Balkone nachträglich anbauen:Verankert oder freistehend

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Bei Altbausanierungen in Städten gehören Balkonanbauten meist dazu. Aber die Arbeit ist nicht mit einer kleinen Skizze, der Fahrt zum Baumarkt und dem Opfern von etwas Freizeit getan.

Ein Balkon steigert die Wohnqualität und erhöht den Wert der Immobilie. Bei Altbausanierungen in Städten gehören Balkonanbauten deshalb meist dazu. Aber die Arbeit ist nicht mit einer kleinen Skizze, der Fahrt zum Baumarkt und dem Opfern von etwas Freizeit getan. Damit das Unternehmen "Balkon" nicht zum Fiasko gerät, sind Planung und Expertenrat gefragt.

Für viele Städter ist der Wohnungsbalkon zu einem zusätzlichen Zimmer geworden. (Foto: Foto: iStock, Montage: s.de)

Zunächst muss die baurechtliche Seite abgeklärt werden: "Der Balkonanbau muss genehmigungsfähig sein", sagt Wolfgang Queißer, Sachverständiger im Verband privater Bauherren in Berlin.

Dafür muss der geplante Balkon je nach Bundesland unterschiedliche Bedingungen erfüllen, zum Beispiel was den Abstand zum Nachbarn angeht. Auch der örtliche Bebauungsplan spielt dabei eine Rolle: Möglicherweise dürfen bestimmte Baulinien und Fluchten nicht überbaut werden. Und es muss der Denkmalschutz berücksichtigt werden. Diese baurechtlichen Vorgaben bilden den Rahmen für die Detailplanung.

Auch ohne fachliche Beratung wird sich jeder Bauherr zunächst überlegen: Wo soll mein Balkon hinkommen? "Das hängt zunächst von der Nutzung der Innenräume ab", erklärt Christian Schramm, Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Vor einem Bad oder einem Schlafzimmer wird ein Balkon eher selten angebaut.

Wenn's an die Mauer geht

"Aber auch die Himmelsrichtung, die umliegende Bebauung und Bepflanzung muss bedacht werden." Schließlich wolle wohl niemand den ganzen Tag Schatten auf seinem Balkon.

Im Idealfall kann eine bereits vorhandene Mauerwerksöffnung genutzt werden. "Unter einem Fenster muss ich nur die Brüstung herausschlagen und notfalls noch einen Heizkörper versetzen", erklärt Schramm. Das sei mit deutlich weniger Arbeits- und Kostenaufwand zu bewerkstelligen, als wenn erst eine Wandöffnung hergestellt und durch einen Sturz gesichert werden muss.

Der künftige Balkonzugang sollte die Breite einer normalen Tür haben, also achtzig bis neunzig Zentimeter. Je größer er ist, umso heller wird auch der dahinter liegende Wohnraum.

Damit künftig auch ein Abendessen mit Freunden auf dem Balkon möglich ist und zudem noch ein paar Pflanzen Platz finden, muss die Grundfläche groß genug geplant werden. "Bei einer Breite von zwei oder zweieinhalb Metern und einer Länge von viereinhalb oder fünf Metern kann man gut einen Tisch und mehrere Stühle stellen", sagt Andreas Weiß, Geschäftsführer der Balkonbau-Firma Weiß & Fietze in Zella-Mehlis in Thüringen . Bei der Beurteilung der Konstruktionsmöglichkeiten ist der Laie oft überfordert. "Extrem schwierig ist die nachträgliche Verankerung einer Balkonkonstruktion im Mauerwerk", sagt der Bausachverständige Queißer. Um die Last aufnehmen zu können, müsse das Mauerwerk in sehr gutem Zustand sein. Das sollte vor allem bei Altbauten sorgfältig geprüft werden. Falls Stahlträger in einer Geschossdecke verankert werden, müssen diese vollständig gedämmt werden. Sonst entstehen schnell Kältebrücken.

Ist das Mauerwerk tragfähig genug, kann ein Balkon möglicherweise von außen mit Hilfe von winkelförmigen Halterungen am Gebäude befestigt werden. Je nach Bauweise werden diese zusätzlich durch diagonale Verstrebungen gestützt. Oder die Außenkante des Balkons steht auf zwei Stützpfeilern, und die Innenkante wird am Gebäude fixiert. In jedem Fall gilt: Sobald das Mauerwerk berührt wird, müssen ein Architekt, ein Bauingenieur oder eine Fachfirma hinzugezogen werden.

Vorsatz ist billiger

Deutlich einfacher und unabhängig vom Gebäudezustand können Vorsatzbalkone errichtet werden. Sie werden von vielen Firmen als Systemlösungen angeboten. "Das sind selbsttragende Konstruktionen: Der Balkon wird auf vier Stützpfeilern vor dem Gebäude errichtet, die wiederum auf Punkt-Fundamenten stehen", beschreibt Balkonbauer Weiß das Prinzip.

Bei großflächigen Balkonen können weitere Stützen notwendig werden. An der Gebäudeseite wird der Balkon durch ein Schleppblech angebunden. "Wichtig ist, dass ausreichend Abstand zum Mauerwerk gehalten wird, so dass auch eine spätere Dämmung oder Sanierung problemlos möglich ist", sagt Architekt Schramm.

Besteht der Balkonboden aus einer geschlossenen Fläche, lässt er sich gut reinigen und es kann nichts nach unten fallen - auch kein Regen. Dann ist ein kontrollierter Abwasserablauf notwendig: Die Fläche muss mit einem Gefälle von ein bis zwei Prozent angelegt, sowie mit einem Rinnensystem und einem Fallrohr versehen werden.

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Holz ist am günstigsten

Wenn geklärt ist, wohin der neue Balkon kommt und wie er angebaut werden soll, stellt sich noch die Frage nach dem Material. Dabei spielen sowohl optische als auch pflegerische Gesichtspunkte eine Rolle: Holzbalkone wirken zum Beispiel natürlich und ursprünglich. Konstruktionen aus Metall sind oft filigraner.

"Holz ist das kostengünstigste Material. Besonders gut haltbar und pflegeleicht ist verzinkter Stahl", erklärt Wolfgang Queißer, Sachverständiger im Verband privater Bauherren in Berlin.

Denkbar seien alle möglichen Materialkombinationen. Sobald jedoch ein massiver Bodenbelag, etwa Fliesen, gewählt wird, gehe es ins Geld, sagt Queißer.

Das gilt auch für die Überdachung. Eine ausfahrbare Markise ist hier die einfachste Variante.

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