Bundestag verabschiedet Gesetz:Verbraucher sollen besser informiert werden

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Bei Lebensmittelskandalen und Unregelmäßigkeiten bei Alltagsprodukten sollen die Bürger künftig schneller und umfassender informiert werden. Die Opposition sieht das neue Regelwerk allerdings eher als "Informationsvermeidungs-Gesetz".

Sieben Monate nach dem Einspruch von Bundespräsident Horst Köhler hat der Bundestag ein neues Verbraucherinformationsgesetz verabschiedet. Bei Lebensmittelskandalen - etwa wenn Gammelfleisch im Umlauf ist - soll den Bürgern damit ein besserer Zugang zu Behördeninformationen verschafft werden.

Wird Gammelfleisch gefunden, soll der Verbraucher künftig besser informiert werden (Foto: Foto: AP)

Mit dem Gesetz sollen die Bürger erstmals bundesweit ein Recht auf Auskunft von den Gemeinden über bestimmte Lebens- und Futtermittel, Kosmetika, Spielzeug und Textilien erhalten. Das Gesetz verpflichtet die Behörden, von sich aus über Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittelrecht zu informieren.

Nach Ansicht von Verbraucherverbänden und der Opposition, die geschlossen gegen das Gesetz stimmte, gehen die Regelungen allerdings nicht weit genug. "Das ist ein Informationsvermeidungs-Gesetz", sagte Grünen- Fraktionsvize Bärbel Höhn der Nachrichtenagentur dpa. "Für die meisten Produkte und Leistungen gilt das Gesetz gar nicht. Und wo es gilt, sind Ausnahmen schon fast die Regel."

Der FDP-Abgeordnete Hans-Michael Goldmann sprach von einem Rückschritt für die Verbraucher, weil es zu viele Gründe für eine Verweigerung der Auskunft gebe.

"Verbraucher weiterhin machtlos"

Die große Koalition verteidigte das Gesetz. "Die Auswirkungen eines neuerlichen Diskussionsprozesses sind für die Verbraucher in unserem Land fatal", warnte CDU-Verbraucherpolitikerin Ursula Heinen. Das Gesetz erfasse die wichtigsten Produkte im Alltag. Zudem werde es in zwei Jahren überprüft.

Die SPD trägt das Gesetz mit, hätte sich aber schärfere Regelungen gewünscht. Unter anderem wollte sie die Informationspflichten auf weitere Produkte und Dienstleistungen ausweiten und Unternehmen zur Preisgabe ihnen vorliegender Informationen verpflichten.

Fraktionsvize Ulrich Kelber sagte Reuters, die SPD setze zur Durchsetzung ihrer Forderungen nun auf die vereinbarte Überprüfung des Gesetzes in zwei Jahren.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hält das Gesetz für nutzlos. Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt kritisierte, die Ausnahmen für betroffene Unternehmen seien zu groß. Damit seien die Verbraucher weiter machtlos gegen Betrug.

Skeptische Stimmen

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisierte, es gebe im Gesetz "eine ganze Menge Mängel". So gelte es nur für Lebensmittel und wenige Bedarfsgegenstände. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte darüber hinaus einen umfassenden Schutz von Informanten, die Verstöße melden.

Skeptische Stimmen gibt es auch in der Union. Der Vorsitzende der Verbraucherministerkonferenz der Länder, Peter Hauk (CDU), forderte zügige Änderungen zu Gunsten der Verbraucher. "Ein höherer Strafrahmen und eine Meldepflicht für Lebensmittel-Unternehmen sind noch offen", sagte der baden-württembergische Landesminister. Zudem müsse die Namensnennung beschleunigt werden.

Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hatte das Gesetz nach dem Stopp durch den Bundespräsidenten rechtlich präzisiert. Köhler hatte es für verfassungswidrig gehalten, mit einem Bundesgesetz den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben zu übertragen.

In dem neuen Entwurf sind nun die Länder zwischengeschaltet, die den Kommunen Aufgaben zuweisen können. Der Deutsche Landkreistag sieht seine Einwände ausgeräumt. Die Länder könnten die Kommunen in die Pflicht nehmen, müssten aber auch Kosten erstatten.

Mehr Geld für Lebensversicherungs-Kunden

Neben den Verbrauchern erhalten auch die Versicherten in Deutschland künftig wesentlich mehr Rechte. Speziell Kunden von Lebensversicherungen werden in den nächsten Jahrzehnten auch höhere Erträge aus ihren Policen erzielen. Das sind die Kernpunkte der Reform des 99 Jahre alten Versicherungsvertragsgesetzes, das der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen verabschiedet hat.

Die Lebensversicherungs-Kunden erhalten voraussichtlich mehr Geld, weil sie künftig an den so genannten stillen Reserven der Unternehmen beteiligt werden müssen. Das war bislang nicht der Fall und soll sich auch für bestehende Verträge ab Januar 2008 ändern.

In stillen Reserven parkten Unternehmen bislang Gewinne, ohne die Versicherten daran teilhaben zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Nicht-Berücksichtigung aber bereits vor zwei Jahren moniert und eine Nachbesserung verlangt.

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