Bei uns in ... London:Schadenfreude nach Blackout

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Das schöne deutsche Wort Schadenfreude hat auch im Englischen Einzug gehalten.

Andreas Oldag

Doch wird das deutsche Wort keineswegs nur dann verwendet, wenn Deutschen etwas misslungen ist.

(Foto: N/A)

Beispielsweise wendet sich die Schadenfreude vieler Broker derzeit gegen die Londoner Börse LSE. Sie bezog sich auf einen peinlichen technischen Fehler des elektronischen Handelssystems Tradelect.

Eine halbe Stunde vor Handelsschluss, in einer besonders heißen Phase des Aktienhandels, spielten die Computer verrückt. Plötzlich habe es so ausgesehen, als wenn der Leitindex FTSE 100 vom Minus ins Plus gedreht sei, erzählten Börsenhändler.

Keine Fehler im System

Das hatte allerdings wenig mit der Realität zu tun. Der FTSE ist derzeit ähnlich wie Dax und Dow Jones durch die Folgen der internationalen Finanzkrise gebeutelt. Nun ist zwar nicht bekannt, inwieweit die falschen Kursangaben irgendwelche Handelsaktivitäten auslösten. Tatsache ist jedenfalls, dass Europas Börsenplatz Nummer eins für kurze Zeit unter einem Blackout litt.

Das LSE-Management beeilte sich festzustellen, dass es sich keineswegs um einen Fehler des neuen Systems gehandelt habe, sondern nur um ein Übertragungsproblem, so dass die Anzeige über den Informationskanal Infolect fehlerhaft gewesen sei.

Doch solche Erklärungen haben die Schadenfreude vieler Börsenprofis nicht bremsen können. Ihrer Meinung nach hat die LSE mit ihrer Werbekampagne für Tradelect ohnehin etwas dick aufgetragen: So wirbt die LSE mit einem Video-Clip, in dem ein muskulöser Athlet zum Sprint ansetzt. Alles unter dem Motto: Wir haben ein Weltklasse-Handelssystem.

Doch Schadenfreude angesichts der Panne kommt vielleicht auch bei den Betreibern der außerbörslichen Handelsplattform Turquoise auf. Das ehrgeizige Projekt wird von großen Investmentbanken in London vorangetrieben.

Ziel ist es, die monopolartige Position der LSE zu brechen. Allerdings läuft auch bei den Turquoise-Initiatoren nicht alles glatt. Der Start der Plattform musste bereits aufgeschoben werden. Jetzt soll es angeblich Anfang 2008 losgehen. Wenn es nicht klappt, kann sich LSE-Chefin Clara Furse vor Schadenfreude die Hände reiben.

© SZ vom 9.11.2007/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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