Debatte um Leitzzinssenkung:EZB will Kurs der Fed nicht folgen

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Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, will nicht den Kurs der US-Notenbank einschlagen. Auch die britische Notenbank sprach sich gegen "aggressive" Zinsschritte aus. Der Euro legte in der Folge deutlich zu. Beide Banker warnten jedoch vor der Inflationsgefahr.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist offensichtlich nicht bereit, dem Zinssenkungskurs der US-Notenbank zu folgen. "Wir bewegen uns in einem anderen Umfeld. Wir haben andere Bedingungen zu meistern", sagte EZB-Präsdent der EZB, Jean-Claude Trichet, am Mittwoch vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments in Brüssel.

Die EZB hält den wichtigsten Leitzins vor allem wegen der hohen Inflation im Eurogebiet bei 4,0 Prozent stabil. Trichet sagte, die Wahrung der Preisstabilität sei die wichtigste Aufgabe der Frankfurter Zentralbank: "Die Bürger sind mit der heutigen Inflation nicht zufrieden."

"Eine Menge Hybris"

Auch der britische Notenbankchef Mervyn King sprach sich zudem gegen starke Zinssenkungen in Großbritannien aus. Es bestehe keine Notwendigkeit von "aggressiven" Zinsschritten nach dem Vorbild der US-Notenbank. Allerdings stellte er fest, dass die führenden Notenbanken der Welt es bisher nicht geschafft haben, die Krise an den Kapitalmärkten in den Griff zu bekommen. Die koordinierte Aktion von führenden Zentralbanken im März habe bisher nicht den gewünschten Erfolg gezeigt. Langfristig benötige der Bankensektor weiteres Kapital. Überhaupt müsse der Bankensektor weiter "sehr sorgfältig beobachtet werden", sagte King. Bei der Expansion der Finanzdienstleister habe sich eben "eine Menge von Hybris" entwickelt.

King warnte außerdem vor Inflationsgefahren in Großbritannien. In einer Rede vor einem Ausschuss des Parlaments prognostizierte King im laufenden Jahr einen Anstieg der Inflationsrate auf bis zu 3,0 Prozent. Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte sich die Teuerung dann aber wieder abschwächen. Erst im kommenden Jahr sollte eine sich abschwächende Konjunktur die Teuerungsrate wieder unter die angestrebte Zielmarke drücken, sagte King weiter.

EZB-Chef Trichet warnte für die Eurozone vor der Gefahr steigender Preise. Die Phase hoher Inflation werde länger dauern als ursprünglich erwartet. Für die EZB sei es nun entscheidend, Zweitrundeneffekte durch steigende Verbraucherpreise zu verhindern. Um die Glaubwürdigkeit zu sichern, sei es wichtig, angemessene Leitzinsen nur an der Preisstabilität zu orientieren. Die Unsicherheit für die Konjunktur sei außergewöhnlich hoch, betonte Trichet. Der Leitzins der EZB liegt seit Mitte 2007 bei vier Prozent, während die Notenbanken aus USA und Großbritannien seit der Finanzkrise ihre Geldpolitik gelockert haben.

Trichet äußerte sich außerdem erneut besorgt über die starken Kursausschläge an den Devisenmärkten. Übertriebene Schwankungen bei den Wechselkursen seien nicht wünschenswert für das Wirtschaftswachstum.

Zudem bekräftigte er seinen Standpunkt, dass er mit großer Aufmerksamkeit das Interesse der USA an einem starken Dollar zur Kenntnis genommen habe.

Euro legt deutlich zu

Der Euro legte am Mittwochmorgen deutlich zu. Am späten Vormittag kostete die Gemeinschaftswährung zeitweise bis zu 1,5729 Dollar und damit über einen Cents mehr als im späten US-Geschäft am Vortag. Börsianer verwiesen zur Begründung der Kursgewinne auf den Ifo-Index, der überraschend stark ausgefallen war und damit Konjunktursorgen in Deutschland zerstreute, und auch auf die Aussagen Trichets, die dem Euro geholfen hätten, wie Analysten sagten.

"Genau wie auf der letzten Pressekonferenz betont Trichet die Inflationsrisiken - damit gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass von Seiten der EZB eine schnelle Zinssenkung ansteht. Das hat der Markt umgesetzt", sagte Devisenanalyst Jens Lüders von der FX Direktbank. Schon bald könne der Euro nun wieder sein Rekordhoch bei knapp über 1,59 Dollar erreichen. "Das kann jetzt relativ schnell gehen", sagte Lüders. "Die charttechnischen Widerstände, die sich dem Euro auf dem Weg dahin in den Weg stellen, sind extrem schwach."

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