Aufklärung:Von einstürzenden Neubauten

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Risse in Wänden können bei Hausbesitzern panische Ängste auslösen. Ist die Rissbildung Zeichen eines gravierenden Baumangels?

Das Gefühl, in einem "einstürzenden Neubau" zu wohnen, beschleicht viele, die Risse entdecken. Unsicherheit besteht, ob diese in Eigenarbeit beim Renovieren oder nur von einem Fachmann beseitigt werden können.

Risse in Mauern müssen nicht unbedingt, können aber sehr wohl gefährlich sein - wie hier in der Landshuter Jesuitenkirche, die deshalb seit kurzem für Besucher gesperrt ist. (Foto: Foto: dpa)

"Jedes Haus hat irgendwo Risse", beruhigt Ulrich Zink, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Altbauerneuerung in Berlin. Viele Risse, die in Gebäuden zu finden sind, seien für die Standsicherheit unkritisch. Hausbesitzer sollten aber die Entwicklung beobachten. Arbeitet ein gravierender Riss, müsse ein Experte hinzugezogen werden. Nur dieser könne beurteilen, ob die Konstruktion des Hauses gefährdet ist.

"Risse sind bei Neubauten ganz normal", betont Reiner Pohl von der Initiative Massiv mein Haus im bayrischen Friedberg. Vielfach seien Bewegungen, die jedes Haus macht, und ein ungleichmäßiges Setzen des Hauses auf dem Baugrund die Ursache.

Spannungen im Mauerwerk

Denn beim ungleichmäßigen Setzen entstehen Spannungen, durch die sich so genannte Setzrisse bilden. Nach ungefähr fünf Jahren hätten sich Neubauten erfahrungsgemäß meist endgültig gesetzt, erläutert Pohl.

Bauwerksrisse können aber auch Planungs- und Ausführungsfehler als Ursache haben. "Bei Trockenbauarbeiten beispielsweise werden oft nicht ausreichend Bewegungsfugen eingeplant, so dass in Wänden Spannungen auftreten", erläutert Zink. Dadurch entstünden Risse.

Auch der Putz könne Schwindrisse aufweisen, wenn er zu schnell austrocknet oder falsch angebracht wurde. Als Faustregel gelte: Je weniger Risse ein Bauwerk aufweist, umso besser ist es geplant und gebaut worden.

Risse in Bauwerken sind aber nicht immer harmlos, warnt der Architekt und Fachbuchautor Thomas Drexel aus Augsburg. Durch unsachgemäße Umbauten - wie etwa das nachträgliche Einziehen einer schweren Betondecke - werde in die Statik des Hauses eingegriffen. Risse, die in solchen Fällen entstehen, seien ein Zeichen dafür, dass die Statik des Hauses bis hin zur Einsturzgefahr gefährdet ist. Die Sanierung und Einschätzung müsse hier immer ein Fachmann machen.

"Hausbesitzer sollten die Entwicklung von Rissen genau verfolgen", sagt Zink. Mit einer Gipsmarke lasse sich ermitteln, ob sich ein Riss weiter ausbreitet. Hierzu werde ein Klecks Gips über der Schadstelle angebracht. Reißt die Gipsmarke nach einiger Zeit nicht ein, sei der Riss zur Ruhe gekommen. Breitet er sich weiter aus, sei es ratsam, einen Fachmann hinzuzuziehen.

Feind Feuchtigkeit

Harmlose Risse im Putz, die bereits zur Ruhe gekommen sind, können bei der nächsten Renovierung beseitigt werden. In diesen Fällen reicht es nach Angaben der Stiftung Warentest in Berlin aus, die Risse aufzuweiten und mit Spachtelmasse auf Gipsbasis auszufüllen. Bei Setzrissen sei es ratsam, ein rissüberbrückendes Gewebeband mit einzuarbeiten. Das Gebäude könne dann in gewissen Grenzen arbeiten, ohne dass die Risse wieder aufbrechen.

"Risse in der Außenfassade sind nicht nur ein Schönheitsfehler", warnt Pohl. Durch solch einen Riss könne Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen. Auf Dauer seien dann Schäden an der Bausubstanz programmiert. Deshalb sollten Hausbesitzer Risse in der Putzfassade auf jeden Fall instand setzen.

Bei Neubauten könne sich der Hausherr aber etwas Zeit lassen. "Ein halbes Jahr kann man schon abwarten, wie der Riss sich entwickelt", erläutert Pohl.

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