Ausblick auf die Finanzmärkte:Auf die Konjunktur kommt es an

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Die ersten Tage des neuen Jahres nutzten viele Anleger, um Gewinne zu realisieren. Spannend wird es wieder bei der nächsten EZB-Sitzung zum Thema Zinsniveau.

Simone Boehringer

Günstiges Öl und ein festerer Dollar haben es den Aktienmärkten in der ersten Handelswoche des neuen Jahres relativ leichtgemacht.

Auf ihn werden die Anleger ganz genau hören: Wird EZB-Boss Jean-Claude Trichet in der nächsten EZB-Sitzung wieder von "strong vigilance" sprechen? (Foto: Foto: dpa)

Dennoch schafften es die meisten Börsen zunächst nicht, die Jahresendrally 2006 fortzuschreiben. Nach Gewinnmitnahmen und mangels herausragender Einzelnachrichten beendete der Dax die Woche knapp behauptet bei 6593,09 Punkten (-0,06 Prozent). Der MDax endete bei 9403,34 Zählern (-0,02 Prozent).

Vor allem die andauernde Talfahrt der Versorgerwerte Eon und RWE war verantwortlich für die leichte Minusbilanz des deutschen Marktes. Allein am Freitag gaben beide Titel um 4,4 beziehungsweise 3,9 Prozent nach und bescherten dem Dax damit einen Tagesverlust von 1,2 Prozent.

Hohe Temperaturen lassen Versorger-Aktien fallen

Auch im Wochenvergleich stellten Versorgeraktien europaweit die größten Verlierer. Den wegen des milden Winters eingebrochenen Ölpreis (Rohstoffbericht) hatten offenbar einige Anleger genutzt, um Gewinne zu realisieren.

Wichtigster Termin der kommenden Woche dürfte die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag werden. Folgt Notenbankchef Jean-Claude Trichet der bislang ausgegebenen Marschrichtung, so stünde im Februar die nächste Leitzinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte auf dann 3,75 Prozent an.

Dazu dürfte er dann am Donnerstag wieder davon sprechen, dass die Preisentwicklung in Euroland von der EZB nach wie vor mit ,,strenger Wachsamkeit'' (strong vigilance) verfolgt werde. Dies war in der Vergangenheit ein sicheres Zeichen für eine baldige Zinserhöhung.

Zinsniveau von 4,0 Prozent möglich?

In einer aktuellen Umfrage von Reuters rechnet allerdings keiner der Zinsexperten damit, dass die EZB schon am 11. Januar die Leitzinsen verändert. Eine knappe Mehrheit der Fachleute glaubt noch an eine weitere Anhebung im September auf dann 4,0 Prozent.

Erste Hinweise dazu, inwieweit die Konjunkturlage in Deutschland eine straffere Geldpolitik notwendig macht oder nicht, erhoffen Marktteilnehmer schon am Montag und Dienstag, wenn Zahlen zu Auftragseingängen in der Industrie und Einzelhandelsumsätze für den Dezember veröffentlicht werden sowie die Außenhandelszahlen für November.

Auf Unternehmensebene konzentrieren sich die Blicke auf die angelaufene Motorschau in Detroit. Voraussichtlich für Mittwoch wird zudem damit gerechnet, dass der neue VW-Chef Martin Winterkorn seine Umstrukturierungspläne für den Dax-Konzern bekannt gibt.

Rätselraten um Politik der Federal Reserve

New York - Wie lange hält die Schönwetterfront in den Vereinigten Staaten noch an? Dieser Frage ordnen Börsianer an der Wall Street schon seit Wochen alle Einzelprognosen unter.

Denn nur wenn die allgemeinen Preissteigerungen in Grenzen bleiben, sodass die Notenbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen wieder senken kann, und gleichzeitig der Preisverfall am Immobilienmarkt den meist über Hypothekendarlehen verschuldeten US-Verbrauchern nicht gänzlich die Kauflaune verdirbt, könnten die Aktienmärkte weiterlaufen wie bisher.

In der vergangenen Woche hat dieses unter dem Namen ,,Goldilocks'' - in Anlehnung an ein Märchen namens Goldlöckchen und die drei Bären - bevorzugte Szenario vieler US-Investoren allerdings erste Risse bekommen.

Inflationsangst in den USA

Die Arbeitsmarktdaten vom Dezember waren deutlich stärker ausgefallen als erwartet und schürten damit die Angst vor Inflation und damit die Sorge, dass die Fed womöglich entgegen aller Erwartungen die Leitzinsen erhöhen könnte. Der Leitindex Dow Jones fiel am Freitag entsprechend und beendete die Handelswoche um 0,52 Prozent tiefer bei 12398,01 Punkten. Der breiter angelegte S&P 500 sank um 0,61 Prozent auf 1409,71 Zähler.

Bislang lässt sich das Gros der Volkswirte an der Wall Street jedoch nicht aus der Ruhe bringen: Nach einer am Freitag veröffentlichten Erhebung von Reuters erwarten die meisten Experten nach wie vor eine Zinssenkung der Fed im laufenden Jahr.

Für die US-Wirtschaft spielt das Zinsniveau auch deshalb eine sehr große Rolle, weil Investoren, Firmen und Verbraucher sich in der Regel in stärkerem Maße verschulden, um ihre Vorhaben (Konsum, Investition) zu finanzieren. Eine nicht einkalkulierte Zinsentwicklung kann damit schnell zum Rückzug von den Finanzmärkten führen.

Für positive Überraschungen könnten in dieser Woche die ersten Quartalsberichte amerikanischer Unternehmen sorgen. Bislang rechneten Analysten im Schnitt mit einer Steigerung der Jahresgewinne um acht bis neun Prozent nach 15 Prozent für 2006.

© SZ vom 08.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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