Deutsches Hilfspaket für Banken:Klotzen statt kleckern

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Deutschland steuert auf ein umfassendes Hilfspaket für Banken zu: Einzelfalllösungen reichten nicht mehr aus, erklärte Finanzminister Steinbrück. Am Sonntag kommen die Euro-Staaten zu einem Krisengipfel zusammen.

Aufgrund der Turbulenzen an den Finanzmärkten hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy die Staats- und Regierungs der 15 am Euro beteiligten Länder für Sonntag zu einem Krisengipfel nach Paris eingeladen. Um auch das Nicht-Euro-Land Großbritannien an den Gesprächen beteiligen zu können, ist dem Vernehmen nach vorher ein Treffen der Europäischen G 4 im Gespräch. Diese Gruppe besteht aus Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien. "Dieses Treffen hat zum Ziel, einen gemeinsamen Aktionsplan der Staaten der Euro-Zone und der Europäischen Zentralbank angesichts der aktuellen Finanzkrise zu definieren", hieß es.

Zuvor war bekannt geworden, dass Bundesfinanzminister Peer Steinbrück an einer übergreifenden Lösung zur Stabilisierung des deutschen Finanzsektors arbeitet. Deutschland steuert auf ein umfassenderes Hilfspaket für Banken und ein stärkeres staatliches Engagement zu. Selbst ein vorübergehender Einstieg des Staates bei Instituten wird nicht mehr ausgeschlossen. Die Zeit der deutschen Einzelfalllösungen ist vorbei.

Schluss mit Von-Fall-zu-Fall-Lösungen

Die Spiralbewegung nach unten habe nochmals deutlich an Fahrt gewonnen, sagte Steinbrück am Freitag in Washington. "Ich bin überzeugt, dass wir mit Von-Fall-zu-Fall-Lösungen nicht mehr weiterkommen. Das ist ausgereizt", sagte Steinbrück vor einem Treffen der G7-Finanzminister und -Notenbankchefs. Die Finanzbranche erwarte eine sektorübergreifende Lösung.

Nötig seien umfassende Maßnahmen, die für den Finanzsektor insgesamt einen stabilisierenden Charakter haben. Details zu einer solchen "systemübergreifenden Lösung" wollte Steinbrück nicht nennen. Er betonte, Lösungspakete müssten sich - bei internationaler Abstimmung - weiter von Land zu Land unterscheiden.

Köhler kritisiert "hemmungslose Gier"

Unterdessen hat sich Bundespräsident Horst Köhler für eine strengere Kontrolle der Finanzmärkte ausgesprochen. Im Manager Magazin forderte Köhler mehr Transparenz bei der Bilanzierung und mehr Eigenkapitalunterlegung von Bankgeschäften sowie eine "Professionalisierung und Internationalisierung" der Finanzmarktaufsicht.

Durch eine Überprüfung des Anreiz- und Vergütungssystems im Bankenbereich müsse "hemmungsloser Gier" ein Riegel vorgeschoben werden. Eigenkapitalrenditen von 25 Prozent und mehr seien im Bankgeschäft nicht dauerhaft machbar.

Er kritisierte außerdem die Bankmanager scharf: "Abgewirtschaftet hat die Vorstellung, man könne aus Nichts Geld machen", sagte Köhler. "Es fehlte schlicht an Verantwortungsbewusstsein." Er hoffe nun auf einen Selbstreinigungsprozess der Branche.

Bundesbank-Präsident will umfassendes Maßnahmenpaket

Nach den Worten von Bundesbank-Präsident Axel Weber müssten alle Staaten für ihre Banken umfassend "Hilfe zur Selbsthilfe" leisten. "Auch in Deutschland (....) brauchen wir ein umfassendes Maßnahmenpaket." Dabei sei auch eine vorübergehende "Re-Kapitalisierung" von Instituten nach dem Vorbild Großbritanniens beziehungsweise eine Übernahme von Anteilen durch den Staat möglich.

Zunächst seien zwar die Marktteilnehmer gefragt. "Aber wenn es am Markt nicht möglich ist, muss der Staat als entsprechender Anteilseigner auch eine Möglichkeit zum Re-Kapitalisieren haben", sagte Weber weiter. Dies müsse aber an umfassende Auflagen und Anreizsysteme geknüpft werden: "Ich halte dies für eine durchaus überlegenswerte Maßnahme." Eine zeitweise Re-Kapitalisierung ersetze aber nicht den Markt, betonte der Bundesbank-Präsident.

Das Wort "Verstaatlichung" von Banken vermieden sowohl Weber als auch Steinbrück ausdrücklich. Weber zufolge gehe es bei einer Re-Kapitalisierung nicht darum, Kontrollmehrheiten für den Staat zu erreichen. Aber die Institute müssten letztlich Kapital erhalten, um stabilisiert zu werden. Bei einem besseren Marktumfeld könnten die Anteile dann wieder durch den Staat abgegeben werden, sagte Weber.

Weber: Es gibt keine Alternative mehr

Als Teil eines "umfassenden Ansatzes" könnten Weber zufolge auch in Deutschland entsprechende staatliche Garantiemaßnahmen geleistet werden. Als weiteres sei ein mögliches Maßnahmepaket denkbar, um Abschreibungen und Wertverluste "über die Zeit zu strecken". Hintergrund ist die fehlende Liquidität an den Märkten, so dass viele Produkte zurzeit nicht oder kaum gehandelt werden. Auch leihen sich die Banken untereinander immer weniger Geld.

"Ich glaube, dass wir zum Handeln mittlerweile an einem Punkt sind, wo es keine Alternative mehr gibt", betonte Weber. Es gebe aber "sehr gute Chancen, die Vertrauenskrise einzudämmen".

Nach den Angaben Steinbrücks signalisierten andere europäische Länder, dass sie durchaus ähnliche Stützungsmaßnahmen wie in Großbritannien ergreifen wollten. Er sprach sich erneut dafür aus, weltweit "Verkehrsregeln" für Finanzmärkte zu entwickeln. Dabei sollte dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine zentrale Funktion zukommen. Es gebe für alle internationalen Bereiche Regeln, aber ausgerechnet nicht für Finanzmärkte.

Unter dem "enormen Druck" der Ereignisse werden die Staaten reagieren müssen, sagte Steinbrück vor dem Treffen der Finanzminister der G7-Staaten USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Italien. Diese müssten sehr unmittelbar reagieren. Es müsse sich international abgestimmt werden. Darunter müssten aber auch Spielräume für jedes Land bestehen, entsprechend angemessen auf die jeweiligen länderspezifischen Probleme reagieren zu können. Weber zufolge sollten in allen G7-Ländern "ähnlich strukturierte Vorgehensweisen" erreicht werden.

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