Deutsche Banken:Besser ist nicht gut genug

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Die deutschen Banken haben sich von den Krisenjahren erholt, international können die meisten jedoch nicht mithalten.

Martin Hesse

Von dem Geldregen, der in diesen Tagen auf Investmentbanker in London und New York niedergeht, können die meisten deutschen Bankangestellten nur träumen.

Die Türme der Dresdner Bank (links) und der Deutschen Bank in Frankfurt. (Foto: Foto:)

Doch ein bisschen zufriedener als in den vergangenen Jahren sehen auch die Frankfurter Banker aus. Die Deutsche Bank und möglicherweise auch die Commerzbank werden Rekordergebnisse erzielen, auch die HypoVereinsbank (HVB) und die Dresdner Bank steigerten unter den Fittichen der Mutterkonzerne Unicredit und Allianz die Erträge.

,,Wie die gesamte Wirtschaft haben 2006 auch die Banken erste Früchte ihrer Restrukturierung geerntet'', sagt Thomas von Lüpke, Bankenanalyst bei der Ratingagentur Fitch.

Kostenstrukturen verbessert

Die meisten Banken hätten ihre Problemkredite abgearbeitet und die Kostenstrukturen verbessert. Für die Mitarbeiter war das oft schmerzhaft. 50.000 Stellen strichen allein die fünf großen deutschen Privatbanken in den vergangenen fünf Jahren.

Commerzbank, HVB und Dresdner Bank bauten auch 2006 noch einmal hunderte Arbeitsplätze ab.

Bei diesen drei Instituten wie auch bei der Postbank stand das Jahr im Zeichen der Integration. Die Commerzbank bemüht sich, den Ende 2005 erworbenen Immobilienfinanzierer Eurohypo möglichst reibungslos einzugliedern, die Postbank den Baufinanzierer BHW.

Bessere Verzahnung

Die HVB geht mehr und mehr im neuen italienischen Mutterkonzern auf. Bei der Dresdner Bank geht es fünf Jahre nach der Übernahme durch die Allianz noch immer darum, Bank- und Versicherungsgeschäft besser miteinander zu verzahnen.

In dem ehemaligen HVB-Manager Stefan Jentzsch ging bei der Dresdner zudem ein Hoffnungsträger an Bord, der das einst international angesehene Investmentbanking zumindest wieder in die deutsche Spitzengruppe bringen soll.

Bislang, so heißt es im Umfeld der Bank, sei der neue Mann jedoch mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Erst 2007 könne man beurteilen, ob er seine Mission erfülle.

Viele Börsengänge

Schon in seinem ersten Jahr kam Jentzsch allerdings zugute, dass das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen florierte wie nie zuvor, auch häuften sich Börsengänge.

Steigende Aktienkurse begünstigten das Eigenhandelsgeschäft. Besonders profitierte davon die Deutsche Bank, die drei Viertel ihrer Erträge im Investmentbanking macht.

Unter dem Strich sind Analysten mit den Ergebnissen der Banken zufrieden. ,,Die Ertragserwartungen wurden auf Grund eines sehr positiven Kapitalmarktumfeldes und einer geringeren Anzahl von Insolvenzen übertroffen'', sagt Stefan Best, Bankenanalyst bei der Ratingagentur Standard & Poor's.

Deutsche Bank in anderer Liga

Dennoch hinken die großen deutschen Banken seiner Ansicht nach weit hinter den europäischen Wettbewerbern her. Eine Ausnahme bilde die Deutsche Bank, die in einer anderen Liga spiele.

Die übrigen deutschen Geschäftsbanken stünden gemessen an der Ertragskraft etwa da, wo die europäischen Wettbewerber bereits vor drei Jahren waren.

Etwas zuversichtlicher beurteilt Fitch-Analyst Lüpke die deutschen Banken. Die Profitabilität habe sich im Vergleich zu den europäischen Konkurrenten zuletzt stark verbessert. ,,Ich glaube, dass die deutschen Banken mittelfristig die Lücke schließen können, auch weil viele Wettbewerber ihre Profitabilität nicht auf Dauer werden halten können'', sagt Lüpke.

Allerdings würden wohl auch nicht alle deutschen Institute ihre Ertragsziele erreichen. ,,Es dürfte schwer werden, die erzielten Ergebnisse zu halten oder gar zu übertreffen'', glaubt auch S&P-Analyst Best.

Die Banken selbst führten ihren Rückstand zu den Wettbewerbern auch 2006 immer wieder auf den besonderen Schutz der öffentlichen Banken zurück.

"Benachteiligt"

Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller forderte im SZ-Interview das Recht ein, Sparkassen übernehmen zu dürfen. Weil ein großer Teil der Branche nicht gewinnorientiert arbeiten müsse, seien deutsche Banken im europäischen Wettbewerb benachteiligt.

,,Wir haben in Deutschland einen Gartenzaun um Teile der Bankenbranche gezogen'', stellt auch Rainer Neske fest, der das Geschäft mit Privat- und Geschäftskunden der Deutschen Bank leitet.

Obwohl der Bankenmarkt in Deutschland viel weniger konsolidiert sei als in den meisten anderen europäischen Ländern, sei es kaum möglich, durch Akquisitionen zu wachsen. ,,Volkswirtschaftlich ist das für Deutschland ein Nachteil'', sagt Neske.

Großes Interesse ausländischer Banken

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen sei aber der deutsche Markt attraktiv, wie das große Interesse ausländischer Banken an Deutschland zeige.

Tatsächlich konkurrieren in Deutschland noch immer 2089 Banken um Kunden, während sich beispielsweise in Frankreich nur 854 Geldhäuser den Markt teilen.

Zwar hat sich die Zahl der Banken in den vergangenen 15 Jahren halbiert, trotzdem decken die fünf größten deutschen Institute nur 22 Prozent des Marktes ab, errechnete die Consultingfirma Mummert.

Möglichkeiten ergriffen

Die Deutsche Bank ergriff 2006 zwei der wenigen Möglichkeiten, in Deutschland Banken zu übernehmen. Die Norisbank möchte Neske zur Billigmarke der Deutschen Bank ausbauen, eine Million Kunden sind sein Ziel.

Mit dem Kauf der Berliner Bank, für die der Marktführer fast 700 Millionen Euro zahlte, ist die Deutsche Bank zugleich bei der wohl spannendsten Bankenübernahme des kommenden Jahres schon aus dem Rennen: Im ersten Quartal beginnt der Verkaufsprozess für die Landesbank Berlin.

Auf Grund von EU-Auflagen ist der Käufer der Berliner Bank, die ebenfalls zur früheren Bankgesellschaft gehörte, bei dieser Auktion außen vor.

Die Liste der Interessenten ist jedoch auch ohne die Deutsche Bank lang: Sie reicht von der HVB über die Sparkassengruppe und ausländische Banken bis zu Finanzinvestoren.

Flowers vor den Toren

Die Beteiligungsfirmen wärmten sich 2006 schon einmal auf für den Bieterkampf: Cerberus griff sich die österreichische Gewerkschaftsbank Bawag. Der Amerikaner Christopher Flowers erwarb bei der HSH Nordbank als erster Finanzinvestor einen Anteil an einer Landesbank.

Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass er auch ein Auge auf Berlin geworfen hat.

© SZ vom 29.12.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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