Bankenkrise:Finanzministerium geißelt Hypo Real Estate

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Nur noch Stunden bleiben dem Münchner Institut, um mit Hilfe der Politik einen Zusammenbruch zu verhindern. Finanzminister Steinbrück ist böse überrascht worden.

Nach dem überraschenden Platzen des Hilfspakets für die Münchener Bank Hypo Real Estate versuchen Banken und die Bundesregierung, das Institut noch am Sonntag vor dem Aus zu bewahren.

Vertreter von Regierung, Bundesbank und Aufsichtsbehörde BaFin haben Krisenberatungen aufgenommen. Die Bundesregierung beschwor alle Beteiligten, insbesondere die privaten Banken, das ums Überleben kämpfende Institut zu retten.

"Das ist schon sehr überraschend"

"Jetzt ist die Zeit, da alle Verantwortung zeigen müssen", sagte der Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück, Torsten Albig. Es geht darum, alle Möglichkeiten für eine Lösung zu nutzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird sich nach Angaben aus Regierungskreisen im Laufe des Sonntags zur Finanzkrise äußern. Außerdem werde die Kanzlerin zur Krise um die HRE Stellung nehmen.

Fachleute und Politiker hatten schon beim ersten Rettungsversuch gemahnt, es gelte, einen Flächenbrand in der Finanzbranche zu verhindern. Besonders besorgt sind Fachleute, dass ein Aus der HRE den wichtigen Pfandbriefmarkt und den Geldmarkt trockenlegen würde.

Jeder müsse seiner Verantwortung gerecht werden, und zwar entsprechend seiner Verantwortungsnähe, sagte Albig weiter. Er wies dabei darauf hin, dass sich die aktuellen Probleme aus dem Kreise der Bankenbranche aufgebaut hätten.

Albig verband seinen Appell auch mit unverhohlener Kritik an der HRE und den privaten Banken. Weder das Unternehmen selbst noch die privaten Banken hätten die Regierung im Vorhinein über die neuen Probleme informiert, die zum Scheitern des ersten Rettungsplanes geführt hätten. "Das ist schon sehr überraschend", bemängelte Steinbrücks Sprecher.

HRE-Sprecher Hans Obermeier sagte, die Liquiditätslage habe sich in der letzten Woche wegen der Diskussion um die Abwicklung noch einmal verschlechtert. Bundesfinanzminister Steinbrück hatte in Parlamentsfraktionen Teilnehmern zufolge gesagt, die Rettungsaktion für die HRE habe eine "geordnete Abwicklung" der Bank zur Folge.

Bundesbankpräsident ebenfalls beteiligt

Später hatte sein Staatssekretär Jörg Asmussen erklärt, es gehe um die Beseitigung der Liquiditätsprobleme der Bank und nicht um deren Abwicklung.

Fachleute von Regierung, Bundesbank und BaFin nahmen am Sonntag ihre Beratungen auf.

"Bundesbank-Präsident Axel Weber ist als Berater der Bundesregierung an Gesprächen in verschiedenen Formationen beteiligt", bestätigte ein Sprecher der Bundesbank. Laut Finanzministerium geht es derzeit darum, Fakten zu sammeln, zu prüfen und Konsequenzen abzuleiten.

Daran schlössen sich Beratungen mit den anderen Beteiligten an, wie etwa den Banken. Ziel sei es, bis Öffnung der Börsen am Montagmorgen in Asien eine Lösung zu finden. "Zu gegebener Zeit werden der Minister und die Kanzlerin entscheiden, ob und wie sie sich einbringen", sagte Albig. Zunächst seien aber erst einmal die Fachleute gefragt. Finanzkreisen zufolge zeichnet sich ab, dass die Verhandlungen bis in die Nacht dauern werden.

"Es ist klar, dass es eine Pokerrunde zwischen den Banken und der Bundesregierung geben wird", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person.

Am Samstagabend hatte die HRE mitgeteilt, das am Wochenende zuvor mühsam ausgehandelte Rettungspaket sei hinfällig. Das dem Institut zugesagte Paket im Volumen von bis zu 35 Milliarden Euro bis 2009 sei nicht länger gültig. Die zugesagten Kreditlinien der Banken zur Deckung einer Liquiditätslücke seien aufgekündigt worden.

Die Bundesregierung hatte zusammen mit den Banken die genannten Kreditlinie durch eine Bürgschaft abgesichert, von der sie mit rund 26,5 Milliarden Euro den Hauptanteil zusagte.

Womöglich fehlen bis zu 100 Milliarden Euro

Nach bisher unbestätigten Berichten braucht die Hypo Real Estate schon kurzfristig deutlich mehr Geld als geplant.

Deshalb hätte der vereinbarte erste Kredit von 15 Milliarden Euro nicht ausgereicht, meldete die Welt am Sonntag unter Berufung auf eine Prüfung der Deutschen Bank.

Demnach fehlten bis Jahresende bis zu 50 Milliarden Euro und bis Ende 2009 sogar 70 bis 100 Milliarden Euro, hieß es.

Der HRE-Sprecher sagte zu diesen Zahlen nur, Spekulationen über einen Liquiditätsbedarf von 100 Milliarden Euro seien "auf Basis der heutigen Datenlage" abwegig.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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