war das Minus des deutschen Staates bis auf vier Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen. Eichel hatte ursprünglich das Jahr 2006 als Zielmarke für einen ausgeglichenen Staatshaushalt genannt.

Stattdessen machte Deutschland aber mehr Schulden, weil die Konjunktur einbrach, die Steuereinnahmen sanken und die Ausgaben stiegen. Vom entgegengesetzten Effekt profitiert nun Steinbrück. Als Grund für die positive Entwicklung nannte das Finanzministerium in seiner Mitteilung vor allem die Steuereinnahmen, die für Bund, Länder und Gemeinden um 15,5 Milliarden Euro höher sein dürften als bisher erwartet. Zudem profitierte der Staat von sinkenden Ausgaben für das Arbeitslosengeld und andere soziale Leistungen.

7,8 Milliarden Euro Überschuss in den Sozialkassen

Die Lage in den öffentlichen Kassen stellt sich dabei allerdings höchst unterschiedlich dar. So können die Sozialversicherungen in diesem Jahr mit einem Überschuss von 7,8 Milliarden Euro rechnen.

Für die Länder wird ein Plus von einer Milliarde erwartet, für die Gemeinden sind es 6,9 Milliarden Euro. Für den Bund hingegen kalkuliert Steinbrück mit einem Minus von 17,7 Milliarden Euro. Insgesamt ergibt sich damit das leichte Minus von 2,1 Milliarden.

Der Minister meldete zudem nach Brüssel, dass die Quote der Gesamtverschuldung erstmals seit sechs Jahren wieder sinken wird. Demnach wird die Schuldenquote auf 65,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit den niedrigsten Stand seit 2003 zurückgehen. Insgesamt würden die Schulden des Staates Ende 2007 damit aber immer noch 1587 Milliarden Euro betragen.

© SZ vom 29.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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