Branchenexperte im Gespräch:"Spezielle Risiken"

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Worauf zu achten ist, wenn man jetzt eine Immobilie kaufen will, erklärt Tobias Just, Leiter der Branchen- und Immobilienmarktanalyse der Deutschen Bank.

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SZ: An vielen ausländischen Immobilienmärkten sind die Preise dramatisch eingebrochen. Deutschland dagegen ist glimpflich davongekommen.

Just: Das stimmt. Im vergangenen Jahr sind die Preise für Immobilien hierzulande im Durchschnitt sogar leicht gestiegen. Allerdings ist der Markt sehr zerklüftet. In einigen Gegenden sind Wohnungen und Häuser teurer geworden, in anderen Regionen haben sie dagegen an Wert verloren.

Die Wertentwicklung in deutschen Städten lag in den vergangenen drei Jahren zwischen minus vier Prozent und plus vier Prozent. Manchmal klafft die Wertentwicklung sogar am selben Ort auseinander. So ging es in der Stadt Berlin bei den Preisen für Eigenheime deutlich nach oben, die Preise für Bestandswohnungen blieben jedoch konstant.

SZ: Steht Deutschland noch ein Preisrutsch bevor?

Just: Ich vermute, dass die Lage auch in diesem Jahr weitgehend stabil bleiben wird und glaube weiterhin nicht, dass man mit nennenswerten Verlusten rechnen muss. Es kann höchstens in einzelnen strukturschwachen Gebieten zu Problemen kommen. Denn Gegenden wie Nordhessen, Oberfranken und manche Innenstädte des Ruhrgebiets waren etwa schon in Boom-Zeiten recht schwierige Märkte. Das wird sich natürlich während der Rezession nicht ändern. Dort dürften die Preise auch weiterhin unter Druck bleiben.

SZ: Manche Sparer überlegen ihr Geld in Immobilien anzulegen, weil sie mit einer Geldentwertung rechnen. Merkt man davon inzwischen etwas?

Just: Das Interesse ist zweifellos vorhanden. Allerdings sind andere potentielle Käufer verunsichert, weil sie sich um ihren Arbeitsplatz sorgen. Deren Interesse an einem Hauserwerb lässt also deshalb eher nach. Daher rechne ich insgesamt nicht mit einem Anstieg bei den Käufen.

SZ: Ist es überhaupt sinnvoll, sich aus Angst vor einer Inflation ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen?

Just: Man sollte vorsichtig mit dem Inflationsargument sein. Es gibt zwar zahlreiche Studien und Untersuchungen zu dem Thema, aber keine wirklich befriedigenden Ergebnisse. Hinzu kommt, dass das regionale Risiko einer Immobilieninvestition natürlich bleibt. Man denke doch nur an die neunziger Jahre in Deutschland. Da haben einige Immobilien im Osten 40 Prozent an Wert verloren.

Immobilien bergen immer auch spezielle Risiken. Das erleben die Eigentümer in anderen Ländern gerade. Immerhin: Wer sein Geld langfristig in Häuser und Wohnungen investiert, hat häufig eine bessere Rendite erzielt als die allgemeine Teuerung. Für kurzfristige Käufe gilt dies nicht so häufig.

SZ: Nehmen wir an, jemand möchte sein Geld langfristig in Immobilien anlegen. Worauf sollte er vor allem jetzt beim Kauf achten?

Just: Zunächst einmal sollte die Immobilie in einem Ballungsraum hinreichend zentral liegen. Es ist außerdem wichtig, dass verschiedene Wirtschaftsbranchen dort ansässig sind. Das mindert die Risiken eines Strukturwandels. Zudem sollte die Immobilie flexibel nutzbar sein, so dass sie für die demographischen Veränderungen und die energetische Erneuerung umgebaut werden kann.

Bedacht werden muss weiter, dass Regionen mit einem sehr hohen Industrieanteil von der aktuellen Rezession besonders schwer getroffen sind. Wer selbst in die Immobilie einzieht, sollte am besten zusätzlich prüfen, ob es an dem Standort noch andere mögliche Arbeitgeber gibt.

SZ: Und mit welcher Art von Immobilien kommt man denn am besten durch die Krise?

Just: Die Zahl der Haushalte wächst weiter. Das heißt, auch die Nachfrage nach Wohnungen nimmt weiter zu. Auf der anderen Seite geht das verfügbare Einkommen zurück. Zwangsläufig werden viele Interessenten daher eher nach kleineren Wohnungen Ausschau halten. Luxusimmobilien lassen sich während der Krise vermutlich nicht mehr so leicht verkaufen.

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