Anlegerschelte:Fehler beim Sparen

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Die Standort-Initiative der Banken, Versicherungen und des Finanzministeriums bescheinigt den Deutschen wenig Wissen über die richtige Altersvorsorge.

Die Deutschen legen ihr Geld in den falschen Produkten an und sparen nicht genug für ihr Alter. Dieses Fazit zieht die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD), ein Zusammenschluss von Banken und Versicherungen sowie der Bundesbank und des Bundesfinanzministeriums.

Gefordert sei der Gesetzgeber, der mit dem auf 67 Jahre erhöhten Rentenalter und der Riester-Rente schon Zeichen gesetzt habe. Die anstehende Reform von Kranken- und Pflegeversicherung müsse den Druck zur Eigenvorsorge erhöhen.

Ulrich Kater, Volkswirt der Deka-Bank, sieht es als falsch an, sich angesichts der Rekordhochs beim Dax und anderen Barometern vom Aktienmarkt abzuwenden.

Aktie als Grundbaustein für die Altersvorsorge

Indexstände sollten kein wesentliches Entscheidungsmerkmal für die Geldanlage sein. Die Aktie diene als Grundbaustein für die Altersvorsorge und biete über einen langen Zeitraum eine einzigartige Kombination aus Rendite und Sicherheit.

Zwar wolle er keine Anlegerschelte betreiben, sagte aber dann: "Die Deutschen sparen nicht richtig". Ein viel zu hoher Anteil der Geldanlage lande in kurzfristigen festverzinslichen Papieren. Als Anlage- und Finanzierungsinstrument besitze die Aktie in Deutschland nicht den gleichen Stellenwert wie in anderen Volkswirtschaften.

So liege der Wert der im Inland gelisteten Unternehmen, die sogenannte Börsenkapitalisierung, weit unterhalb der Vergleichszahlen anderer Industrieländer.

Zu wenige Aktionäre

Auch die Anzahl der direkten Aktionäre sei mit gut sieben Prozent der Bevölkerung zu gering. Dazu passten die Umschichtungen der Geldvermögensbildung. So haben die Bundesbürger in den vergangenen fünf Jahren unter dem Strich Aktien im Wert von 106,5 Milliarden Euro verkauft und damit vom starken Anstieg der Kurse nicht in vollem Umfang profitiert.

Es sei allerdings zu kurz gegriffen, nur auf den direkten Aktienbesitz abzustellen. Viele Deutsche beteiligten sich indirekt am Aktienmarkt über Investmentfonds, Lebensversicherungen, via betrieblicher Altersvorsorge-Produkte oder Zertifikate, die auf Aktien oder Indizes basieren.

Als weiterer Beleg für das falsche Sparen der Deutschen dient der Standort-Initiative eine Studie der Finanzgruppe Allianz/Dresdner. Danach lag die preisbereinigte Rendite von 1991 bis 2004 Jahr in Deutschland pro Jahr um 1,5 Prozentpunkte niedriger als in den USA.

Entgangene Milliarden

Bei einem Geldvermögen von vier Billionen Euro entspreche dies einer entgangenen Rendite von 60 Milliarden Euro pro Jahr. Die IFD hält ein zweifaches Umdenken in Deutschland für nötig.

Erstens müssten die Bürger mehr vorsorgen, um ihren Lebensstandard im Alter zu erhalten. Zweitens müssten sie regelmäßig und langfristig sparen. Ziel der Eigenvorsorge müsse nicht nur der Vermögensaufbau sein, sondern auch die richtige Zusammensetzung der Vermögenswerte, um eine höhere Rendite zu erzielen.

Ein weiterer, etwas überraschender Befund der IFD ist ein Mangel an Versicherungen und Pensionen. Michael Heise, Volkswirt der Allianz/Dresdner, führt diesen Aufholbedarf im Vergleich zu anderen Industrieländern auf das staatliche Rentensystem zurück, das die private Vorsorge vernachlässige.

Nur bei Immobilienkrediten sind deutsche Haushalte Spitze, auch weil deutsche Immobilien vergleichsweise teuer sind.

Mehr Aufklärung

Die im IFD zusammengeschlossenen Banken und Versicherungen fassen sich auch an die eigene Nase. Sie wollen mit mehr Aufklärung das Wissen über die Finanzmärkte stärken.

Die Deutschen wüssten zu wenig über das Verhältnis von Rendite und Risiko, über die Streuung bei der Aktienanlage, über den Wert von regelmäßigem Sparen, und sie seien nicht unvoreingenommen gegenüber den Kapitalmärkten.

© SZ vom 10.07.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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