Deutsche Banken:Wie schlimm kann es noch kommen?

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Deutsche Banken haben am US-Immobilienmarkt mit hohem Einsatz gezockt. Wie hoch sind die Verluste wirklich?

Ansgar Siemens

Es waren überraschend starke Worte, die Peer Steinbrück (SPD) wählte: Am Wochenende sagte der deutsche Finanzminister, manche Banken könnten im Zuge der US-Immobilienkrise zu "Notverkäufen" gezwungen sein. Die Turbulenzen nach dem Juli-Crash sind noch nicht ausgestanden, hörten Finanzprofis da heraus.

Wie schlimm steht es wirklich um Deutschlands Banken? "Es könnte sie noch härter treffen", mutmaßt Wolfgang Gerke, ein renommierter Branchenexperte im Gespräch mit sueddeutsche.de.

Bislang hätten die Institute nur dosiert die Wahrheit offengelegt über ihre Risiken am US-Immobilienmarkt. Wohl aus taktischen Gründen, vermutet Gerke. Ein paar Geständnisse dürften folgen. "Die Banken haben die Risiken in den USA unterschätzt", ist Gerke überzeugt.

Am Montag sorgte Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller an der Börse für Nervenflattern. Müller räumte ein, dass Deutschlands zweitgrößte Bank wegen der US-Immobilienkrise mehr Geld abschreiben müsse als gedacht.

"Die bisher angekündigten Abschreibungen von 80 Millionen Euro spiegeln den Informationsstand von Anfang Juli wieder. Das wird nicht reichen", sagte Müller der Financial Times Deutschland.

Man sei "mit einem möglichen Risiko von 1,2 Milliarden Euro" aber noch "vergleichsweise wenig betroffen". Die Aktie des Instituts setzte zur Talfahrt an, verlor bis Montagnachmittag mehr als drei Prozent.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte mehrere Wochen über die Probleme der Branche insgesamt gesprochen. Anfang Oktober räumte er ein, die Deutsche Bank müsse 2,2 Milliarden Euro abschreiben - schuld seien die Immobilien-Eskapaden.

"Ich schließe einen Crash nicht aus"

Wie stark deutsche Banken bluten müssten, hänge an der Entwicklung der globalen Märkte, sagt Experte Gerke. Wie viele Immobilienkredite zum jetzigen Zeitpunkt verloren sind, ist unklar.

"Ich schließe einen Crash nicht aus", sagt Gerke in Anbetracht der vielen Unwägbarkeiten in den Bankenbilanzen. Skeptisch zeigten sich auch Finanzexperten, die das Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW im September befragte.

66 Prozent von insgesamt 235 Teilnehmern sagten, die Risiken für die Stabilität des weltweiten Finanzsystems seien "hoch" oder "sehr hoch". Nur sieben Prozent sahen "kaum Risiken".

Die Hälfte der Befragten sagte, deutsche Banken seien nicht gefährdeter als Institute aus anderen Ländern. Experte Gerke sieht das ähnlich: Das starke Privatkundengeschäft mache sie vielleicht sogar ein Stück weit gefeiter gegen mögliche Stürme.

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