Deutsche Bank:Die Last mit den Laufkunden

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Teuer und billig: Wenn die Deutsche Bank bei der Postbank einsteigt, treffen Kulturen aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

H. v. d. Hagen

Am Anfang war das Sparbuch: Über viele Jahre gab es nur einen Grund, bei der Postsparkasse Kunde zu werden. Das blaue Heftlein, mit dem in vielen Staaten Europas Geld abgehoben werden konnte. Einfach so. Ohne Gebühren.

In Deutschland die Nummer eins: die Deutsche Bank. (Foto: Foto: ddp)

Das war erstaunlich in einer Zeit, in der es keinen Euro und keine Geldautomaten gab. Später, als die Postsparkasse längst Postbank geworden war, lockte das kostenlose Girokonto die Kunden herbei.

Immer schon also war die Postbank anders als andere Banken - günstiger und näher am Verbraucher.

Das war zum Teil gewollt, mehr aber historisch bedingt. Die Postbank konnte eben nur so sein, wie sie war. Anders wäre sie gescheitert.

Lange Jahre war die Königin des Zahlungsverkehrs nicht in der Lage, Kunden in Gelddingen zu beraten, Wertpapiere zu kaufen oder Kredite zu vergeben. Statt dessen: miefige Räume, fahles Licht, lange Schlangen.

Strotzendes Selbstbewusstsein

Dafür brachte sie die Discounter-Kultur ins Bankgeschäft, die sie bis heute lebt. Es funktioniert, weil sie knapp 15 Millionen Kunden hat.

Mittlerweile bietet die Postbank alles an, was auch die übrigen Kreditinstitute verkaufen. Ihr fehlt allerdings die bläuliche Arroganz der Deutschen Bank. Dort sind die Kunden "Private Clients", die Renditeziele straff und der Chef verdient so viel, dass die ganze Republik seinen Namen kennt.

Die Deutsche Bank pflegt zumindest nach außen hin die Kultur des strotzenden Selbstbewusstseins. Der Laufkunde passte da nicht hin: Er ist arbeitsaufwändig und galt lange als ertragsarm.

Sollten sich Deutsche Bank und Postbank einigen, werden zwei Unternehmenskulturen aufeinanderprallen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Teuer und billig, "Private Clients" und Laufkunden vereinigen sich unter einem Dach.

Darin unterscheidet sich dieser Zusammenschluss fundamental vom Zusammengehen der Institute Commerzbank und Dresdner Bank. Gilt dort: "Gleich und gleich gesellt sich gern", gilt bei der Deutschen Bank: "Gegensätze ziehen sich an."

Auf dem Papier passt dieses Prinzip zur Deutschen Bank: Die Einnahmen aus dem mächtigen, aber nervös schwankenden Investmentgeschäft der Deutschen Bank können durch die stetig tröpfelnden Erträge aus dem Privatkundengeschäft der Post wunderbar ergänzt werden. Risikostreuung nennt man das.

Aber so, wie es in der Liebe kein Patentrezept gibt, ist auch in der Wirtschaft nicht von vorneherein ein Prinzip dem anderen überlegen.

Denn um das Vorhaben zu verwirklichen, muss die Deutsche Bank zusammenbringen, was nicht von vorneherein zusammengehört.

Die Postbank wird nicht einfach nur ein weitererer Baustein im Portfolio der Deutschen Bank sein und weitermachen wie bisher - so wie die Norisbank, die das Institut 2006 von der DZ Bank kaufte.

Dazu ist die Postbank zu groß und das Kundenpotential zu wertvoll. Wer Anteile an einer derart großen Bank kauft, möchte und muss sie trotz der Kulturunterschiede umfassend in das bisherige Geschäft integrieren.

Auch dürfte sich die Deutsche Bank auf längere Sicht kaum mit dem behelfsmäßigem Filialbetrieb in den Poststellen zufriedengeben, wo sich die Kunden an der Warteschlange vorbei hinter die Sichtblenden quetschen. Das passt nicht zu einem Tochterunternehmen der Deutschen Bank.

Andererseits ist es undenkbar, dass die knapp 15 Millionen Postbank-Kunden in den Deutsche-Bank-Filialen aufkreuzen und dort betreut werden.

Höhere Erwartungen

Zudem wachsen seitens der Kunden die Erwartungen: Unter welchen Namen auch immer eine übernommene Postbank firmieren mag - sie ist "powered by Deutsche Bank" und muss entsprechend leistungsfähig sein. Schlechter Service fällt künftig auf die Deutsche Bank zurück - und nicht wie bisher auf überlastetes Postpersonal.

Wie also darf man sich die Deutsche Bank der Zukunft vorstellen? Die neue große deutsche Jedermannsbank? Oder wird es eine Deutsche Bank erster und zweiter Klasse geben? Bekommt die Bank 24 eine zweite Chance? Bislang ist nur bekannt, dass es eine Zwei-Marken-Strategie geben soll.

Nach der Finanzkrise hat die Deutsche Bank nun ihre nächste große Herausforderung - und der Laufkunde darf gespannt sein.

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