Denkmalgeschützte Immobilien:Hässliche Entlein und schöne Schwäne

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Alte Häuser zu restaurieren, rechnet sich vor allem für Investoren. Wenn die Eigenheimzulage fällt, wird es eng für Selbstnutzer.

Von Heinz-Josef Simons

(SZ vom 26.9.2003) Für Gemütsmenschen mit einem Herz für alte Häuser ist es Liebe auf den ersten Blick - das villenartige Haus mit seinen Stuckdecken, der Gründerzeit-Fassade und einem technischen Standard, der die Bewohner beinahe ins 19. Jahrhundert versetzt. Keine Frage: Solche Häuser haben Charme und Charakter, sind aber oft in einem beklagenswert schlechten Zustand. Viel Geld, Geduld - und Liebe sind nötig, um den Oldie wieder in Schuss zu bringen, aus dem hässlichen Entlein einen wunderschönen Schwan werden zu lassen.

Mittlerweile keine Seltenheit mehr: Immer öfter kommen alte Wohnhäuser oder sogar ganze Straßenzüge unter die Obhut des Staates. Das erfüllt die meisten Eigentümer zwar mit Stolz, kann aber auch zum handfesten Problem werden. Denn ist das Prachtstück erst einmal geschützt, müssen Ämter und Behörden bei jeder baulichen Veränderung am Denkmal um Erlaubnis gefragt werden. Modernisiert werden darf erst, nachdem das Denkmalamt auf Grundlage des jeweiligen Landesgesetzes grünes Licht gegeben hat.

Wer aber den Bürokratenmarathon nicht scheut und die zum Teil komplexen rechtlichen Vorgaben des Denkmalschutzes durchschaut, wird den Kauf eines pflegeintensiven Objekts nur selten bereuen. Zwar kosten Modernisierung und Instandhaltung, wie der Landeskonservator sie vorschreibt, oft das Doppelte des Kaufpreises. Dafür werden Eigentümer mit Ausdauer und langem Finanz-Atem meist durch exquisite Wohn- und Lebensqualität belohnt. Und Immobilien-Anleger finden in der Regel problemlos nostalgisch angehauchte Mieter mit der Bereitschaft, für's einzigartige Wohnumfeld jeden Monat ein paar Hunderter mehr zu überweisen.

Formale Hürden

Prima ins persönliche Finanzierungskonzept passt, dass der Staat mit erheblichen Steuervergünstigungen gleichsam als Bauhandwerker tatkräftig mitmischt. So können Eigentümer die Kosten für den Erhalt denkmalgeschützter Objekte mit jährlich zehn Prozent steuersparend geltend machen. Außerdem beteiligen sich die Bundesländer - je nach Kassenlage - an Modernisierung und Instandhaltung. Aber: Da die Staatshaushalte unter akuter Schwindsucht leiden, können sich Denkmal-Käufer zumindest auf das Sprudeln der föderalen Geldquellen nicht eisern verlassen.

Dafür aber auf eine ganze Reihe von Steuervorteilen. Geld zurück vom Finanzamt gibt's aber nicht zum Nulltarif. Eigentümer müssen nämlich als erstes die eine oder andere formale Hürde überwinden. So benötigen Käufer mit Modernisierungsabsichten eine Bescheinigung von der örtlichen Denkmalschutzbehörde. Daraus muss die Notwendigkeit der geplanten Arbeiten und Ausgaben hervorgehen. Liegt ein solcher Bescheid erst einmal vor, hat man wenigstens beim Steuernsparen freie Bahn. Die Finanzverwaltung darf sich nämlich anschließend nicht unerwartet querstellen und gleichsam nach eigenem Gutdünken die steuerliche Denkmalförderung ablehnen, neu bestimmen oder mit zusätzlichen Auflagen versehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) urteilte unter dem Aktenzeichen IX R 42/94, dass die Bescheinigung der Denkmalbehörde bindend für das Finanzamt ist. Das gilt selbst bei einem falschen Grundlagenbescheid. Im BFH-Fall ging es nämlich um die Herstellungskosten eines Wintergartens, die ansonsten nicht im Rahmen des Denkmalschutzes begünstigt gewesen wären.

Das gilt für Vermieter: Für Modernisierung und Instandsetzung genehmigt das Finanzamt zehn Jahre lang jeweils zehn Prozent "Absetzung für Abnutzung" (AfA), so der Jargon. Die Folge: Eigentümer dürfen ihre Ausgaben für den Denkmalschutz während eines Jahrzehnts vollständig mit dem Fiskus abrechnen. Die Regeln, welche Ausgaben steuerrelevant sind, hat der Gesetzgeber ebenfalls vorgeschrieben. Danach sind nur solche Herstellungs- und Anschaffungskosten abschreibungsfähig, die via Bauarbeiten für den Gebäudeerhalt oder die sinnvolle Nutzung der Immobilie erforderlich sind. Gemeint ist damit die nachträgliche Anpassung an einen zeitgemäßen und wirtschaftlichen Wohnzustand, den der Oldie beim Kauf noch nicht hatte. Der Bundesfinanzhof hat aber auch festgelegt, welchen Aufwand das Finanzamt ignorieren darf.

Abstimmen mit Behörden

Dazu zählen die Gestaltung des Innenhofs und von Außenanlagen sowie die neue Errichtung einer Tiefgarage (AZ: II R 47/92). Öffentliche Zuschüsse für den Denkmal-Eigentümer werden allerdings von den Herstellungs- und Modernisierungskosten abgezogen. Entsprechend verringert sich die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung. Geringere Steuerersparnisse sind die Folge.

Damit der Denkmal-Käufer Förderung erhält, muss er alle Bauarbeiten mit den zuständigen Behörden abstimmen - und zwar bevor er loslegt. Da werden zum Beispiel voreilig Kunststofffenster für teures Geld, aber ohne amtliches Plazet gekauft. Mit der Folge, dass sie nach dem Willen des zuständigen Denkmalschützers nicht eingebaut werden dürfen. Der jeweilige Landeskonservator hat das letzte Wort. Er entscheidet über die Vorgaben, an die sich Modernisierer strikt halten müssen. Das betrifft auch Selbstnutzer: Der Gesetzgeber macht keinen Unterschied zwischen Baudenkmälern und Gebäuden in Sanierungsgebieten, für die ebenfalls eine hohe Sonderabschreibung gilt. Rechtliche Grundlage ist in beiden Fällen Paragraph 10f des Einkommensteuergesetzes.

Selbstnutzer dürfen die Kosten für Modernisierung und Instandhaltung auf zehn Jahre verteilt steuersparend geltend machen. Mit dem Unterschied, dass sie ihren Aufwand wie Sonderausgaben mit dem Fiskus abrechnen. Vermieter hingegen ziehen ihre Ausgaben von den Mieteinkünften ab. In punkto Steuerersparnis führt beides zum gleichen Ergebnis. Wie bei Anlage-Immobilien verringert sich auch bei selbst genutzten Objekten die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung um direkte öffentliche Zuschüsse aus den Länderkassen. Die Eigenheimzulage kürzt die Bemessungsgrundlage der Eigenheimzulage. Inzwischen gehen die Finanzämter allerdings zunehmend dazu über, ein Kumulierungsverbot zu unterstellen, also gar keine 10f-Abschreibung zuzulassen, wenn es schon Eigenheimzulage gibt. Beim Bundesfinanzhof ist ein Verfahren anhängig (Az. X R 19/02; Finanzgericht Sachsen, Urteil vom 11.4.02, Az. 2 K 1616/99).

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