Deutsche Bank nach Katastrophenjahr:Glaube an die Wiedergeburt

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Vor allem das Investmentbanking hat das Ergebnis der Deutschen Bank im Jahr 2008 verhagelt - doch Konzernchef Josef Ackermann glaubt an die Wiedergeburt der einstigen Cash Cow.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann erwartet nach der Finanzkrise eine Renaissance des angeschlagenen Investmentbanking. "Ich bin sehr überzeugt, dass sich das Investmentbanking in den nächsten Jahren gut entwickeln wird", sagte der Schweizer bei der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag in Frankfurt.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann: "Wir sind absolut unzufrieden mit unserem Ergebnis im vierten Quartal und dem daraus resultierenden Verlust im Gesamtjahr 2008." (Foto: Foto: Getty Images)

Er gehe davon aus, dass die Sparte wieder die Ergebnisse aus den Jahren 2005 und 2006 erreichen könne. Damals hatte das größte deutsche Geldhaus hier Gewinne von vier bis fünf Milliarden Euro eingefahren. Im vergangenen Jahr erzielte die Deutsche Bank wegen der massiven Verwerfungen an den globalen Finanzmärkten in diesem Bereich allerdings einen Verlust von 8,5 Milliarden Euro.

Für die anderen Sparten peilt Ackermann mittelfristig ebenfalls Milliardengewinne an. Für das Privatkundengeschäft einschließlich Postbank hält er drei Milliarden Euro für möglich, für das Zahlungsverkehrs- und Abwicklungsgeschäft (Transaction Banking) zwei Milliarden Euro und für die Vermögensverwaltung eine Milliarde Euro.

"Erste Anzeichen für Belebung"

Zu Jahresbeginn sieht Ackermann erste Anzeichen für eine Geschäftsbelebung. Im Januar habe das Institut Erträge von 2,8 Milliarden Euro erwirtschaftet, sagte er.

Das liege deutlich über dem Vorjahreswert und nur knapp unter dem Spitzenwert von 2007. "Das stimmt uns bei aller gebotenen Vorsicht zuversichtlich für 2009", betonte der Vorstandschef. Ackermann wies allerdings auch sofort darauf hin, dass Prognosen in diesen Zeiten äußerst schwierig seien. Genaue Vergleichszahlen aus den Vorjahren nannte die Deutsche Bank nicht.

An der Frankfurter Börse sagte ein Aktienhändler: "2,8 Milliarden Euro - das ist doch positiv." Ein anderer Händler wertete die Aussagen als "Kaufsignal".

Analysten eher verhalten

Unmittelbar nach Vorlage der Zahlen hatten sich einige Analysten allerdings eher verhalten zu der Bilanz geäußert. So beließ Analyst Philipp Häßler von Equinet die Einstufung vor einem Analystentreffen auf "Hold" und das Kursziel auf 25,00 Euro. Der Ertrag vor Steuern sei besser als erwartet ausgefallen, so Häßler. Unklarheit bestehe aber noch immer über den Bestand an "vergifteten Wertpapieren". Häßler behielt seine vorsichtige Einschätzung zunächst bei.

Auch Joachim Müller von der Cheuvreux beließ seine Einstufung unverändert auf "Outperform" mit dem Kursziel 34 Euro. Müller zeigte sich enttäuscht Zahlen im Geschäftsbereich Private Clients and Asset Management (PCAM). Positiv habe einzig der Bereich Global Transaction Banking (GTB) abgeschnitten.

Commerzbank-Analyst Michael Dunst sah in den endgültigen Ergebnissen keine große Überraschung im Vergleich zu den vorläufigen Zahlen vom vergangenen Januar. Enttäuschend sei die Entwicklung der drei stabilen Sparten Transaction Banking, Vermögensverwaltung sowie Privat- und Geschäftskunden verlaufen. Er ließ sein Votum auf "Add" mit dem Kursziel 27,00 Euro

Ackermann gab sich für 2009 allerdings verhalten optimistisch. Er erwarte keine größeren Belastungen mehr aus den Risikopositionen des vergangenen Jahres, wie etwa bei großen Übernahmefinanzierungen sowie gewerblichen Immobilienkrediten, sagte der Vorstandschef.

Neue Ausrichtung

Auch die Rückstellungen für die angeschlagenen Kreditversicherer seien ausreichend. Nach dem ersten Jahresverlust in der Nachkriegsgeschichte richtet die Deutsche Bank ihr Investmentbanking neu aus. "Wir ziehen Ressourcen aus den Geschäftsfeldern ab, bei denen eine baldige Erholung unwahrscheinlich ist", sagte er. Dazu gehört unter anderem ein wesentlicher Teil des Eigenhandels.

An der Börse bauten die Aktien der Deutschen Bank nach den Äußerungen Ackermanns zur Entwicklung im Januar einen Teil ihrer Verluste wieder ab, notierten aber immer noch deutlich im Minus. "Den Aktien hilft, dass die Deutsche Bank jetzt sagt, dass sie einen goldenen Januar gehabt haben", sagte ein Händler.

Im frühen Handel war die Aktie noch um fast zehn Prozent abgesackt. Am Mittwoch waren die Titel noch stark gestiegen, weil Anleger auf einen guten Ausblick gehofft hatten.

Für das Geschäftsjahr 2008 wies Deutschlands größte Bank am Donnerstag offiziell einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro vor Steuern aus. Nach Steuern ergab sich für das Geldinstitut ein Minus von 3,9 Milliarden Euro.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum die Deutsche Bank 2008 geringere Personalausgaben hatte, obwohl die Zahl der Mitarbeiter stieg.

Und prompt reagiert der Konzern. Schmerzhaft für die Aktionäre: Die Dividende soll in diesem Jahr 50 Cent betragen - vier Euro weniger als im Vorjahr. Und auch bei den Angestellten wird deutlich gespart. Im vergangenen Quartal sind die Personalkosten deutlich gesunken.

Niedrigere Boni

Wegen niedrigerer Bonuszahlungen in Folge des geringeren Ergebnisses gingen die Ausgaben für die Beschäftigung der Mitarbeiter im vierten Quartal um 36 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zurück, obwohl die Zahl der Stellen stieg: Weltweit beschäftigte die Deutsche Bank Ende des vergangenen Jahres fast 80.500 Mitarbeiter, rund 2200 mehr als Ende 2007.

Die Bank hatte in dem unter hohen Verlusten leidenden Eigenhandel bereits 1200 Arbeitsplätze abgebaut. Der Handel auf eigene Rechnung mit Kreditpapieren soll sogar komplett eingestellt werden. Im Privatkundengeschäft baut das Institut dagegen eher Stellen auf.

Dass die Zahlen so schlecht ausfallen, war bereits erwartet worden. Bereits Mitte Januar hatte Ackermann auf Grundlage vorläufiger Zahlen vor einem Verlust dieser Größenordnung gewarnt.

Im vierten Quartal ergab sich ein Nettoverlust von 4,8 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte das Institut noch eine Milliarde Gewinn gemacht.

Ackermann sagte: "Wir sind absolut unzufrieden mit unserem Ergebnis im vierten Quartal und dem daraus resultierenden Verlust im Gesamtjahr 2008." Die zuvor nie erlebten Marktverhältnisse hätten einige Schwächen im Geschäftsmodell erkennen lassen.

Höhere Kapitaldecke

"Deshalb ändern wir unsere Aufstellung in einigen Geschäftsfeldern", erklärte Ackermann. Die Kapitaldecke Tier 1 des Unternehmens sei mit rund zehn Prozent "höher als zu Beginn der Krise".

Ackermanns weiterer Ausblick für 2009 hatte aber auch Anteile von Skepsis: Die Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft blieben weiter "sehr schwierig" und stelle Kunden und Finanzindustrie vor große Herausforderungen. Er zeigte sich jedoch überzeugt, dass die Deutsche Bank erfolgreich aus der Krise hervorgehen würde.

Über die globale Kreditwirtschaft äußerte sich Ackermann mit Sorge. Viel sei schon verkauft oder abgeschrieben, sagte er. Wenn sich die "Cashflows" nicht verbesserten, könnten noch weitere Abschreibungen drohen. "Da könnten noch größere Überraschungen stehen."

"Gutes Gefühl"

Dabei sei nicht so sehr die aktuelle Situation problematisch, sondern die Erwartung dessen, was noch in den Büchern stehe. Für das Kreditportfolio der Deutschen Bank habe er aber ein "gutes Gefühl", sagte Ackermann. Es gebe natürlich neue Risiken. Die Bank sei aber in problematischen Bereichen wie dem Konsumenten- und Immobilienkreditgeschäft vergleichsweise wenig engagiert.

In der Debatte um eine "Bad Bank" für Risikopapiere der Finanzbranche sprach sich der Deutsche-Bank-Chef gegen eine zentrale nationale Lösung aus. "Ich bin nicht für eine nationale "Bad Bank", weil die Größenordnung alle Dimensionen sprengen würde", sagte Ackermann. Die Größenordnung sei mittlerweile so gewaltig, dass es schwierig sei, das zentral aufzufangen.

Er sei für eine dezentrale Lösung. "Ich bin der Meinung, dass der erste Schritt sein muss, die Banken von Assets zu entlasten." Eine Enteignung der Eigentümer, wie im Fall der angeschlagenen Hypo Real Estate (HRE) diskutiert, sollte möglichst vermieden werden und sei nur die "Ultima Ratio". Ackermann bekräftigte, die Deutsche Bank selbst brauche ein Vehikel wie eine "Bad Bank" nicht: "Wir würden uns selbstverständlich auch nicht an einer "Bad Bank" beteiligen."

Im Januar hatte die Bank bekanntgegeben, dass sie nach ersten Berechnungen für das vierte Quartal des vergangenen Jahres einen Verlust nach Steuern von 4,8 Milliarden Euro erwartet. Das Minus im Gesamtjahr werde bei voraussichtlich 3,9 Milliarden Euro liegen.

Dennoch schloss Ackermann bei einer Telefonkonferenz am 14. Januar Staatshilfen für die Bank erneut aus. Auch die diskutierte " Bad Bank" (wörtlich "schlechte Bank", die Risiken von Banken sammeln soll) sei "absolut nichts, was die Deutsche Bank braucht".

Ebenfalls im Januar hatte der Vorstandschef bereits eingeräumt, das extrem schwierige Marktumfeld habe einige Schwächen der Bank aufgezeigt. "Wir haben eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um diese Schwächen zu beheben. Die Umsetzung der Maßnahmen ist bereits im Gange", hatte Ackermann vor drei Wochen erklärt.

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