Altersvorsorge auch für Rentner essentiell:"Emotionen sind der größte Fehler"

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Während es in jungen Jahren darum geht, ein Vermögen aufzubauen, muss man im Alter geschickt mit dem Ersparten jonglieren, um frei von finanziellen Sorgen zu bleiben. Der Besuch beim Finanzberater lohnt sich daher fast immer.

Annette Jäger

Viele Menschen planen einen ganz besonderen Tag - meist kurz vor ihrem 65. Geburtstag: Sämtliche Auszahlungsfälligkeiten von Lebensversicherungen, Wertpapieren und anderen Anlageprodukten legen sie auf dieses Datum.

Mit einem Schlag landet dann das große Geld auf dem Girokonto, mehrere Hunderttausend Euro. Ein Berufsleben lang haben sie dafür gespart, einmal wollten sie spüren, wie es ist, richtig viel Geld zu haben.

Dass das jahrelange Sparen sich gelohnt hat, ist ein Gefühl, das viele Rentner erstmal auskosten. Ein ganzes Jahr oder sogar länger bleibt das Geld auf schlecht verzinsten Sparbüchern liegen.

Wiederanlage des Ersparten sinnvoller

Dabei wäre eine Wiederanlage des Ersparten sehr viel sinnvoller. Denn Altersvorsorge hört auch im Alter nicht auf: Während es in jungen Jahren darum geht, ein Vermögen aufzubauen, muss man im Alter geschickt mit dem Ersparten jonglieren, um frei von finanziellen Sorgen den Lebensrest zu bestreiten.

Dabei die richtige Strategie zu finden, ist nicht einfach. Um eine Zusatzrente zur gesetzlichen Altersversorgung aufzubauen, die den gewohnten Lebensstandard bis ans Lebensende garantiert, muss man bereit sein, sich von alten Mustern zu befreien.

Das kann bedeuten, das Meissener Porzellan aus dem Keller zu holen und zu verkaufen, anstatt es verstauben zu lassen. Oder sich von einer überdimensionierten und sanierungsbedürftigen Immobilie zu trennen. Das fällt vielen schwer, denn Geldanlage hat nicht nur mit Zinsen und Renditen zu tun.

Hochemotionales Thema

Es ist auch ein hochemotionales Thema, weiß Joachim Schwer, Gründer der "Alten Hasen", einer unabhängigen Senioren-Vermögens-Beratung in Frankfurt: "Die typischen Fehler sind eine emotionale Bindung an das Vermögen, kein Plan davon, was man mit seinem Leben anfangen möchte und eine nur mangelhafte Bereitschaft, das Vermögen umzubauen."

Die meisten Senioren wünschten sich Sicherheit und glaubten, sie in Gold und einer abbezahlten Immobilie zu finden, hat Schwer erfahren. Dabei liege die Sicherheit in der Streuung.

Liquide Geldanlagen wie Bundesschatzbriefe oder Festgeldkonten, die es einem ermöglichen, schnell an das Geld zu gelangen, sind ein Standpfeiler. "Die meisten Menschen unterschätzen nicht nur das Risiko, zum Pflegefall zu werden, sondern auch die Höhe der gesetzlichen Pflegeversicherung", sagt Oliver Gaedeke vom Marktforschungsunternehmen Psychonomics in Köln.

solche Fälle sollte man über ausreichend und schnell verfügbare eiserne Reserven verfügen.

Gute Mischung ermöglicht ruhigen Lebensabend

Darüber hinaus sollte man in Aktien anlegen - "bewährte Investmentfonds, die seit 20 oder 30 Jahren existieren", rät Schwer. Ferner in Immobilien oder Immobilienfonds und auch einen Teil in andere Währungen, "denn die Welt spielt nicht nur in Europa", sagt Schwer.

Beachten Anleger diese Mischung, können sie sich bequem zurücklehnen. Schwer rechnet vor: Wer bei Kassensturz mit 65 Jahren über 500.000 Euro verfügt, kann 15 Jahre lang eine Zusatzrente von 2800 Euro monatlich abschöpfen. Mit 80 Jahren hat er dann noch ein Vermögen von 300.000 Euro übrig.

Berücksichtigt man die Inflationsrate, entspricht das einer Kaufkraft von nur noch 223.000 Euro. Legt der Rentner dieses Geld an, bis er 95 Jahre ist, kann er immer noch rund 1700 Euro Zusatzrente daraus gewinnen.

Allerdings benötigt man dafür die richtigen renditestarken Produkte. Diese alleine zu finden, ist in der Regel nicht einfach. Die meisten benötigen eine qualifizierte Finanzberatung. Und genau das ist das Problem: Allzu oft trifft die konservative Anlagementalität vieler älterer Menschen mit dem "sehr zurückhaltenden Beratungsangebot von Finanzdienstleistern" zusammen, drückt Gaedeke es vorsichtig aus.

Wenige gute Berater

Das Ergebnis: Rendite gleich null. Nicht selten landen die Kunden dann bei ihrem Versicherungsmakler, der sie schon seit 30 Jahren betreut und der ihnen schnell eine weitere, neue Lebensversicherung verkauft.

"Es gibt wenige Finanzdienstleister, die auf dem Gebiet der Seniorenberatung gute Arbeit leisten", sagt Professor Jürgen Steiner, Direktor des Instituts für Private Finanzplanung (IFP) an der Universität Passau, das an der Einführung eines Gütesiegels für Finanzberatung arbeitet.

Dabei gibt es keine dankbarere Kundschaft als Senioren: "Sie haben Zeit, sie sind treu, sie empfehlen einen weiter und vor allem: Sie haben Geld." Zwei Drittel des gesamten Geld- und Immobilienvermögens liegt in ihren Händen.

Die Mehrheit ist nicht bereit, für Beratung zu zahlen

Allerdings sind rund 80 Prozent der älteren Menschen nicht bereit, für Finanzberatung Geld zu zahlen, weist Steiner auf ein gängiges Problem hin. Dabei warnt Schwer vor kostenlosen Beratungen.

"Hier verdient der Berater am Produkt, das er loswerden will." Für eine allgemeine Beratung seien 75 Euro pro halbe Stunde die Untergrenze. Fachfragen zu klären kostet zwischen 150 und 200 Euro die Stunde, für eine komplexe Beratung müssen Anleger 250 bis 400 Euro die Stunde ausgeben.

Ein guter Berater sollte laut Steiner seinen Job hauptberuflich ausüben und über eine Fachausbildung verfügen. Er sollte die persönlichen Daten und den Finanzstatus des Kunden erfragen, die Zukunftsplanung und die existierenden Finanzprodukte des Kunden analysieren.

Zu seinen Aufgaben zähle es auch, eine zukunftsfähige Finanzstrategie zu entwickeln und über Chancen und Risiken von Finanzprodukten aufzuklären.

© SZ vom 28.09.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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