Erbschaftsteuer:Bundesverfassungsgericht als letzte Instanz

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Das Bundesverfassungsgericht wird möglicherweise die Höhe der Erbschaftsteuer neu beurteilen.

Daniela Kuhr

(SZ vom 31.07.02) - Der Geschäftsstellenleiter des zuständigen zweiten Senats des Bundesfinanzhofs in München (BFH) bestätigte der Süddeutschen Zeitung, dass die BFH-Richter ihren Entschluss zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer bereits gefällt haben.

Über den Inhalt wollte er sich nicht äußern. Die Entscheidung werde aber wohl noch im August bekannt gegeben.

Bundesverfassungsgericht muss entscheiden

Beobachter des Verfahrens rechnen fest damit, dass die Richter des obersten deutschen Steuergerichts die Erbschaftsteuer für verfassungswidrig halten und die Frage deshalb dem Bundesverfassungsgericht vorlegen werden. Denn nur dieses Gericht ist befugt, über die Vereinbarkeit von Gesetzen mit dem Grundgesetz zu entscheiden. Hält ein anderes Gericht eine Norm für verfassungswidrig, muss es das Verfahren aussetzen und das Bundesverfassungsgericht anrufen.

In dem beim BFH anhängigen Verfahren geht es um die Frage, ob durch die unterschiedliche Besteuerung von Erbvorgängen der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bürger verletzt ist.

Denn Betriebsvermögen, Immobilien, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften werden bei der Berechnung der Erbschaftsteuer nur mit einem geringen Teil ihrer Verkehrswerte berücksichtigt.

Zweifel an unterschiedlicher Besteuerung

Anderes Vermögen dagegen, wie börsennotierte Wertpapiere oder Bargeld, wird mit seinem vollen Wert angesetzt. Die BFH-Richter hatten ihre Zweifel an dieser unterschiedlichen Besteuerung bereits mehrfach deutlich gemacht.

So hatte der zweite Senat unter ausdrücklichem Hinweis auf die möglichen verfassungsrechtlichen Bedenken im Oktober vergangenen Jahres das Bundesfinanzministerium aufgefordert, dem Verfahren beizutreten.

Auch bei der mündlichen Verhandlung im April hatte der Vorsitzende Richter des zweiten Senats, Gerhard Mößlang, erhebliche Bedenken geäußert. "Anscheinend aus politischen Gründen" habe der Gesetzgeber 1996 die Bewertung von Grundstücken nicht stärker angepasst, kritisierte der Richter damals.

Gleichheitsgebot verletzt

1995 hatte nämlich das Bundesverfassungsgericht schon einmal ausdrücklich die unterschiedliche Besteuerung von verschiedenen Vermögensarten bemängelt. Das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, argumentierten die Karlsruher Richter damals.

Der Gesetzgeber hob daraufhin die Bewertung von Grundstücken und Immobilien an; im Vergleich zu vererbtem Bargeld oder Aktien sind sie aber immer noch begünstigt. Die offizielle Begründung für die Besserstellung lautet, dass Grundbesitz oder Betriebsvermögen nicht so leicht veräußert werden könne wie Aktien. Betriebsvermögen sei zudem mit sozialen Pflichten verbunden.

Vor dem Hintergrund des beim BFH anhängigen Verfahrens ergehen Erbschaftsteuerbescheide inzwischen nur noch unter Vorbehalt.

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