Nun ist die alte Wall Street endgültig Geschichte. Die amerikanische Notenbank hat in der vergangenen Nacht dem Wunsch der Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley stattgegeben, eine Holdingsstruktur anzunehmen. Damit steht fest, dass auch die letzten beiden unabhängigen Wall-Street-Institute die Finanzkrise in ihrer heutigen Form nicht überstehen werden.
Solide und langweilig
Die Entscheidung erleichtert Goldman Sachs und Morgan Stanley die Kapitalversorgung bei der Zentralbank. Vor allem aber erlaubt sie es ihnen, Geschäftsbanken zu übernehmen und sich so schrittweise in Finanzkonzerne wie etwa Deutsche Bank, UBS oder Bank of America zu verwandeln.
Damit hat das Geschäftsmodell der Investmentbank ausgedient, auf deren Glanz der Mythos der Wall Street bisher beruhte. Investmentbanken haben keine Filialen und führen keine Konten. Sie konzentrieren sich auf Wertpapiergeschäfte und die Finanzierung von Unternehmensfusionen und Industrieprojekten. Das ist äußerst lukrativ aber auch enorm riskant.
Ängstliche Investoren
Wegen der Finanzkrise schrecken immer mehr Investoren davor zurück, die Geschäfte von Investmentbanken zu finanzieren. Obwohl Goldman Sachs und Morgan Stanley vergangene Woche hohe Gewinne meldeten, brachen ihre Aktienkurse ein. Morgan Stanley stand besonders unter Druck und begann Gespräche mit der Geschäftsbank Wachovia über einen Notverkauf.
Drei der einst fünf unabhängigen Investmentbanken sind der Finanzkrise bereits zum Opfer gefallen. Bear Stearns und Merril Lynch waren gezwungen, sich in die Arme von Geschäftsbanken zu retten. Ihr Konkurrent Lehman Brothers musste Konkurs anmelden.
Als Holding werden Goldman Sachs und Morgan Stanley einer strengeren Regulierung unterliegen. Außerdem dürfen sie fortan nur noch mit deutlich weniger geliehenem Geld spekulieren. Dafür aber können sie eine neue, verlässliche Finanzierungsquelle erschließen: Die Sparbücher einfacher Bürger.