Architekturwettbewerbe:Gut für Bauherren

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Eine Untersuchung beweist: Wo Architektenwettbewerbe durchgeführt werden, liegen die Kosten unter denen von Direktvergaben.

Von Oliver Herwig

Oliver Voitl hat gut lachen. Endlich kann der Referent der Bayerischen Architektenkammer potentiellen Bauherren sagen: Wettbewerbe sind billiger. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat zwanzig ihrer Bauten untersucht und dabei festgestellt: Überall dort, wo sie Architektenwettbewerbe durchführte, lagen die Kosten unter denen von Direktvergaben. Im Schnitt sogar zehn Prozent darunter. Wettbewerbe sind offenbar nicht nur gut für die Gestalt von Klöstern und Pfarrhäusern, sondern auch für den Geldbeutel. Da lacht der Schwabe Voitl.

Die Kärrnerarbeit der letzten Jahre hat sich gelohnt, als die Architektenkammer Tausende von Broschüren an die Kommunen verteilte. Bayern verzeichnet mehr Architektenwettbewerbe, plus 15 Prozent gegenüber 2003. Über drei Viertel der 50 Ausschreibungen wurden 2004 von öffentlichen Auftraggebern ausgelobt. In elf Fällen sogar freiwillig.

Ein Stück Baukultur inklusive

Die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) schreibt nämlich ein förmliches Vergabeverfahren erst ab Nettoplanungshonoraren über 200.000 Euro vor. "Ohne Wettbewerb wäre Herz Jesu so nie möglich gewesen", sagt Ludwig Wappner und weist auf das gläserne Gotteshaus in München-Neuhausen, das ein Pfarrer stolz als Ferrari unter den Kirchen bezeichnete. Außergewöhnliche Bauaufgaben brauchen offenbar außergewöhnliche Gestalter.

Und die findet man am besten über einen offenen Wettbewerb. Wappner ist Partner des Münchner Architekturbüros Allmann Sattler Wappner. In letzter Zeit muss er sich vornehmen, mehr Zeit im Büro zu verbringen. Denn als ehrenamtlicher Landeswettbewerbsausschussvorsitzender (!) Bayerns reist er kreuz und quer durch den Freistaat und betreut Kommunen bei diversen Wettbewerben: Schulen, Gemeindehäuser, alles, was ansteht. "Bauherren müssen an der Hand genommen werden", sagt Wappner, und der Wettbewerb sei dafür das richtige Mittel. Man müsse sich einfühlen und rechtfertigen, streiten und Kompromisse schließen. Vorgefertigte Meinungen haben keine Chance bei einer Jurysitzung. Als Vorsitzender muss er Überzeugungsarbeit leisten.

Zaha Hadid passt nicht überall, auch nicht Jodel-Barock. Wettbewerbe seien das "Ergebnis eines Prozesses", an dem alle mitarbeiteten: der Architekt und der Gemeinderat vor Ort. Ein gutes Geschäft. Für etwas Preisgeld, rund fünf Preise und vier Ankäufe, erhält jede Gemeinde locker 100 Alternativen. Und hoffentlich einen Sieger, der allen gefällt.

Gegen dunkle Verfahren

Dann beginne die Nachsorge, sagt Wappner, der nicht gerne einfliegt, die Jury leitet und die Gemeinde mit ihrem prämierten Modell sitzen lässt. Nein, der "Wettbewerb ist nicht tot, auch wenn er Schwierigkeiten hat", meint Wappner, der endlich wieder an seinem Büroschreibtisch sitzt.

Schwierigkeiten ist untertrieben. Etwas Einarbeitungszeit sollte schon mitbringen, wer erstmals einen Wettbewerb ausrichtet. Zwei bis drei Tage, schätzt Voitl. Dann könne es los gehen. Insgesamt 36 Ansprechpartner der Bezirkswettbewerbsausschüsse beraten kostenlos. Sie sitzen in jedem Regierungsbezirk, helfen ehrenamtlich und empfehlen Sachpreisrichter (Architekten) für die Mitglieder der Jury. Wettbewerbe optimieren Planungen, wirbt die Architektenkammer, aber nicht überall herrscht Transparenz. Nicht in der Fußballbundesliga, nicht an der Börse, und schon gar nicht auf dem Bau.

Dass in der längsten Krise der deutschen Bauwirtschaft Aufträge zu Dumpingpreisen angenommen werden, scheint niemanden zu stören. Mittlerweile drehen aber auch Kommunen und Landkreise an der Kostenschraube und erwarten von Architekten kostenlose Planungen. In Baden-Württemberg heißen sie graue Verfahren, in Bayern schwarze, in Hamburg Schmuddelverfahren.

Gemeint sind unrechtmäßige Ausschreibungen und Vergaben der öffentlichen Hand. Die "nützen Existenznöte der Architekten aus", sagt Oliver Voitl, "und fordern kostenlose Planungsleistungen". Die, das sind Gemeinden in ganz Bayern. Jedes Jahr landen zehn bis fünfzehn Beschwerden auf dem Tisch des Referenten für Wettbewerbswesen und Vergabe - die Spitze des Eisbergs. "Je ländlicher, desto dunkler werden die Verfahren", weiß Voitl. Das geschehe nicht immer in böser Absicht, besänftigt er, sondern aus Unkenntnis über die Rechtslage.

Bei laufenden Verfahren könne die Kammer noch eingreifen und das gesetzlich vorgeschriebene Honorar retten, notfalls auch mit Hilfe der Zentrale für die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Bei abgeschlossenen Verfahren aber sei alles zu spät.

Weitere Informationen: Architektenkammer, Broschüre "Architektenwettbewerb" Waisenhausstr. 4, 80637 München

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