Baustoff Holz:Wiederentdeckung eines unterschätzten Materials

Lesezeit: 3 min

Dieser nachwachsende Rohstoff hat eigentlich nur gute Eigenschaften: Er verströmt Wärme, bringt gute Dämmwerte, ist ästhetisch - und daher enorm im Kommen.

Lars Klaaßen

Wachstum ist auf dem Bau in den vergangenen Jahren ein selten gehörtes Wort. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel: Von rund 7,5 Prozent auf etwa 15 Prozent hat sich der Anteil von Holzhäusern in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. In Bayern beträgt ihr Anteil sogar um 19 Prozent.

Der Schreiner Wolfgang Weber hat sich ein Eigenheim im Stil einer alten Schwarzwaldmühle gebaut. Holz eignet sich aber auch für avantgardistische Architektur. (Foto: Foto: dpa)

"Vor allem bei Ein- und Zweifamilienhäusern wächst das Interesse stark an", sagt Wilfried Schneider, Referent für zentralregionales Marketing beim Holzabsatzfond. "Bei Mehrfamilienhäusern beträgt der Anteil gerade mal um die drei Prozent." Vor allem Eigenheimbauer aus der höheren Bildungsschicht zeigten Interesse.

Aber auch Bauprofis haben bei diesem Baustoff ihre Freude, dank vielfältiger Möglichkeiten: Mit dem historischen Fachwerkbau etwa, oder dem Skelettbau, seine Weiterentwicklung, dem preiswerteren, mit beiden verwandtem Rahmenbau, bei dem kleinere Holzquerschnitte verwendet und die Wände mit Spanplatten ausgesteift werden oder mit dem Tafelbau, wo vorgefertigte Wand- und Deckenelemente sowohl tragende als auch aussteifende Aufgaben übernehmen.

500 Jahre Lebensdauer

Wer mit dem Holzbau wirklich ernst machen will, kann sich an Wolfgang Tremmel wenden (www.waldwelt.com). Er gibt Seminare, in denen die Teilnehmer lernen, ein Holzhaus in Rundstammbauweise zu errichten - im Wald, in Eigenleistung. "In punkto Ökonomie und Ökologie ist diese Bauweise unschlagbar", betont Tremmel. "Das sieht man an den Almhütten, die zum Teil schon 500 Jahre stehen."

Bis zu 90 Kubikmeter Holz müssen geschlagen werden, um ein Haus mit einer Grundfläche von 140 Quadratmetern bauen zu können. Das Arbeitsziel der Seminare beschränkt sich aber in der Regel zunächst auf ein Gartenhäuschen oder eine Blocksauna. In diesem Jahr hat Tremmel neun Seminare gegeben.

Ein Trend zeichnet sich ab

Nach wie vor wird das meiste Holz hier zu Lande im Fertigbau eingesetzt. 2004 wurden in Bayern knapp 3000 Genehmigungen für solche Häuser erteilt. Die Zahl bei konventionellen Holzhäusern beläuft sich auf rund 800. In absoluten Zahlen klingt das nicht nach allzu viel. Aber das könnte sich, wenn die Tendenz weiter anhält, im Laufe der Jahre ändern. Während die Bautätigkeit von 2003 bis 2004 im bayerischen Fertigbau um knapp 16 Prozent zurückging, hat sie sich im konventionellen Holzbereich um 1,7 Prozent gesteigert.

Diese Entwicklung verdankt sich den guten Eigenschaften des Baustoffs. Das hat eine Studie der Obersten Baubehörde des Bayerischen Innenministeriums ergeben, bei der Bewohner von Häusern, die in Holzbauweise errichtet wurden, befragt worden sind. Für die Holzbauweise - einschließlich der Aspekte Wärme, Gesundheit und Wohlfühlen - sowie für Aussehen, Farbe und Image wurden die Noten 1,8 und 1,9 vergeben. Raumklima und Behaglichkeit bewerteten die Bewohner der Anlagen besser als Note zwei.

Prima Raumklima

Das Raumklima wird stark von den Temperaturverhältnissen und der Luftbewegung geprägt. Der Vorteil des Baustoffs Holz: An den Innenflächen der Außenwände und des Dachs herrschen kaum niedrigere Temperaturen als in der Raumluft. Deshalb gibt keinen Strahlungszug und keine Turbulenzen wie bei größerem Temperaturgefälle. Das spart ganz nebenbei Heizenergie.

Außerdem erreichen Räume mit gutem Wärmeschutz und nicht zu großer Speichermasse - beides typisch für den Holzbau - nach Heizungsdrosselungen rasch wieder angenehme Temperaturen. Und es muss ja nicht immer gleich das ganze Haus aus Holz bestehen: Dielenböden, Parkett oder Holzpflaster sind bekannt für ihre "Wärme". Weil Holz ein schlechter Wärmeleiter ist, also der berührenden Fläche wenig Wärme entzieht, fühlt es sich warm an.

Holzhäuser sind durch ihr Bausystem und den Werkstoff auf hohe Anforderungen beim Wärmeschutz bestens vorbereitet. Die Wärmedämmung steckt in vielen Fällen Platz sparend im Wandaufbau. Eine Zusatzdämmschicht wird hinter der Fassade oder auf der Innenseite angeordnet. Innenseitig dient sie zugleich als Installationsebene.

Bei Massivholzbauweisen wie dem Blockbau arbeitet man meist ebenfalls mit Zusatzdämmschichten. Das Holz, unter den konstruktiven Baustoffen der beste Wärmedämmer, hält die Wärmebrückenwirkung klein."Der nachwachsende Rohstoff Holz hat die ökologischen Vorteile auf seiner Seite", verkündet auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Die Umweltwirkungen verschiedener Bauweisen lassen sich miteinander vergleichen. Die Instrumente dafür werden als Ökobilanz bezeichnet. Diese erfasst alle ökologisch relevanten Daten über den gesamten Lebensweg eines Produktes, einschließlich Produktionsprozess. Das heißt: Von der Gewinnung des Holzes einer Bretter- oder Plattenfassade im Wald bis zum Rückbau des Hauses nach seinem Abriss.

Eines der erfreulichen Ergebnisse bei Holzhäusern zeigt sich bei der Bewertung des Treibhauspotenzials, das bei der gesetzlich genormten Ökobilanz auf 100 Jahre angelegt ist: Holz erzielt im Gegensatz zu den meisten anderen Baustoffen "negative" Resultate. Denn bevor Holzhäuser gebaut werden, müssen zunächst Bäume wachsen. Und das tut dem globalen Klima gut.

© SZ vom 09.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: