"Archaisch und undemokratisch":Putin rügt Welthandels-Organisationen

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Russlands Präsident fordert eine Öffnung der WTO und mehr Einfluss für Schwellenländer. Viele der Gründerstaaten handelten selber protektionistisch, so Putin.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die internationalen Wirtschaftsorganisationen als "archaisch, undemokratisch und unflexibel" bezeichnet. Dies gelte generell für Strukturen in der heutigen Welt, deren Organisationen auf eine kleine Zahl von Mitgliedern ausgerichtet seien, sagte Putin am Sonntag auf dem Internationalen Wirtschaftsforum von St.Petersburg.

"Das ist eindeutig am Beispiel der Welthandelsorganisation WTO und der Doha-Runde zur Liberalisierung des Welthandels zu sehen, die in ernsthaften Schwierigkeiten ist, um es nett auszudrücken", betonte der Staatschef. Viele der WTO-Gründerstaaten handelten selber protektionistisch, kritisierte er.

Putin sprach sich für Alternativen aus, die die Interessen von Entwicklungs- und Schwellenländern begünstigten. Er schlug außerdem die Gründung von "regionalen eurasischen Institutionen für den Freihandel" vor. Russland versucht seit Jahren, der WTO beizutreten, doch die Verhandlungen ziehen sich hin. Zum Abschluss sprach Russlands Präsident sich für eine größere Rolle regionaler Währungen in der Finanzpolitik aus. Die globalen Finanzmärkte würden zu sehr von "ein oder zwei Währungen" geprägt - eine Anspielung auf Dollar und Euro.

An dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg nahmen die Staatschefs der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) sowie ranghohe Vertreter der Politik und Investoren teil, unter ihnen die Geschäftsführer von BP, Chevron, Coca-Cola und der Deutschen Bank. Auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hielt eine Rede. Der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew kündigte eine Initiative zur Stärkung der GUS an. Unter anderem durch die Bildung einer Entwicklungsbank solle die Region zu "einer der wichtigsten der Welt" werden.

Der stellvertretende russische Ministerpräsident Sergej Iwanow kündigte eine Diversifizierung der von Öl- und Gasexporten geprägten Wirtschaft an. Russland werde bis 2020 mindestens zehn Prozent der weltweiten Produktion in der Atomkraftnutzung, in Luft- und Raumfahrt, Schiffsbau, Software und Nanotechnologie kontrollieren und zu den fünf größten Industrienationen gehören, sagte Iwanow, der als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Putins gilt.

Demonstration bleibt friedlich

Die russische Opposition nutzte das Forum, um mit einer Demonstration die Aufmerksamkeit der Forumsteilnehmer auf die Schwächen von Putins Wirtschaftskurs zu lenken. 2000 Gegner der Politik des Präsidenten demonstrierten in St. Petersburg. Auf der Abschlusskundgebung des Bündnisses unter der Führung des früheren Schachweltmeisters Garri Kasparow forderten sie ein "anderes Russland". Die Polizei griff nicht ein. Im April hatten Sicherheitskräfte in St.Petersburg und Moskau nicht genehmigte Demonstrationen gewaltsam aufgelöst.

© SZ vom 11. Juni 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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