Der Fall Beiersdorf:Deutsche Bank gerät in die Kritik

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Das Institut gibt erst eine positive Analystenstudie heraus - und offeriert dann ein Aktienpaket im Auftrag der Stadt Hamburg.

Martin Reim, Harald Schwarz und Meite Thiede

Nach drei Jahren steigt die Stadt Hamburg wieder aus ihrem Engagement beim Beiersdorf-Konzern aus. Das Aktienpaket sei am Mittwoch komplett verkauft worden, teilte der Finanzsenator der Hansestadt, Michael Freytag (CDU) mit.

Die Deutsche Bank hatte am Vortag den Auftrag erhalten, die 25,2 Millionen Beiersdorf-Aktien zu Preisen von 48 bis 50 Euro zu platzieren. Nach Angaben von Freytag sind die Papiere zu einem Preis von je 48 Euro an Investoren aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den USA gegangen.

Insgesamt habe die Hansestadt mit dem Verkauf 1,21 Milliarden Euro erlöst. ,,Mit diesem Geld können wir nun den im Jahr 2003 aufgenommen Kreditzurückzahlen'', sagte der Finanzsenator. Abzüglich der Zinskosten habe die Stadt einen Gewinn von 7,8 Millionen Euro erzielt.

Investment auf Zeit

Die Stadt Hamburg hatte ihre Beteiligung an Beiersdorf stets als ein strategisches Investment auf Zeit betrachtet. Sie war Ende 2003 bei dem Konzern eingestiegen, um eine drohende Übernahme durch den amerikanischen Procter & Gamble-Konzern zu verhindern.

Der damalige Großaktionär Allianz hatte sich von seinem 43-Prozent-Paket trennen wollen und dabei auch mit dem amerikanischen Konzern intensiv verhandelt.

Kurz vor der Bekanntgabe der Platzierungsgeschäfte, die den Beiersdorf-Kurs gestern an der Börse unter Druck brachten, hatte die Deutsche Bank noch eine neue Analyse zu dem Kosmetikhersteller veröffentlicht.

"Auf jeden Fall unglücklich"

Darin hob das Institut sein Kursziel für Beiersdorf von 50 Euro auf 60 Euro an und betonte, die Aktie der Hamburger Firma sei weiterhin deutlich unterbewertet. Die Bank bekräftigte zudem ihre Kaufempfehlung für Beiersdorf-Anteile.

Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Platzierungsgeschäften und der Veröffentlichung der Analyse ist ,,auf jeden Fall unglücklich'', sagte ein Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf.

Die Vorgänge seien ,,von außen zwar schwer zu beurteilen'' und es könne sich auch um ein ,,zufälliges Ereignis'' handeln.Zudem würden die Banken immer wieder beteuern, ihre Abteilungen arbeiteten abgeschottet durch sogenannte Chinese Walls (wörtlich übersetzt: chinesische Mauern), also unabhängig voneinander.

Doch sei das Vorgehen der Deutschen Bank im Fall Beiersdorf ,,grundsätzlich nicht das, was man sich wünscht''. Ein Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) verwies auf einen ähnlichen Fall rund um die Deutsche Bank aus dem Jahr 2001.

"Routinemäßige Prüfung"

Damals hatte das größte deutsche Geldhaus eine Kaufempfehlung für die Telekom-Aktie bestätigt und einen Tag später im Kundenauftrag ein großes Aktienpaket an der Börse platziert. Das damalige Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel hatte aber keinen Rechtsverstoß erkennen können.

Eine Sprecherin des jetzigen Bundesamtes für Finanzdienstleistungsaufsicht sagte nun, im aktuellen Fall werde eine ,,routinemäßige Prüfung'' eingeleitet. Dies sei bei solchen Transaktionen wie bei Beiersdorf stets der Fall - unabhängig von einer eventuell ausgegebenen Aktienstudie.

Ein Sprecher der Deutschen Bank erklärte, sein Haus äußere sich prinzipiell nicht zu konkreten Fällen wie diesem. ,,Gehen Sie aber generell davon aus, dass die Compliance-Regeln eingehalten wurden.''

Bei der Deutschen Bank wie bei anderen Finanzinstituten soll die sogenannte Compliance-Abteilung überwachen, dass es zu keinen gesetzlich relevanten Interessenskonflikten innerhalb der Bank kommt.

© SZ vom 18.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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