Entscheidung zur Erbschaftssteuer:Unser Oma ihr klein Häuschen

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Erben von Immobilien drohen schwerere Zeiten: Womöglich müssen sie schon bald erheblich mehr Steuern bezahlen.

Am Mittwoch gibt das Bundesverfassungsgericht seine seit 2002 erwartete Entscheidung zu mutmaßlichen Gerechtigkeitslücken in der Erbschaftssteuer bekannt.

Der Freibetrag von derzeit 205.000 Euro wird niicht mehr ausreichen, um ein Haus im Wert von 250.000 Euro steuerfrei überschrieben zu bekommen. (Foto: Foto: dpa)

Bislang profitieren Immobilien-Erben davon, dass der Staat etwa Häuser nur mit der Hälfte ihres eigentlichen Verkehrswertes festsetzt. Wer dagegen Aktien erbt, muss sie zum vollen Kurswert versteuern.

Experten erwarten nun, das die Karlsruher Richter die Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) in München weitgehend teilen und eine Gleichbehandlung beim Vererben von Immobilien und anderem Vermögen einfordern. Das könnte Folgen haben vor allem für die Erben von Familienbetrieben sowie von land- und fortswirtschaftlichem Vermögen. Das oberste deutsche Steuergericht in München hatte im Dezember 2001 gerügt, dass Erben von Betriebsvermögen sowie von Grundbesitz bis hin zur Land- und Forstwirtschaft durch Freibeträge gegenüber anderen Vermögensarten wie Bargeld oder Aktien erheblich begünstigt werden.

Auch geringwertigere Immobilien betroffen

So würden etwa Häuser mit 50 Prozent ihres Verkehrswertes angesetzt, unbebaute Grundstücke mit 80 Prozent und land- und forstwirtschaftliches Vermögen gar nur mit zehn Prozent. Zudem bekämen Erben in der Landwirtschaft einen Freibetrag von rund 250.000 Euro sowie einen weiteren so genannten Bewertungsabschlag von 40 Prozent und müssten deshalb in der Regel keine Steuern zahlen.

Die Ungerechtigkeit zeigte sich auch beim Vererben von Betriebsvermögen. Dort führen laut BFH Vergünstigungen dazu, dass Betriebsvermögen bis zu einem Wert von 1,5 Millionen Euro völlig steuerfrei sein können. Nicht genug: Selbst nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften würden um 35 Prozent niedriger bewertet als etwa börsennotierte Anteile.

Für einige dieser Privilegien hat der Gesetzgeber allerdings gute Gründe. Unternehmen müssten womöglich zerschlagen und Bauernhöfe aufgegeben werden, wenn Erben Teile davon veräußern müssten, um horrende Steuern zu bezahlen. Die Bundesregierung denkt deshalb auch schon seit längerem darüber nach, die Erbschaftssteuer für Betriebe zu stunden oder gar ganz zu erlassen, wenn sie von den Erben weiter geführt werden.

Gleichwohl spekulieren Steuerexperten bereits heftig über den Umfang möglicher Erhöhungen und gehen etwa davon aus, das die Bewertung bebauter Grundstücke auf bis zu 85 Prozent ihres Verkehrswertes steigen könnte.

Das hätte Folgen auch für die Erben von "unser Oma ihr klein Häuschen": Der Freibetrag von derzeit 205.000 Euro für einen erbenden Enkel würde dann nicht mehr ausreichen, um ein Haus im Wert von 250.000 Euro steuerfrei überschrieben zu bekommen.

Allerdings ist die Erbschaftssteuer für Staat nicht mehr als eine Bagatelle. Sie liegt seit Jahren deutlich unter einem Prozent der gesamten Steuereinnahmen. Höhere Freigrenzen festzusetzen, wäre deshalb für die Bundesregierung kein Verlust.

Profiteure der sich angeblich schließenden Gerechtigkeitslücke sind zunächst allein deren Propheten: Steuerberater und Notare weisen Immobilienbesitzer mit wachsendem Erfolg darauf hin, höhere Erbschaftssteuern durch Schenkungsverträge zu umgehen. Doch solch ein Rat ist nur sinnvoll, wenn die Eltern zugleich an ihre Altersvorsorge denken und mit den beschenkten Kindern etwa den weiteren Nießbrauch des Besitzes festlegen oder mit den Beschenkten im Gegenzug eine Rente vereinbaren.

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