Credit Default Swaps:Brandbeschleuniger am Pranger

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Sie gelten als Massenvernichtungswaffe für Geld und Mitursache für die Krise: Credit Default Swaps. Die US-Regierung ermittelt gegen Spezialisten für diese Derivate.

M. Koch

Massenvernichtungswaffen nannte sie der legendäre Investor Warren Buffett. Credit Default Swaps (CDS) gelten als Brandbeschleuniger der globalen Finanzkatastrohe, mit ihnen stürzte sich der einst weltgrößte Versicherer AIG ins Verderben.

Die Finanzkrise verbrannte Milliarden und Derivate namens Credit Default Swaps fachten das Feuer an. Das komplexe Finanzprodukt birgt ein hohes Risiko - dennoch wurde es mit gigantischen Summen gehandelt. Das Unternehmen Markit beherrschte den Markt - jetzt wird es unter die Lupe genommen. (Foto: Foto: istock)

Nun untersucht das amerikanische Justizministerium den Einsatz und die Verbreitung der heimtückischen Wertpapiere. Die Abteilung für Monopolbekämpfung leitet die Ermittlungen.

Sie konzentriert sich auf das Unternehmen Markit Group Holdings und seine wichtigsten Eigentümer, Großbanken wie J.P. Morgan, Citigroup, UBS und Goldman Sachs. Auch die Deutsche Bank ist an Markit beteiligt. Die Finanzinstitute sind aber nicht nur Eigentümer, sondern auch die wichtigsten Handelshäuser für CDS-Papiere.

Das amerikanische Justizministerium fordert Details über Markits Eignerstruktur und die Daten, die die Banken dem Unternehmen zur Verfügung stellen. Markit bestätigte die Untersuchung in einer knappen Mitteilung. "Wir haben von der Ermittlung des Justizministeriums über Kreditderivate und mit ihnen verbundene Märkte erfahren", hieß es darin.

Obskurer Handel "über den Tresen"

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf den obskuren Handel mit hochkomplexen Finanzinstrumenten. Credit Default Swaps wurden bisher nicht auf einem regulierten Markt vertrieben, sondern von Banken und Investmenthäusern "über den Tresen" verkauft. Markit dominiert das globale Geschäft mit Informationen über Preise, Gebühren und Handelsvolumen der Swaps.

Credit Default Swaps dienen Gläubigern als Versicherung gegen Firmeninsolvenzen. In den Jahren vor der Finanzkrise war der Markt für Derivate wie diese jedoch fast exponentiell gewachsen, sein geschätztes Volumen überstieg zeitweise das Weltsozialprodukt.

Aus den Versicherungsscheinen waren Zockerpapiere geworden. Wer glaubte, ein bestimmtes Unternehmen werde in Zahlungsschwierigkeiten geraten, deckte sich billig mit Swaps ein. Kam es tatsächlich zur Insolvenz, schoss ihr Preis nach oben.

Selbst Insider verloren den Überblick

So groß die möglichen Gewinne mit Swaps waren, so verborgen blieb der Handel mit ihnen. Wer welches CDS-Papier hielt, war nur Insidern bekannt - und selbst die verloren den Überblick über die Risiken, die sie eingingen, wie der Absturz von AIG gezeigt hat.

Markit nistete sich im Zentrum dieses Schattenreichs ein. Sein Hauptquartier schlug das Unternehmen in London auf. Markit sammelt die Informationen über die Handelsaktivitäten der Großbanken und anderer Investmenthäuser und stellt sie am nächsten Morgen seinen Klienten, etwa Hedgefonds, zur Verfügung.

Konkurrenten klagen darüber, dass sie nicht gegen die Marktmacht von Markit und die enge Verflechtung des Unternehmens mit den Großbanken ankämen. Eine andere oft vorgetragende Beschwerde lautet, dass Markit die Banken davon abhält, konkurrierende Produkte anzubieten, was den Preis für Credit Default Swaps gesenkt hätte.

Welche Gründe das Justizministerium für seine Untersuchung hat, ist bislang unbekannt. Da aber die Abteilung für Monopolbekämpfung die Ermittlungen leitet, bezieht sich der Verdacht wohl nicht auf Marktmanipulation, sondern auf Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht.

Die Untersuchungen sind jedoch nicht die einzige Maßnahme der neuen Regierung in Washington, die Markit fürchten muss. Sollte sich Finanzminister Timothy Geithner mit seinen Vorschlägen zur strengeren Regulierung der Wall Street durchsetzen, wäre Markits Geschäftsmodell in großen Teilen obsolet. Der Handel mit Swaps würde an eine Börse verlegt, und Informationen wären allgemein zugänglich.

© SZ vom 16.07.2009/kfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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