Bonuszertifikate:Teures Sicherheitspolster

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Ein Risikopuffer, eine attraktive Rendite auch bei richtungslosen oder leicht fallenden Märkten sowie unbegrenzte Gewinnchancen bei steigenden Kursen - all dies versprechen Bonuszertifikate. Doch die Sicherheit kostet Geld.

Heinz-Josef Simons

Der Fondsbranche in Deutschland wird allmählich mulmig. Denn in nur wenigen Jahren ist mit den Zertifikaten ein Konkurrenzprodukt zu den Fonds erwachsen, das die Investmenthäuser lange nicht ernst genommen haben.

Bonuszertifikate sind inzwischen ein ernst zu nehmendes Konkurrenzprodukt zu Fonds. (Foto: Foto: ddp)

Inzwischen können sie den Siegeszug der Zertifikate kaum noch ignorieren, von denen es von Woche zu Woche mehr Varianten gibt. Egal, was die Anleger wollen, es gibt dafür das passende Produkt - und falls nicht, wird es schnell auf den Markt gebracht.

Große Vielseitigkeit

"Diese innovativen Finanzinstrumente zeichnen sich vor allem durch ihre Vielseitigkeit aus", sagt Zertifikate-Stratege Dirk Heß vom Emissionshaus Goldman Sachs. Anleger können inzwischen Garantie- und Bonuszertifikate, Discount- oder Express-Zertifikate kaufen.

Jedes hat spezifische Eigenschaften, in alle zusammen haben die Deutschen nach den Zahlen des Branchenverbandes Derivate Forum am Ende des ersten Halbjahres 2006 etwa 96 Milliarden Euro investiert gehabt.

Eine interessante Variante sind die Bonuszertifikate. Auf diesen Typ entfallen nach Angaben des Derivate Forums 18,2 Prozent des Gesamtmarktes, mehr Marktanteil hatten mit 44,2 Prozent nur die Garantiezertifikate (Tabelle).

"Bonuszertifikate sind die bessere Aktie"

"Der Erfolg der Bonuspapiere ist auf ihre Vielseitigkeit zurückzuführen. Denn sie sind gleich in verschiedenen Börsenlagen einem direkten Investment in eine Aktie oder in einen Index überlegen", sagt Ralph Stemper, der bei der Commerzbank in Frankfurt für derivative Anlageprodukte zuständig ist. "Eigentlich ist das Bonuszertifikat die bessere Aktie", sagt Roland Lang, Zertifikate-Stratege bei der Citigroup.

Bonuszertifikate haben im Prinzip drei Merkmale: Ein Risikopuffer bewirkt, dass das eingesetzte Kapital zumindest teilweise abgesichert ist. Außerdem hat der Anleger eine Chance auf eine Extra-Rendite bei Fälligkeit des Zertifikats.

Und schließlich nimmt er in der Regel komplett an den Kurssteigerungen des zugehörigen Basiswertes teil. Basiswert für Zertifikate können Indizes wie der deutsche Leitindex Dax sein, aber auch ein Einzelaktie wie die von Siemens oder der Deutschen Telekom.

Ein Beispiel: Ein bestimmtes Bonuszertifikat auf die Aktie des weltweit größten Chemiekonzerns BASF bietet eine Teilabsicherung bis zu einem Kursniveau von 50 Euro. Falls der Dax-Titel während der bis Dezember 2009 dauernden Laufzeit des Zertifikats nie auf oder unter diese Sicherungsgrenze fällt, erhält der Anleger mindestens den Kurswert plus Bonusbetrag.

(Foto: Foto: ddp)

Die Summe beträgt 89 Euro. Die Folge: Der Investor, der das Bonuspapier zu einem Preis von 64 Euro erwirbt, kann einen Gewinn von 39 Prozent erzielen, falls die Sicherheitsbarriere unverletzt bleibt. Steigt der Preis der Aktie über das Bonuslevel von 89 Euro - beispielsweise auf 100 Euro - nimmt der Käufer des Zertifikats komplett an den Preissteigerungen teil.

Bei Unterschreiten der Sicherheitsgrenze droht der Verlust des Teilschutzes

"Sollte allerdings die Aktie unter die besagte Sicherheitsgrenze rutschen, geht der Teilschutz verloren. Und die Chance auf die Bonuszahlung verfällt", sagt Commerzbank-Mann Stemper. Die Konsequenz: Der Anleger bekommt dann bei Fälligkeit des Zertifikats entweder die Aktien geliefert, auf deren Wertentwicklung sich das Zertifikat bezieht, oder den aktuellen Kurs des Basiswertes in bar ausgezahlt.

Was die reine Kursentwicklung angeht, ist das Bonuszertifikat also nie schlechter gestellt als die Aktie. Allerdings ist die Rendite nur dann gleich, wenn der Preis von Aktie und Zertifikat zum Kaufzeitpunkt identisch sind.

Kommt es zu einem dramatischen Einbruch an der Börse, bekommt der Zertifikate-Investor Aktien geliefert und erreicht die gleiche Wertentwicklung wie ein Aktionär. Auch bei einem Kursanstieg über den Bonuslevel hinaus ist die Kursentwicklung gleich.

Starke Kursanstiege ohne Limit mitmachen

Damit haben Bonus-Zertifikate eine gewisse Nähe zu den so genannten Discount-Papieren, die vor allem bei einem seitwärts gerichteten oder leicht schwächeren Börsentrend attraktive Renditen versprechen. Der Unterschied allerdings: "Während bei Discount-Zertifikaten die Gewinnchancen aufgrund des so genannten Caps begrenzt sind, machen die Inhaber von Bonus-Papieren starke Kursanstiege ohne Limit mit", sagt Dirk Heß von Goldman Sachs.

Entwickelt sich der Kurs einer einem Zertifikat zugrunde liegenden Aktie während der Laufzeit eines Bonus-Zertifikats allerdings seitwärts, fällt moderat oder steigt leicht, spielt das Zertifikat seine Stärken aus. "In diesem Fall nämlich erhält der Anleger den Bonusbetrag und erreicht so eine spürbar höhere Rendite als der Aktienkäufer", sagt Roland Lang von der Citigroup.

Aber natürlich haben aber auch Bonus-Zertifikate ihre Schwächen. Wer als Anleger Fonds oder Aktien kauft, hat neben den möglichen Kursgewinnen eine weitere Einnahmequelle: die Dividenden, also jene Gewinnbeteiligungen, die die Unternehmen regelmäßig auf den Hauptversammlungen beschließen und an ihren Eigentümern überweisen.

Solche Ausschüttungen bleiben den Käufern der meisten Bonuszertifikate vorenthalten. Der Emittent, also die Bank oder ein Investmenthaus als Anbieter eines Zertifikats, benutzt die Gewinnbeteiligung, um den Teilschutz und den Bonus für die Anleger zu finanzieren. Die beiden Vorteile der Bonus-Zertifikate gibt es demnach nicht kostenlos.

Sicherheitsnetz contra Gewinnbeteiligung

Bei dem Beispiel BASF-Bonuszertifikats, dessen Laufzeit im Dezember 2009 endet, würden dem Anleger gleich drei Dividendenzahlungen entgehen. Der Investor sollte deshalb genau überlegen, ob er lieber Gewinnbeteiligungen kassieren möchte oder - über eine Teilabsicherung mit Bonuschance - eine Art Sicherheitsnetz einziehen will.

Systembedingt bieten Aktien mit absolut hohen Dividendenrenditen auch die attraktivsten Konditionen im Hinblick auf Bonus und Teilschutz. Vergleichbares gilt für eine lange Zertifikat-Laufzeit. Dann nämlich kann der Emittent eines Bonuszertifikats die Dividenden gleich mehrere Jahre für die Finanzierung der Zertifikate-Struktur nutzen.

Ob sich Anleger für defensive oder offensive Bonuspapiere entscheiden, ist letztlich Geschmackssache. Zertifikate mit dickem Risikopolster bieten einen kleineren Bonus als vergleichbare Papiere mit geringerem Schutz. Und die Höhe des Sicherheitspolsters kann schnell wichtig werden, denn wie schnell es aufgebraucht sein kann, zeigt das Beispiel Deutsche Telekom.

Negativbeispiel T-Aktie

Ende vergangenen Jahres notierte die T-Aktie noch bei mehr als 15 Euro. Inzwischen ist der Titel deutlich unter elf Euro gerutscht. Auch das Allzeittief bei einem Aktienkurs von weniger als neun Euro geriet in bedrohliche Nähe. Die Folge: Seit dem Kursabsturz der T-Aktie wurden bei vielen Bonuspapieren die Sicherheitsbarrieren durchstoßen.

Der Teilschutz und auch die Bonuschancen sind für die Anleger seitdem verloren, und als Zertifikate-Investoren müssen sie zudem auf die Dividenden verzichten.

Bonuszertifikate gibt es nicht nur auf Einzelwerte, sondern - und zwar immer häufiger - auch auf Aktienindizes und Rohstoffe. Zweifellos bieten sie eine Menge Vorteile, vor allem gegenüber Direkt-Investments, trotzdem sollten Anleger auch hier stets vorsichtig agieren. Denn wie bei der T-Aktie können auch bei anderen Basiswerten schnell Verluste eintreten.

© SZ vom 15.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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