Die Italiener und der Euro:Wenig Sehnsucht nach der Lira

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Obwohl die Pizza nach der Euro-Einführung einen Preissprung machte, akzeptieren die Italiener mittlerweile den Euro. Doch das war nicht immer so.

Ulrike Sauer

Italiens "Teuro"-Maß war - wie in Frankreich - von Anfang an der Espresso. Kein Ritual ist den Italienern so lieb und teuer wie das mehrmals tägliche Schlürfen eines Tässchens in der Bar.

Mit der Euro-Einführung stieg der Preis der Pizza rapide an. (Foto: Foto: AP)

Umso größer war der Ärger, als mit der Einführung des Euro als Bargeld das schwarze Aufputschmittel schlagartig 30 Prozent mehr kostete. So können denn auch die Wirte, wie Italiens großes Heer der Selbständigen mit Preis- und Honorarhoheit, nicht klagen.

Der Euro hat das Land gespalten - in eine stattliche Anzahl von Währungsgewinnlern und die Masse der Euro-Verlierer. Trotzdem sehnen sich 51 Prozent der Italiener nicht nach der Lira zurück.

Erfolg trotz widrigster Umstände

Berücksichtigt man die widrigen Umstände, die den historischen Tausch südlich der Alpen begleitet haben, spricht das für eine beachtliche Akzeptanz des ungewohnten europäischen Klimpergeldes.

Schwerer als in Italien geschehen, konnte man der Einheitswährung den Start kaum machen. Es fing an mit den Opfern, die dem Volk im Namen des Euro abverlangt wurden. Kein Nachbar hatte sich so ins Zeug gelegt, um in der Startergruppe dabei zu sein wie die Schuldenrepublik im Mittelmeer.

Die Italiener berappten die letzten Lire für eine "Europasteuer" und wählten dann kurz vor dem Umtausch Europa-Skeptiker Silvio Berlusconi an die Macht.

Verschlafener Start

Der ließ die Ankunft des Euro vor fünf Jahren zum Desaster geraten. Starter-Kits blieben liegen. Nur jeder dritte Bankautomat gab am Neujahrstag 2002 Euro-Scheine aus. Am ersten Werktag bildete Italien mit einem Euro-Anteil von drei Prozent an den Bargeldgeschäften das Schlusslicht.

Fünf Tage später legte ein Streik der Bankangestellten die Wechseloperation völlig lahm. Hinzu kam: Berlusconis Minister lästerten ungezügelt über die Umstellung. Was sich derweil auf Preisschildern tat, interessierte niemanden. Die Regierung guckte weg.

Viele Italiener erlitten deshalb ein Währungstrauma. Angestellte mit Kindern zum Beispiel. Die Kosten für einen Krippenplatz wuchsen um 145 Prozent. Die Rechnung für eine Pizza plus Getränk - das klassische Außer-Haus-Essen von Familien - stieg um 42,3 Prozent.

Opposition des eigenen Finanzministers

Finanzminister Giulio Tremonti prangerte die Stückelung des Euro vollmundig als Inflationsfaktor an und drang auf die Einführung der Ein-Euro-Note, weil er meinte, die Münzen gingen seinen Bürgern zu locker von der Hand.

Dass die Italiener mit dem Geld, das ihre Weichwährung ersetzt hat, Probleme haben, ist nicht zu leugnen. Aber nicht nur, weil die Münzen ihr Taschenfutter ausbeulen. Jeder Zweite mag auch nicht von den vielen Nullen lassen und rechnet weiter um.

Belastet wird die Akzeptanz der neuen Währung außerdem durch die negativen Auswirkungen, die der starke Euro auf die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie hatte. Jahrzehntelang war dieser Wirtschaftszweig an die Abwertung der Lira gewöhnt - das machte italienische Produkte für ausländische Käufer billiger. In den fünf Jahren Euro wuchs Italiens Wirtschaft so langsam wie nie zuvor in der Nachkriegsgeschichte.

© SZ vom 2.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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