Besser Bauen:Die schöne Welt der Arbeit

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Oft herrscht in einem Gewerbegebiet Ödnis. Die Bildergalerie stellt ein Gegengift vor: klare Industriearchitektur aus Glas und Holz.

Oliver Herwig

Ein Kubus, schlicht und groß. Glas- und Holzflächen spielen einen strengen Rhythmus über seine Fassade. Wären da nicht das Silo links und die auf dem Boden verstreuten Baumaterialien, es fiele schwer, gleich auf einen Industriebau zu tippen. Klar reihen sich Glas, Stahl und Holz, und ebenso entschieden fasst der vorspringende Büroriegel zur Linken den Raum vor der Halle zu einem kleinen Platz. Die Bildergalerie zeigt die Halle von außen und innen.

Andere Industriebauten stellen sich bunt und klotzig auf die grüne Wiese: Der Holzhandel beeindruckt mit der transparenten Glas-Holz-Fassade. (Foto: Foto: Architekturatelier Walter Unterrainer)

Wettbewerb für Firmen-Gebäude

Das außergewöhnliche Betriebsgebäude steht in Feldkirch. 1999 hatte sich die Lot Holzbau GmbH für einen Neubau und zugleich für einen Wettbewerb unter Architekten entschieden, die allesamt Erfahrung mit Holz mitbrachten.

Walter Unterrainer gewann mit einem kostengünstigen Konzept, das ganz auf die Stärke des Materials Holz setzte und die Halle zu einem Show-Room der Holzfirma machte.

Aufbau

Einfache USB-Platten bilden die Westfassade, wetterfest spezialbeschichtet, wie die Schuppen einer Panzerechse. Die anthrazitfarbene Wand gleicht massivem Mauerwerk.

Für das Tragwerk der Halle hingegen verwendete Unterrainer geleimtes Brettschichtholz, stark genug für die Kranbahn der Monteure. Ausgefuchste Statiker ermöglichten eine unprätentiöse, gleichwohl hoch belastbare Konstruktion.

Die Halle fühlt sich luftig an; Licht durchdringt sie von Norden, über eine große Glaswand, die Bezüge zur Landschaft vermittelt, und durch das umlaufende Fensterbank.

Schwebendes Dach

Über seinen gläsernen Feldern scheint das Dach fast zu schweben. Darunter herrscht Werkstattatmosphäre. An den Stirnseiten steht jeweils ein mächtiges Tor, breit genug für Sattelschlepper, die vor Ort mit den Holztafeln beladen werden. So wie der Blick von der Halle ins Grün der Streuobstwiesen reicht, wandert er ganz selbstverständlich zum Bürotrakt, der durch Schallschutzfenster unmittelbar an die Produktion angeschlossen wurde - und so signalisiert: Wir gehören zusammen. Ästhetik als Selbstzweck? Weit gefehlt. Walter Unterrainer greift Qualitäten des modernen Industriebaus auf, die durch Dutzendware verloren gegangen schienen.

Architekten erfinden Welt der Arbeit neu

Das war nicht immer so. Anfang des letzten Jahrhunderts machten sich die Schwergewichte der Architekturszene daran, die Welt der Arbeiter neu zu erfinden. Fabrikhallen und Büros wurden nach dem Bild der Moderne geformt: Licht, Luft und Weite hielten Einzug in die Schwerindustrie.

Und Baumeister wie Walter Gropius und Peter Behrends waren sich nicht zu schade, die Hüllen der Produktion mit zu gestalten.

Heute herrscht Ödnis im Gewerbegebiet

Davon ist nichts mehr geblieben. Wer heute durch neu ausgewiesene Industrieareale fährt, erlebt Architektur auf dem Nullpunkt. Gewerbebauten reihen sich zu einer gestalterischen Ödnis. Gestaltung reduziert auf dramatisch ausgreifende Vordächer vor plumpen Hallen und gläserne Tonnen über Wellblechhütten.

Gegengift

Unterrainers klare Industriearchitektur wirkt wie ein Gegengift dazu: befreiend und angenehm.

Es ging es um viel, um das gebaute Aushängeschild einer Firma, die selbst Holzbauten errichtet. Unterrainer fand dazu das richtige Maß an Zurückhaltung und Wagnis: einfache Materialien mit unprätentiösen Lösungen, wie Eternitklemmstreifen zwischen den Werkstoffplatten der Fassade, um durch formale Reduktion die Qualitäten des Materials in den Vordergrund zu rücken. Ein gelungenes Experiment, von dem man sich wünschte, dass es auch hierzulande Schule machen würde.

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