Bahn:"Wir sind keine Handtuch-Werfer"

Lesezeit: 2 min

Der Chef der Deutschen Bahn glaubt nicht mehr an einen Börsengang. Er rechnet mit einem "Weiter so" und will trotzdem Bahnchef bleiben.

Bahnchef Hartmut Mehdorn will auch bei der Absage eines Börsengangs im Amt bleiben. "Wir sind keine Handtuch-Werfer", sagte er am Donnerstag auch im Namen seines Vorstands. Er gab sich skeptisch, ob der Bund als Eigentümer noch Wille und Kraft habe, die Teilprivatisierung des Konzerns zu beschließen.

Hartmut Mehdorf will weiterhin Bahnchef bleiben. (Foto: Foto: ddp)

"Ein 'Weiter so' ist das Wahrscheinlichste", sagte er. Er könne aber auch mit dem Eigentumssicherungsmodell von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee leben.

Für den Fall einer Absage oder Verschiebung des Börsengangs müsse sich die Bahn eine neue Strategie überlegen, sagte der Bahn-Vorstandsvorsitzende. Einzelheiten nannte er nicht.

Die Strategie der letzten sieben Jahre bei dem Unternehmen habe immer als Ziel den Börsengang gehabt. Ein "Weiter so" gebe der Bahn nicht die Möglichkeiten, die sie mit einem Börsengang habe, sagte Mehdorn.

Er verwies darauf, dass sowohl beim integrierten Börsengang als auch beim Eigentumssicherungsmodell Rückfallrechte eingebaut würden, die dem Staat eine Revision des Entschlusses ermöglichten. In beiden Fällen behalte dieser ohnehin die Aktienmehrheit und damit das Sagen über die Geschicke der Bahn AG und ihres Netzes.

Mehrheiten überdenken

Mehdorn sagte allerdings auch, dass diese Mehrheit nicht für die Ewigkeit festgeschrieben sein müsse. "Wir wollen erst einmal von Null auf 20" Prozent Fremdkapital, "dann auf 40, und in 20 Jahren gelten vielleicht andere Gesetze."

Der Bahn-Vorstandschef wandte sich dagegen, die Zukunft des Konzerns allein "zum Schuldenreduktionsproblem zu machen". Tiefensee hatte am Vortag erklärt, die Entschuldung der Bahn sei momentan das vorrangige Problem vor der Frage der Trennung von Netz und Betrieb, um die der Streit in der Koalition sich hauptsächlich dreht.

Mehdorn sagte, für den Fall eines Börsengangs sehe die Strategie der Bahn eine Reduzierung des Schuldenstands auf das in vergleichbaren Unternehmen übliche Maß bis 2010 vor. "Ich verspreche Ihnen, unsere Strategie geht auf", erklärte er dazu.

Lufthansa-Vergleich nicht zulässig

Einen Vergleich mit der Lufthansa, die ja auch ohne Infrastruktur erfolgreich im freien Markt agiere, lehnte er ab. Nicht umsonst habe sie in München und Frankfurt eigene Terminals und interessiere sich für einen Anteil an einer privatisierten Flugsicherung.

"Vom Luftverkehr verstehe ich mehr als von der Bahn", sagte der frühere Airbus-Manager. Er bezweifelte, dass der Staat die zur unmittelbaren Expansion erwünschten zwei bis drei Milliarden Euro für die Bahn zuschieße.

"Deshalb wollen wir ja an die Börse." Einen Einstieg der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau zwecks Zufuhr frischen Geldes nannte er möglich, meinte aber, das sei zurzeit nicht in der Diskussion.

Als "Bitten" an den Eigentümer nannte Mehdorn: - das heutige Geschäftsmodell kontinuierlich weiter machen zu dürfen; - mit Kunden auf Augenhöhe reden zu können anstatt langwierige Verträge mit Behörden schließen zu müssen, wie es bei einer Trennung von Netz und Betrieb erforderlich wäre, und - in den nächsten zwei Jahren am Kapitalmarkt tätig werden zu können.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: