Ausblick auf die Börsenwoche:Die Kursrisiken wachsen

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Die starke Kritik des russischen Präsidenten Putin an den USA dürfte die anstehenden börsenrelevanten Termine dieser Woche deutlich beeinflussen. Noch ist die Hausse an den Kapitalmärkten intakt, doch die Risiken wachsen.

Analysten rechnen mit Korrekturen an den Aktienmärkten / Gefahr durch höheren Ölpreis und wirtschaftliche Ungleichgewichte

Die jüngste Abrechnung des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit der US-Führung könnte die Börsen belasten. (Foto: Foto: AP)

Die Hausse hält. Noch. Positive Nachrichten aus den Unternehmen haben den Dax vergangene Woche zum ersten Mal seit November 2000 wieder über die Marke von 6900 Punkten gehievt.

Das wichtigste deutsche Aktienbarometer beendete die Handelswoche mit einem Plus von 0,37 Prozent bei 6911,11 Zählern. Der Mittelwerte-Index MDax, der eine jahrelange Rally zwischenzeitlich mit einem fünfstelligen Punktestand krönte, schloss unterhalb dieser Schwelle bei 9998,47 Punkten (+0,81 Prozent).

Größere Chancen bei Werten der zweiten Reihe

Ihm, ähnlich wie dem ebenfalls seit Monaten in Rekordlaune laufenden SDax der 50 kleineren Unternehmen werden auch in naher Zukunft noch überdurchschnittliche Kursentwicklungen zugetraut. Hauptgründe: Eine bessere Gewinnentwicklung der Firmen aus der zweiten und dritten Reihe im Vergleich zu den Standardwerten und womöglich eine geringere Abhängigkeit von der Weltkonjunktur.

Einige Firmen sind Weltmarktführer in Nischen, andere wie der Fotoentwickler Cewe Color wegen ihrer üppigen Kapitaldecke sogar in den Fokus von Hedge-Fonds geraten.

Doch für den Gesamtmarkt nehmen die kritischen Stimmen zu. Aktienstratege Frank Schallenberg von der Landesbank Baden-Württemberg etwa warnte zuletzt vor Rückschlägen am heimischen Markt. ,,In nicht allzu ferner Zukunft werden die Bären ihren Winterschlaf beenden und sich wieder stärker Gehör verschaffen'', sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Schnelles Ende der Hausse möglich

Mit ,,Bären'' sind im Börsenjargon Investoren gemeint, die auf sinkende Kurse setzen. Tatsächlich gibt es trotz nach wie vor stabiler Weltkonjunktur einige Risiken, die der Hausse schnell ein Ende bereiten könnten.

So haben die Finanzminister der sieben führenden Industrieländer (G 7) am Wochenende eine Debatte über die wachsenden Risiken der Hedge-Fonds-Industrie angeregt.

Die Finanzminister appellierten zugleich dringend an China, eine weitere Aufwertung ihrer Währung Renminbi zuzulassen. Dahinter steht die Sorge um die wachsenden wirtschaftlichen Ungleichgewichte.

So konsumieren Teile der westlichen Welt, allen voran die führende Industrienation USA immer mehr auf Kredit, während andere wie die aufstrebende und stark wachsende Volkswirtschaft China ihre Währung künstlich billig hält und sich damit im Export Wettbewerbsvorteile verschafft.

Zunehmend einseitige Wahrnehmung

Bislang haben sich solche Risiken aber offensichtlich kaum in den Aktienkursen niedergeschlagen. Marktexperten der US-Bank State Street, zweitgrößter Vermögensverwahrer der Welt, beobachten eine zunehmend einseitige Wahrnehmung an den Kapitalmärkten.

,,Die institutionellen Anleger sehen bei den Konjunkturdaten, was sie zu sehen erwarten, und wenn das nicht klappt, was sie sehen wollen'', heißt es in einer aktuellen Studie des Finanzdienstleisters. Ob dies eine ,,Massenhalluzination'' sei, werde die Zeit zeigen.

Zugleich machten die positiv gestimmten Märkte es den Währungshütern schwer, die überschüssige Liquidität abzuziehen. Dies erhöhe das Potential für einen übersteigerten Optimismus, meinen die State-Street- Analysten.

Hoffnung auf positive Marktreaktion

Einige Dax-Unternehmen hoffen in der kommenden Woche auf eine möglichst positive Marktreaktion auf ihre Nachrichten. Neben DaimlerChrysler wird die Commerzbank am Mittwoch ihre Bilanz vorlegen.

Nach der Deutschen Bank Anfang des Monats wird auch die Nummer zwei am heimischen Bankenmarkt nach Einschätzung von Analysten für 2006 ein Rekordergebnis ausweisen. Der Chiphersteller Infineon hat für Donnerstag zur Hauptversammlung geladen. ThyssenKrupp wird am Dienstag Einzelheiten zu seinem im Januar vorgelegten Quartalsbericht erläutern.

Hätte Wladimir Putin an einem Börsentag die politische Führung der Vereinigten Staaten derart kritisiert, hätte vielen Börsianern sicherlich der Atem gestockt.

Generalkritik am Samstag

Doch für seine Generalkritik an der US-Regierung, in der er den Amerikanern vorwarf, mit exzessiver Gewalt nach der Weltherrschaft zu greifen, fiel auf einen Samstag. So viel ist sicher: Die Interpretation seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz dürfte die noch anstehenden börsenrelevanten Termine dieser Woche deutlich in den Schatten stellen.

Falls Putins Auftritt der Auftakt zu einem ,,neuen kalten Krieg'' ist, wie amerikanische Politiker am Wochenende warnten, wird US-Notenbankpräsident Fed, Ben Bernanke seine für Mittwoch und Donnerstag vorbereiteten Statements zur Geldpolitik womöglich deutlich umschreiben.

Gleichbleibende US-Leitzinsen erwartet

Bislang ging das Gros der Fed-Beobachter von gleichbleibenden Leitzinsen bei 5,25 Prozent aus. Am Mittwoch soll Bernanke vor dem Banken-Komitee des Senats sprechen und auch auf Fragen aus der Kammer antworten. Am Donnerstag wird er sich dann an den Finanzservice-Ausschuss des Repräsentantenhauses wenden und auch hier den Abgeordneten Frage und Antwort stehen.

,,Alles, was darauf hindeutet, dass wir auf eine Zinserhöhung zusteuern, oder vielleicht nicht so schnell wie die Leute hofften auf eine Zinssenkung, könnte zu einem Abwärtstrend führen'', sagte Joseph Saluzzi von Themis Trading in Chatham.

Ein offener Konfrontationskurs zwischen Russland und den USA könnte auch den Ölpreis in die Höhe treiben, vor allem wenn es zu Hortungskäufen kommen sollte. ,,Wenn der Ölpreis über 60 oder 65 Dollar das Barrel steigt, könnte das den Markt auf Korrekturkurs bringen'', sagte Harry Clark von der Clark Capital Management Group in Philadelphia.

Ölpreis

In der vergangenen Woche hatte der Ölpreis in New York im Vergleich zur Vorwoche um 1,5 Prozent auf etwas mehr als 60 Dollar je Barrel zugelegt. Die Aktien-Indizes hingegen hatten im selben Zeitraum ein Minus verzeichnet.

Der Dow Jones schloss mit einem Minus von 0,57 Prozent bei 12580,83 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 gab um 0,71 Prozent auf 1438,06 Zähler nach. Der Technologie-Index Nasdaq verlor 0,65 Prozent auf 2459,82 Punkte.

© SZ vom 12.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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