Alte Wohnungen sanieren:Gut gegen Klimawandel und Finanzkrise

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Sanierung und Modernisierung von Bestandsbauten von vor 1984 haben für Politik und Bauwirtschaft inzwischen Priorität.

Christoph Neuschäffer

Gerade die Sanierung und Modernisierung von Bestandsbauten könnte einen entscheidenden Beitrag sowohl im langfristigen Kampf gegen den Klimawandel als auch bei den Folgen der aktuellen Finanzkrise leisten.

Was allein ein wenig Farbe alles ausmacht: zwei Altbauhäuser in Dortmund. Wenn dann erst noch eine Renovierung unter Energiesparaspekten dazukommt ... (Foto: Foto: ddp)

Zwei Drittel der Wohnungen in Deutschland sind älter als 25 Jahre, und auch bei den Privathäusern sieht es nicht anders aus. "Von den rund 15 Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland sind etwa zwölf Millionen vor 1984 gebaut worden und zu großen Teilen sanierungsbedürftig", sagt Fritz Brickwedde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die seit zwei Jahren die Kampagne "Haus sanieren - profitieren" unterstützt.

"Privathäuser verbrauchen sogar noch mehr Energie als die Industrie hierzulande", sagt er über die Bedeutung einer möglichst breit angelegten Sanierung im Wohnbereich. Das würde nicht nur den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren helfen, sondern angesichts steigender Energiepreise auch die Hausbesitzer und Mieter entlasten, die bis zu 80 Prozent ihrer Energie im Haushalt fürs Heizen verbrauchten.

Viel Geld vom Bund

Angesichts stagnierender Bevölkerungszahlen, hinreichender Wohnraumversorgung - abgesehen von einzelnen Ballungsräumen - und einer nach wie vor verhaltenen Entwicklung im Wohnungsneubau gewinnt die Modernisierung und Instandsetzung von Bestandsbauten ohnehin weiter an Bedeutung. Mittlerweile werden mehr als 60 Prozent aller Wohnungsbauinvestitionen im Bestand erbracht. Ganze Branchen, vom Großkonzern bis zum kleinen Handwerksbetrieb, erzielen mit Bestandsmaßnahmen den Großteil ihres Umsatzes.

Um der durch die Finanzkrise drohenden Rezession entgegenzuwirken, setzt die Bundesregierung gezielt auf die Bau- und Wohnungswirtschaft. "Mit dem sehr erfolgreichen CO2-Gebäudesanierungsprogramm, den KfW-Programmen und dem Investitionspakt für die Sanierung von Schulen und Kindergärten stärken wir das Wachstum und sichern Beschäftigung. Wir haben für 2009 bis 2011 nun zusätzliche Investitionsmittel in Höhe von drei Milliarden Euro vorgesehen."

Einen weiteren Impuls erhofft sich die Bauwirtschaft auch vom Wohneigentümergesetz (WEG). Hohe Energiekosten waren in den vergangenen Jahren das heiße Thema auf vielen Wohneigentümerversammlungen. Häufig scheiterte der Beschluss für eine Modernisierung jedoch an den Gegenstimmen einzelner Eigentümer.

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Dank des neuen WEG-Rechts reicht heute eine Dreiviertelmehrheit, um Beschlüsse zu fassen. "Damit löst sich ein regelrechter Modernisierungsstau auf", sagt Rüdiger Grimmert von der BHW Bausparkasse. "Aufgrund der hohen Heizkosten ist die Bereitschaft zu handeln ohnehin gestiegen. Jetzt ist der Weg für intelligente Energiekonzepte in Mehrfamilienhäusern endlich geebnet."

Schritt um Schritt vorgehen

Die wichtigste Frage, die Hausbesitzer vor einer anstehenden Sanierung beantwortet wissen wollen, ist die nach Kosten und Nutzen einer Maßnahme. Denn oft ist es ja ein ganzes Bündel an Arbeiten - von der Sanierung des Dachs über die Erneuerung der Heizung bis hin zum Austausch von Fenstern und Fassade -, das auf den Sanierer zukommt. Ulrich Zink, Architekt und Vorsitzender des Bundesarbeitskreises Altbauerneuerung (Baka), hat daher mit "idi-al", dem intelligenten Diagnose- und Informationssystem Altbau, ein Instrument zur Bewertung von Immobilien entwickelt.

Auch der Tüv, die Dekra und andere Anbieter ermitteln auf ähnliche Weise die Stärken und Schwächen einzelner Bauteile. Wer nicht alles auf einmal in Angriff nehmen kann, muss sinnvoll vorgehen: Wer zum Beispiel zunächst die Heizung austauscht und dann die Wände dämmt, wirft Geld zum Fenster hinaus. Denn nach dem Einpacken genügt eine kleinere Anlage, um das Haus zu heizen.

Die Erneuerung der Fassade inklusive Einbau einer modernen Wärmedämmung schlägt zwar mit circa 100 Euro pro Quadratmeter zu Buche, birgt aber laut Deutscher Energie Agentur (dena) ein Energieeinsparpotential von 30 Prozent. Ähnlich teuer ist eine Dachsanierung, die den Energieverbrauch um etwa zehn Prozent senkt. Wesentlich teurer kommt dagegen der Einsatz einer Wärmeschutzverglasung, mit dem sich weitere zehn Prozent sparen lassen.

Eine Heizung und Sonnenkollektoren oder Erdwärmesonden machen zwar Investitionen im fünfstelligen Bereich erforderlich, rechnen sich je nach Energiepreisentwicklung jedoch innerhalb von zehn Jahren.

Der Trend beim Dämmen geht zu möglichst umweltfreundlichen Stoffen für Fassaden, Dächer, Fenster und Türen, die immer weniger Platz bei hoher Dämmkraft verbrauchen. Der oberpfälzische Hersteller Variotec etwa bietet seine Vakuumdämm-Konzepte kombiniert mit weiteren Bau- und Sanierungselementen an. "Bauherren sollten sich immer die Frage stellen, ob sie nicht schon heute anspruchsvolle Energie- und Kimaschutzziele erfüllen wollen", sagt Variotec-Geschäftsführer Christof Stölzel. Denn die Richtlinien der aktuellen Energieeinsparverordnung werden in zehn Jahren schon nicht mehr reichen.

Einen neuartigen Dämmstoff aus Altglas hat die Firma Technopor aus dem sächsischen Großenhain im Programm. Das Glasschaum-Granulat ist absolut altersbeständig, witterungsresistent und unbrennbar. Bei der Herstellung wird Altglas zu feinem Glasmehl vermahlen und "aufgebacken". Der so gewonnene Dämmstoff ist laut Hersteller leicht zu handhaben, kostengünstig und umweltfreundlich, denn für die Herstellung von einem Kubikmeter davon wird weniger Energie verbraucht, als ein Mittelklassewagen auf 200 Kilometern benötigt. Ein gutes Beispiel dafür, wie Innovation und Gebäudesanierung einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten können. Und wenn genügend Bauherren mitmachen, sogar gegen die Finanzkrise.

© SZ vom 08. 01. 2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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