Blu-ray-Discs:Das Zukunftsformat ist bald schon wieder Vergangenheit

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Aktiencheck Singulus: Das Papier profitiert stark von der Entscheidung für die neue DVD-Technik - doch die Aussichten sind trübe.

Thorsten Riedl

Es sind solche Reaktionen, die zeigen, wie die Börse tickt: Vor wenigen Tagen hat der US-Medienkonzern Time Warner bekannt gegeben, dass er von Mai an Filme nur noch auf sogenannten Blu-ray-Medien veröffentlicht. Damit war klar, dass die Nachfolge der DVD entschieden und das konkurrierende HD-DVD-Format chancenlos ist. Erfinder des Blu-ray-Systems ist Sony.

Doch der Aktienkurs des japanischen Elektronikkonzerns profitierte von der Meldung bei weitem nicht so stark wie die Notierung von Singulus. Die deutsche Firma stellt Anlagen zur Produktion von Blu-ray-Discs her. Die Lehre daraus: Mehr noch als die Goldgräber liebt die Börse die Werkzeuglieferanten der Schürfer. Analysten zweifeln aber, ob die Begeisterung für Singulus von Dauer sein wird.

Nachfolgezwist

Der Streit um die Nachfolge der DVD ging über Jahre: Sowohl HD-DVD- als auch Blu-ray-Medien lagen mit wechselndem Erfolg gut im Rennen. Beide zeigen Filme auf den derzeit so beliebten Flachbildfernsehern um ein Vielfaches schärfer, als mit herkömmlichen DVD-Scheiben möglich ist.

Die jüngste Entscheidung von Time Warner nun gab den Ausschlag: Wenn Warner Bros., die Hollywoodtochter des Konzerns, die eigenen Streifen künftig nur noch auf Blu-ray-Discs veröffentlicht, werden mehr als zwei Drittel aller Spielfilme in diesem Format erscheinen. Der HD DVD sagen Branchenkenner übereinstimmend einen raschen Tod voraus - auch wenn sich Toshiba vehement wehrt. Der japanische Konzern gehört zu den Hauptverfechtern der HD DVD.

Singulus profitiert gleich in zweifacher Hinsicht vom Zerschlagen des Gordischen Knotens: Zunächst führt die Einigung auf ein Format dazu, dass die lähmende Unsicherheit von den Verbrauchern abfällt. Sie können sich nun guten Gewissens ein Blu-ray-Abspielgerät kaufen, ohne Angst davor, auf das falsche Format gesetzt zu haben - die Medien für die Geräte werden mit Maschinen von Singulus hergestellt.

Mario Endner, Analyst der Bayern LB, führt ein weiteres Argument ins Feld: "Blu-ray setzt eine komplette neue Maschineninfrastruktur bei den Herstellern voraus." Hieße der Gewinner HD DVD, hätte eine vergleichsweise einfache Umrüstung der bestehenden DVD-Produktionsanlagen ausgereicht. Die Umsatzchancen für Singulus wären dann geringer ausgefallen.

Wochensieger

Diese Überlegungen haben dazu geführt, dass die Singulus-Aktie seit der Meldung von Time Warner gefragt war wie schon lange nicht mehr. Seit Wochenbeginn stieg der Kurs um mehr als 40 Prozent. In einem für Aktien derzeit nicht unbedingt günstigen Marktumfeld war Singulus damit mit Abstand der Wochengewinner im Technologieindex TecDax.

Auf kurze Sicht würden für das Unternehmen weiter die positiven Nachrichten überwiegen, schätzt Analyst Endner. So erwartet die Branche vom weltweit führenden Studio Paramount, dass es sich bald für Blu-ray entscheidet. "Die Stimmung für die Aktie hat extrem ins Positive gedreht, und die anstehenden Nachrichten bleiben erst einmal erfreulich", sagt Endner.

Das Grundproblem von Singulus allerdings besteht trotz der guten Meldungen weiter: "Das Unternehmen ist Marktführer - in einem schrumpfenden Segment", sagt Jürgen Wagner, Analyst bei Oppenheim Research. Ob Blu-ray oder nicht: In nicht allzu ferner Zukunft laden die Verbraucher Filme über das Internet direkt auf den Speicher ihres Fernsehers. Die Blu-ray-Scheiben gehören dann schon wieder der Vergangenheit an.

Es sind daher im Moment vor allem kurzfristige Anleger, die auf einen schnellen Gewinn spekulieren und die Aktien von Singulus kaufen. Für langfristige Investoren ist das Papier noch nicht attraktiv. Die Zukäufe in der Halbleiter- und Solarzellenproduktion tragen erst zu einem kleinen Teil zum Gewinn des Unternehmens bei. Wagner: "Das Management hat die Zeichen der Zeit erkannt. Doch die neuen Geschäftsfelder können die aktuellen Probleme nicht ausgleichen."

Das Gros der Analysten sieht das ähnlich: Nur zwei der 14 von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Experten raten zum Kauf, acht zum Halten, zwei sogar zum Verkauf - trotz der Blu-ray-Meldung.

© SZ vom 11.01.2008/sho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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