Ausblick auf die Börsenwoche:Stimmung in Moll

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An deutschen Börsen steht eine Flut von Quartalszahlen an - unter anderem berichten die Deutsche Bank und BMW. Die Aufmerksamkeit der Anleger richtet sich aber vor allem auf die USA. Dort war die Stimmung zuletzt schlecht.

Martin Reim

Der Traum von neuen Rekorden an deutschen Börsen ist vorerst ausgeträumt. Mitte Juli hatte der Dax mit 8151,57 Punkten seinen sieben Jahre alten Höchstwert übertroffen, mittlerweile rangiert er knapp zehn Prozent darunter.

Die vergangene Woche beendete das Börsenbarometer bei 7451,68 Zählern, was einen Abschlag von 5,57 Prozent bedeutete. Am Freitag selbst war es um lediglich 0,76 Prozent nach unten gegangen. Doch wäre das Minus zum Wochenausklang vermutlich stärker ausgefallen, wenn der deutsche Handel nicht schon um 17.30 Uhr enden würde. Denn im Laufe des Abends ging es in Amerika abwärts (Wall Street), und das hätte den Dax wohl in Mitleidenschaft gezogen.

Abzulesen ist das beispielsweise an den sinkenden Kursen einiger Index-Mitglieder, die auch in New York gehandelt werden. So gingen die Titel von SAP in den Vereinigten Staaten um etwa ein Prozent niedriger aus dem Handel als in der Bundesrepublik, die Aktien von Siemens sogar um ungefähr zwei Prozent.

Zumindest zum Teil nachvollzogen

Erfahrungsgemäß werden diese Verluste zumindest zum Teil an deutschen Börsen nachvollzogen. Somit liegt nahe, dass der Dax zum Handelsstart am Montag fällt.

Im weiteren Wochenverlauf ist - wie zuletzt - davon auszugehen, dass das Wohl und Wehe am deutschen Aktienmarkt wesentlich von der Entwicklung in den USA abhängt.

Deshalb wird möglicherweise die Tendenz der Quartalszahlen, die in den kommenden Tagen im Dax anstehen, keinen entscheidenden Einfluss auf die Kurse insgesamt haben.

Fast die Hälfte der Dax-Unternehmen berichtet

Dreizehn Unternehmen, also fast die Hälfte der 30 Index-Mitglieder, berichten über die Monate April bis Juni. Deutsche Postbank und Linde machen am Montag den Anfang, gefolgt von Deutscher Börse und MAN am Dienstag. Am Mittwoch legen BASF, BMW, Continental, Deutsche Bank, Henkel und Metro ihre Daten vor. Am Donnerstag präsentiert sich Fresenius Medical Care, am Freitag setzen Allianz und Deutsche Post den Schlusspunkt.

Welcher dieser Termine die größte Aufmerksamkeit findet, erscheint schwierig zu sagen. Bei BMW wird beispielsweise interessant, ob das schwache erste Quartal nur ein Ausrutscher war. Bei der Deutschen Bank ist wohl wichtig, inwieweit direkte und indirekte Folgen der US-Hypothekenkrise ihre Spuren im Zahlenwerk hinterlassen.

Auf kurze Sicht pessimistisch

Für die generelle Entwicklung an den Börsen sind die Experten auf kurze Sicht pessimistisch, längerfristig aber eher positiv. Darauf deutet eine Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters hin.

"Die Vorzeichen für die kurzfristige Entwicklung sind in Moll", sagt etwa Steffen Neumann, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Fondsmanager Dennis Nacken von Allianz Global erklärt, er sehe die jüngsten Kursrückgänge als "kleine Sommerflaute" an.

"Der Markt hat die Scheuklappen abgelegt und schaut den Risiken ein Stück weit in die Augen", sagt Nacken. Viele Notenbanker hatten in den vergangenen Monaten gewarnt, die Märkte bewerteten die Risiken nicht adäquat.

Hoher Ölpreis

Neben der Krise am US-Immobilienmarkt nennen Analysten immer wieder auch den hohen Ölpreis und den Anstieg des Eurokurses als Risiken. Die Probleme am amerikanischen Wohnungsmarkt "hängen wie ein Damoklesschwert über dem Markt", betont Boris Boehm, Fondsmanager bei Nordinvest.

"Ich bin nicht so pessimistisch zu sagen, dass der Dax nicht noch Aufwärtspotenzial hat - vielleicht aber eher im einstelligen prozentualen Bereich", fügt er hinzu.

Das Risiko einer Kreditklemme sehen die Fondsmanager von Allianz Global ebenfalls nicht. "Manche malen ein Horrorszenario an die Wand - wir sehen das nicht", erläutert Nacken.

Für den längerfristig optimistischen Ausblick spricht seinen Worten zufolge eine positive Konjunkturentwicklung sowohl in den USA als auch in Europa.Martin Reim

Immobilien als Hypothek

Ende vergangener Woche hatten Sorgen über die Probleme am amerikanischen Hypothekenmarkt und bei der Finanzierung von Unternehmensübernahmen die Aktienmärkte an der Wall Street belastet.

So sank der Börsenwert der im S&P-500-Index notierten Unternehmen allein am Donnerstag um 300 Milliarden Dollar. Am Freitag schlossen alle drei Hauptindizes um mehr als ein Prozent im Minus: Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor 1,54 Prozent auf 13265 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index gab 1,6 Prozent nach auf 1458 Zähler. Der Technologie-Index Nasdaq Composite büßte 1,43 Prozent auf 2562 Punkte ein.

Im Wochenverlauf gab der Dow 4,2 Prozent nach, der S&P 500 verlor 4,9 Prozent und der Nasdaq 4,7 Prozent. Beim Dow und beim S&P 500 waren dies die schlimmsten Wochenverluste seit 2002.

Nur langsame Erholung erwartet

Nach dem Kursverfall erwarten Experten für die kommende Woche nur eine langsame Erholung. Das Hauptinteresse dürfte sich dabei auf die anstehenden Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen richten.

So kommen beispielsweise Quartalsergebnisse von Schwergewichten wie Verizon, Sun Microsystems (Montag), General Motors, Metlife, CBS (Dienstag), Time Warner, Walt Disney, Starbucks (Mittwoch), Viacom (Donnerstag) und Procter & Gamble (Freitag).

Zu den Konjunkturdaten, die das Handelsgeschehen in den kommenden Tagen beeinflussen dürften, zählt unter anderem der viel geachtete Index der Einkaufsmanager für die Region Chicago für Juli, der am Dienstag veröffentlicht wird.

Erwartet wird ein Rückgang auf 58,0 von 60,2 Punkten. Ebenfalls am Dienstag stehen die Daten zum amerikanischen Verbrauchervertrauen an. Zudem gibt die Regierung am Freitag den Arbeitsmarktbericht für Juli heraus.

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