Chronik des Versagens:Mit Chrysler das Verlieren lernen

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"Meine Frau lässt sich scheiden. Meine Freundin ist schwanger. Mein Sohn ist von der Uni geflogen. Und jetzt bin ich auch noch zum Vice President bei Chrysler ernannt worden." Schon in der sechziger Jahren war Chrysler Gespött der Nation.

Der 1923 vom deutschstämmigen Walter P. Chrysler gegründete US-Autobauer Chrysler wird von amerikanischen Automobilexperten gern als Achterbahn (Roller Coaster) bezeichnet.

In der Geschichte des Konzerns ging es immer dramatisch auf und ab - daran hat bislang auch der Einstieg von Daimler-Benz in Stuttgart 1998 nichts geändert.

Besonders heftig waren die Ausschläge nach dem 2. Weltkrieg. "Meine Frau lässt sich scheiden. Meine Freundin ist schwanger. Mein Sohn ist von der Uni geflogen. Und jetzt bin ich auch noch zum Vice President bei Chrysler ernannt worden", kursierte im Detroit der 60er Jahre ein Witz über das damalige Image von Chrysler.

Kleine Helden

Im Gegensatz zu General Motors und Ford trafen die konjunkturellen Ausschläge Chrysler bislang immer härter. Dafür wurden Chrysler-Manager bisweilen auch zu Helden.

Lee Iacocca kam 1978 von Ford und schaffte bei der verlustreichen Nummer drei der US-Autoindustrie unter anderem mit dem völlig neuen Minivan für die ganze Familie samt Freizeitzubehör die Wende. Iacocca wurde zum Manager-Star, dessen Autobiografie die Bestsellerlisten anführte. Doch auch sein Ruhm verblasste schnell, als 1991 ein Verlust von knapp 800 Millionen Dollar in den Büchern stand.

Der neue Starmanager bei Chrysler hieß danach Bob Lutz. Der aus der Schweiz stammende Amerikaner schaffte in den 90er Jahren das, was ihm bis heute bei GM nicht recht gelingen will: Mit innovativen Produkten und dem Kauf der Marke Jeep erzielte er Gewinn und Anerkennung für Chrysler.

Als Daimler-Benz 1998 mit Chrysler fusionierte, stelle sich schon nach wenigen Monaten heraus, dass der US-Autobauer keine guten Produkte in der Pipeline mehr hatte und zu teuer produzierte. Erneute Verluste riefen die Retter aus Deutschland auf den Plan.

Dieter Zetsche und Wolfgang Bernhard ersetzten die Chrysler-Bosse, schlossen ab 2000 etliche Fabriken und strichen 26.000 Stellen. Wegen der Erfolge der Chrysler-Sanierung wurde Zetsche 2005 zum Nachfolger von Konzernchef Jürgen Schrempp erkoren. Bernhard schied zuvor im Streit mit Schrempp aus, Ende Januar 2007 verließt er dann auch den VW-Vorstand. Er arbeitet gegenwärtig für den Finanzinvestor Cerberus, der Interesse an Chrysler haben soll.

2006 ging die Chrysler-Achterbahnfahrt wieder abwärts - eine Milliarde Euro Verlust entstanden vornehmlich wegen der Überproduktion von spritfressenden Trucks und SUVs (leichte Geländewagen).

Keine große Änderung erwartet der Autoexperte Professor Wolfgang Diez: "Chrysler wird eine Dauerbaustelle bleiben."

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