Altersvorsorge:Wenn der Zahltag kommt

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Läuft die Lebensversicherung aus, erhält der Sparer auf einen Schlag viel Geld. Welche Möglichkeiten es gibt, das Kapital sinnvoll wieder anzulegen.

Harald Czycholl

Viele Sparer warten seit Jahren auf diesen Tag: Monat für Monat haben sie Beiträge in ihre Kapitallebensversicherung eingezahlt. Dann ist Zahltag, und der Versicherer überweist eine meist fünfstellige Summe. Wer das Geld nicht schon verplant hat, etwa um das Haus abzuzahlen oder um auf Weltreise zu gehen, hat plötzlich ein Luxusproblem: Wohin mit dem ganzen Geld?

Wenn die Lebensversicherung abläuft, bekommt der Sparer ein Luxusproblem: Wohin mit dem Geld? (Foto: Foto: ddp)

Man könnte es zum Beispiel wieder bei seinem Versicherer anlegen. Für die meisten Kunden kommt das allerdings nicht in Frage, wie eine Studie des Kölner Marktforschungsinstituts Psychonomics ergeben hat. Nur elf Prozent wollen ihrem Versicherer treu bleiben und das Geld bei ihm reinvestieren.

Geringe Wiederanlagequote

Pech für die Unternehmen, denn es geht um gigantische Summen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft zahlten sie allein im vergangenen Jahr 66,2 Milliarden Euro aus Kapitallebensversicherungen an die Kunden aus. 2006 waren es sogar 66,7 Milliarden Euro, für das vergangene Jahr dürfte sich die Auszahlungssumme in ähnlicher Größenordnung bewegen.

Wohin mit dem ganzen Geld - diese Frage stellt sich nicht jedem Kunden. Oft ist es schon verplant, etwa um Schulden zu tilgen. Und bei Kleinst-Verträgen mit einer Auszahlungssumme von weniger als 5000 Euro lohnt sich die Wiederanlage kaum, und die Sparer geben das Geld meist direkt aus.

Beim Marktführer Allianz etwa, wo im Geschäftsjahr 2007 etwa 270.000 Lebensversicherungen mit einer Versicherungssumme von etwa fünf Milliarden Euro abliefen, war die Hälfte der Verträge von vornherein nicht für eine erneute Investition geeignet.

Doch auch von den übrigen Kunden steckte nur ein Drittel das Geld wieder in ein Produkt der Allianz. Immerhin ist die Versicherung damit der Konkurrenz noch weit voraus: Die Ergo-Versicherungsgruppe etwa, die unter den Marken Victoria und Hamburg-Mannheimer Lebensversicherungen verkauft, hat eine Wiederanlage-Quote von bis zu 18 Prozent, und der kleinere Wettbewerber Alte Leipziger kommt auf 20 Prozent.

Höhere Rendite bei Fonds

Das Standard-Wiederanlageprodukt der Versicherer ist eine Sofortrente. Beim Anbieter Victoria etwa bekommt ein 60-Jähriger, der einmalig 50.000 Euro einzahlt, vom Tag der Einzahlung an eine garantierte Monatsrente von 172 Euro, und zwar für den Rest seines Lebens.

Es gibt allerdings auch einen Haken: "Nach Vertragsabschluss kommt man an das Kapital nur noch ran, wenn man hohe Abschläge in Kauf nimmt. Und wenn die versicherte Person früh stirbt, ist das restliche Geld weg", erläutert Marc Lederer, Anlageberater beim Bremer Finanzdienstleister Hesse + Partner.

Dazu kommt eine Überschussrente. Deren Höhe hängt davon ab, wie gewinnbringend der Versicherer das Geld anlegt. Es gibt einen Vorteil gegenüber Bankprodukten oder Investmentfonds: Die Renten sind steuerlich begünstigt, denn versteuern muss man nur den Überschussanteil.

Die Sofortrente eigne sich also nur für Anleger, die, so Lederer, "schon heute wissen, dass sie lange leben" - und wer weiß das schon?

Um die Versicherten an sich zu binden, bieten einige Unternehmen - wie die Branchengrößen Allianz und Ergo - inzwischen neben Versicherungen auch Bank-, Bauspar- und Fondsprodukte an.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was man unter einem Parkdepot versteht.

Dazu gehören auch Fonds-Auszahlpläne: Der Anleger steckt sein Kapital in einen Investmentfonds und kann dabei frei wählen, wie die Mischung des Fondsvermögens aussehen soll.

Zugleich kann der Anleger den Rhythmus der Ausschüttungen selbst bestimmen und flexibel aus sein Geld zugreifen. "Wenn man Geldmarkt-, Rentenmarkt- und Aktienanteile im Fondsvermögen mischt, kann man bessere Renditen erzielen als mit Versicherungsprodukten", erläutert Finanzexperte Lederer.

Ein Nachteil sei allerdings die Besteuerung: Ab dem kommenden Jahr fällt hier pauschal die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent an. Lederer rät bei reinen Aktienfonds, die viele Versicherer ebenfalls als Wiederanlage-Möglichkeit anbieten, zur Vorsicht: "Aktienfonds sind zwar prinzipiell die Kapitalanlage mit den größten Renditen. Aber der Anleger trägt das volle Kursrisiko." Deshalb sollten sie nie die Hauptgeldanlage sein.

Parkdepot mit festem Zins

Bevor jemand sein Geld langfristig wieder anlegt, sollte er seine individuelle Situation umfassend analysieren. Und das braucht Zeit.

Viele Versicherer bieten auch ein so genanntes Parkdepot an. Hier können die Versicherten ihr Geld für einen bestimmten Zeitraum zu einem garantierten Zins parken. Dabei können sie jederzeit, teilweise nach kurzen Kündigungsfristen oder verbunden mit geringen Strafzinsaufschlägen, auf ihr Kapital zugreifen, die Rendite ist ähnlich hoch - der Allianzkonzern etwa bietet Kunden 4,35 Prozent Zinsen.

Dass die Wiederanlage ausgezahlter Lebensversicherungen ein wichtiges Geschäftsfeld ist, ist bei der Assekuranzbranche angekommen. "Natürlich ist es unser Ziel, die Wiederanlage-Quote kontinuierlich zu steigern", sagt ein Allianz-Sprecher.

"Wir wollen Kunden, die uns auch nach Ablauf ihres Lebensversicherungsvertrages treu bleiben." Die Ergo-Lebensversicherer wollen ihre Wiederanlage-Quote zunächst auf 20 Prozent erhöhen. Dazu hat die Gesellschaft ihr Wiederanlage-Management systematisiert.

"Bereits rund 15 Monate vor Ablauf der Lebensversicherung streben wir ein persönliches Beratungsgespräch mit dem Kunden an", erläutert eine Sprecherin. Spätestens acht Wochen vor Ablauf erhalte der Kunde ein Schreiben mit ausführlichen Informationen, die auch die Wiederanlage-Angebote enthalten.

Doch mit Informationen und Beratung allein behält man offenbar keine Kunden. Laut den Marktforschern von Psychonomics wechselt die Hälfte der Kunden den Anbieter, weil ihr Versicherungsunternehmen nicht das gewünschte Wiederanlage-Produkt anbietet.

Mehr als die Hälfte der Kunden sind mit den Konditionen ihres Versicherers unzufrieden. Lederer: "Das ist kein Wunder. Viele Fondsgesellschaften und selbst Banken bieten deutliche höhere Renditen als die Lebensversicherer."

© SZ vom 02.08.2008/jpm/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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