BGH-Urteil:Gefängnis für Steuerhinterzieher

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Der Bundesgerichtshof verschärft das Strafmaß: Wer mehr als eine Million am Staat vorbeischleust, muss hinter Gitter.

Helmut Kerscher

Steuerhinterziehung wird nun wesentlich härter bestraft als bisher. Der Bundesgerichtshofs (BGH) fällte ein Grundsatzurteil, wonach mit Gefängnis rechnen muss, wer Steuern in Millionenhöhe am Staat vorbeischleust.

Freiheitsstrafen sind künftig schon bei einem Steuerschaden von mehr als 50.000 Euro möglich, bei mehr als 100.000 Euro sind sie laut Richter "in der Regel unerlässlich", können aber noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei Hinterziehung in Millionenhöhe schloss der BGH die Möglichkeit, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, weitgehend aus. Es müssten schon "besonders gewichtige Milderungsgründe in Betracht kommen". Das gilt bereits für die am 22. Januar beginnende Verhandlung gegen den früheren Postvorstand Klaus Zumwinkel, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben.

Der 1. Strafsenat ist erst seit kurzem für das Steuerstrafrecht zuständig. Er begann seine Rechtsprechung mit einem Paukenschlag. Richter Armin Nack sagte, Steuerhinterzieher dürften nicht besser behandelt werden als Betrüger, für die seit längerem ein Richtwert von 50.000 Euro gelte. Von dieser Summe an liege in beiden Fällen ein Schaden "großen Ausmaßes" vor, was zu einer Freiheitsstrafe führen könne.

Nack wies darauf hin, dass nun bei einer Steuerhinterziehung in Millionenhöhe kein Weg an einer öffentlichen Hauptverhandlung mehr vorbei führe. "Nicht mehr möglich" sei daher im Fall eines Millionenschadens, das Verfahren einfach per Strafbefehl ohne öffentliche Verhandlung zu erledigen. Gerade bei großen Steuerstrafverfahren habe "die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse zu kontrollieren, ob die Justiz ihrer Aufgabe, gleichmäßig Recht zu sprechen, auch nachkommt", sagte der Richter. Nack erinnerte an die frühere Mahnung eines BGH-Senats unter Vorsitz der heutigen Generalbundesanwältin Monika Harms. Damals war davon die Rede, dass allgemeine Kriminelle und Wirtschafts- und Steuerkriminelle ungleich behandelt würden, was nicht gerechtfertigt sei. Gemeint war die auf Absprachen beruhende Standardstrafe von "zwei Jahren mit Bewährung" für Wirtschaftskriminelle.

Der BGH legte zudem die Strafhöhe für Unternehmer neu fest, die Schwarzarbeiter beschäftigten und Sozialversicherungsbeiträge hinterziehen. Die Höhe des Schadens muss nun nach dem sogenannten Nettolohn-Prinzip berechnet werden. Das bedeutet: Zum Lohn, der an die Schwarzarbeiter gezahlt wurde, werden die vorenthaltenen Sozialbeiträge hinzugezählt - was im Prozess rechnerisch zu einem höheren Schaden und damit zu härteren Strafen führt. Richter Nack zufolge hat das "beträchtliche Auswirkungen für die Praxis".

Im konkreten Fall bestätigte der BGH die Verurteilung eines Bauunternehmers durch das Landgericht Landshut zu einer Gefängnisstrafe von 23 Monaten ohne Bewährung. Der Trockenbauer hatte laut BGH Schwarzarbeiter beschäftigt und dadurch jeweils knapp eine Million Euro Steuern und Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen. Außerdem hatte er Lohn vorenthalten und veruntreut. Der Angeklagte hatte mit seiner Revision erreichen wollen, dass seine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Revision wurde nun jedoch verworfen. (Az: 1 StR 416/08).

© SZ vom 03.12.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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