Brandenburg hofft auf den Boom:China soll's richten

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Oranienburg plant die erste "Chinatown" Deutschlands - bewohnt von Exil-Chinesen. Befürworter sehen ihre Stadt schon als wichtige Drehscheibe zwischen Ost und West, Gegner fürchten ein "Ghetto" und ein "Disneyland".

Ob Cargolifter oder Chipfabrik - die Liste der gescheiterten Großprojekte in Brandenburg ist lang. Die Stadt Oranienburg nördlich von Berlin aber lässt sich nicht unterkriegen - die Stadtverordneten stellten nun die Weichen für ein weiteres wagemutiges Vorhaben: Für 500 Millionen Euro wollen die Kleinstädter die erste "Chinatown" in Deutschland bauen, auf einem brach liegenden alten Flugplatz am Ortsrand.

Nach dem Votum des Stadtparlamentes kann nun ein Bebauungsplan erarbeitet werden. Wenn alles nach den Vorstellungen der Projektentwickler geht, könnten schon im Herbst 2008 die Bagger anrollen. Dann sollen auf dem fast 80 Hektar großen Areal, auf dem derzeit nur ein alter Flugplatzturm mit leeren Fensterhöhlen vor sich hin bröckelt, fernöstliche Teehäuser, Pagoden, Restaurants, ein Kulturpalast, etwa 2000 Wohnungen und ein asiatischer Park entstehen.

"Beherzt diese Chance ergreifen"

Sogar eine begrünte chinesische Mauer mit zwei Stadttoren rund um das neue Viertel ist vorgesehen. Bevölkert werden soll der neue Stadtteil von in Deutschland lebenden Chinesen, für etwa 2000 wäre Platz.

Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke schwärmt bereits, Oranienburg könne zu einer Drehscheibe zwischen China und Europa werden. "Wir sollten beherzt diese Chance ergreifen", sagt der SPD-Politiker. Allerdings leben selbst in der benachbarten Millionenmetropole Berlin dem Statistischen Landesamt zufolge nur rund 5700 Chinesen. Zudem sorgt die geballte Zuwanderung auch unter den 41.000 Oranienburgern für geteilte Meinungen.

Der CDU-Fraktionschef im Stadtparlament, Friedrich Seifert, warnt zudem vor einer "Stadt neben der Stadt". Zudem berge ein solches "Disneyland"unkalkulierbare Risiken und verhindere Industrieinvestitionen auf dem ehemaligen Flugplatz. Die freilich hat es seit Abzug der russischen Truppen 1993 nicht gegeben, weshalb Bürgermeister Laesicke lieber auf die Chancen des Projekts verweist.

Junge Leute könnten in Oranienburg chinesisch lernen und so fit gemacht werden für den Markt der Zukunft, sagt er. Außerdem würden Touristen angelockt. Michael Reiß von der China Projektmanagement GmbH, die für das Vorhaben Investoren im Reich der Mitte sucht, betont aber, es werde weder ein "Disneyland" noch ein chinesisches Ghetto gebaut.

Immerhin verhandelt die landeseigene Brandenburgische Boden Gesellschaft, die brach liegende ehemalige Militärgelände verwaltet, bereits mit den Initiatoren der Chinatown über einen Verkauf der Liegenschaft. Das Projekt werde als seriös eingeschätzt, weshalb ihm gegenüber anderen Plänen für das Gelände der Vorzug gegeben worden sei, heißt es.

Fließen Flop-Fördermittel?

Mit Fördermitteln allerdings ist Brandenburg nach den millionenschweren Flops von Chipfabrik bis Lausitzring vorsichtig geworden. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums erklärt nur, das Haus sei bisher überhaupt nicht in die Oranienburger Planungen einbezogen.

Das Potsdamer Infrastrukturministerium stellt klar, dass Wohnungsbau nur noch in den Innenstadtbereichen subventioniert wird. Auch die Landesplanungsbehörde muss dem Projekt noch zustimmen. Bürgermeister Laesicke hält die Risiken für überschaubar. Die Stadt müsse kein Eigenkapital zuschießen, betont er.

Stattdessen könne sie den neuen Ortsteil aktiv mit gestalten und etwa darauf achten, dass den Händlern in der Innenstadt keine übermächtige Konkurrenz auf der grünen Wiese erwachse. Die größten Risiken lägen dagegen bei den Investoren. Und falls nur eine weitere Investitionsruine entstünde, würde sich das Gelände kaum vom derzeitigen Zustand unterscheiden.

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