Börse:Das goldene Rätsel

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Die Börsen taumeln - da müsste Gold im Wert steigen. Doch nichts passiert mit dem Edelmetall. Für manche ist das ein Zeichen, dass die Angst vor einer globalen Finanzkrise weit übertrieben ist.

Ansgar Siemens

Die US-Hypotheken-Krise hat für eine Lawine gesorgt: Börsen taumeln, Banken schließen Fonds, Notenbanken schleusen Milliarden in die Märkte. Erst am Montag hat die Europpäische Zentralbank 47 Milliarden Euro zur Stützung nachgeschossen. Die Angst vor einer globalen Finanzkrise geht um. "Wir bekommen einen Crash", sagte jüngst der renommierte Finanzprofessor Wolfgang Gerke im Gespräch mit sueddeutsche.de.

Ein Händler an der Wall Street zeigt sich besorgt über die Kursturbulenzen an der Börse. (Foto: Foto: dpa)

Seit Mitte Juli verlor der deutsche Leitindex Dax 8,8 Prozent. An der Wall Street gab der Dow Jones, an Bord die 30 wichtigsten Aktiengesellschaften der USA, um 4,8 Prozent nach. Mehrere Immobilienfonds, milliardenschwer, sind am Ende. Sie hatten in schwach besicherte Hypotheken investiert.

Laut Lehrbuch der Ökonomen sind Krisen an der Börse glänzende Zeiten für Gold. Weil das Edelmetall einen Wert an sich verbürgt, gelten die Unzen (31,10 Gramm) als sicherer Hafen. Den steuern Investoren immer dann an, wenn es stürmisch wird auf hoher See.

In der aktuellen Krise aber scheint die Lehrbuch-Weisheit nicht zu gelten. Seit dem 16. Juli, dem ersten Tag der Turbulenzen, stieg der Goldpreis um weniger als ein Prozent. Die Unze kostet im Moment etwa 670 US-Dollar. Als die Börsen zu wanken begannen, kam der Goldpreis sogar vorübergehend unter Druck.

"Ein Rätsel"

Für Peter Schiff, Chef des US-Brokers Euro Pacific Capital, ist der stabile Goldpreis "ein Rätsel". Es seien "eigentlich ideale Bedingungen für Gold", sagte Schiff der Nachrichtenagentur Bloomberg. Seine Erklärung: "Offenbar herrscht eine Menge Gleichgültigkeit am Markt. Die Menschen sind noch nicht panisch."

Ist die Furcht vor einer globalen Finanzkrise also weit übertrieben? Zeigt der stabile Goldpreis, dass die Investoren viel gelassener sind als es den Anschein hat? Ist alles halb schlimm?

Offenbar ist der Leidensdruck noch nicht hoch genug. Rohstoffanalyst Eugen Weinberger von der Commerzbank: "Wenn die Inflationsraten auf fünf Prozent und darüber steigen, wird es einen Grund geben, Gold zu kaufen. Aber noch sind wir nicht da."

Ron Goodis, Händler beim US-Broker Equidex, ergänzte: "In Zeiten einer Liquiditätskrise wollen die Anleger Staatsanleihen und kein spekulatives Zeug wie Gold." Anleihen bieten im Gegensatz zu Gold sichere nominale Zinsen.

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